Sport im TV:Im Boxen wurde zu lange getrickst

Vincent Feigenbutz v Giovanni De Carolis - WBA Super-Middleweight World Championship

Vincent Feigenbutz (re.): Gilt als eine Nachwuchshoffnung im deutschen Boxen

(Foto: Martin Rose/Getty Images)

Den Fernsehzuschauer in Deutschland hat das Boxen nicht mehr ernst genommen, nun verschwindet die Sportart aus den großen Sendern. Doch darin liegt auch eine Chance.

Kommentar von Benedikt Warmbrunn

Das Boxen ist, im Grunde, ein idealer Fernsehsport. Im Ring stehen zwei Männer oder zwei Frauen, sie dürfen mit ihrer linken Hand und mit ihrer rechten Hand schlagen, gerne auch mit der linken und direkt danach mit der rechten, Hauptsache, sie treffen oberhalb der Gürtellinie. Wer stärker oder häufiger trifft, gewinnt. Im Grunde.

Dass das Boxen jetzt aus den großen Fernsehsendern verschwindet, durch den Wechsel der Übertragungsrechte der Kämpfe des Sauerland-Teams von Sat1 zu Sport1, liegt daran, dass es in den vergangenen Jahren zu oft um das ging, was im Fernsehen nicht zu sehen ist. Und so ist die Kraft der Erzählung verspielt worden, die im Boxen steckt - all die Geschichten vom Aufstieg und vom Fall und vom Wiederaufstieg. Und mit dieser die Grundlage für den Status als Samstagabendunterhaltung.

Dazu gehörte, dass ein Boxer geschützt wurde, durch die Auswahl eines harmlosen Gegners oder, viel dramatischer, durch Unterstützung der Punktrichter. Dazu gehörte auch, dass Kämpfe als ein Spektakel angekündigt wurden, von dem am Bildschirm nichts mehr zu sehen ist. Und wenn das, was zu sehen ist, nicht mehr das ist, was am Ende entscheidet, schaltet der Fernsehzuschauer eben aus.

Erst der Sport, dann das Getöse

Noch ist das Boxen in Deutschland nicht kaputt, dazu wird auch nicht der Wechsel zu Sport1 führen (zumal die Rechte für den Sender ein Gewinn sind). Nun, da die Kampfabende aber in einem Spartensender übertragen werden, muss die deutsche Boxbranche anerkennen, dass sie den Status als deutsche TV-Sportart Nummer drei hinter dem Fußball und der Formel 1 verspielt hat, indem sie zu lange dachte, dass all die kleinen und großen Trickserein keinem auffallen würden. Das Boxen befindet sich jetzt in der Nachbarschaft von Sportarten, die sich ein vergleichsweise kleines, aber treues Publikum aufgebaut haben, und zwar, indem sie erst einmal auf den Sport geachtet haben und dann auf das Getöse darum.

Sollte Sauerland diese Nachbarschaft ernst nehmen, kann auch der angekündigte Aufbau der nächsten Generation gelingen. Er kann aber nur gelingen, wenn Sauerland und überhaupt der Boxsport wieder den ernst nimmt, der all den Sport und all das Getöse darum finanziert: den Fernsehzuschauer. Und der fordert, eigentlich, nicht mehr als eine gute Geschichte und vier Fäuste.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: