Kommentar:Heldt oder Heidel? Die falsche Frage!

Selldorf Kreis

Heldt hat S04 gut renoviert und könnte trotzdem ausgetauscht werden. Dabei könnte der Verein ruhig mehr Kompetenz vertragen.

Von Philipp Selldorf

Die Straße zwischen Gelsenkirchen und Mainz ist einer der großen Handelswege der Bundesliga, schon viele Fußballer sind auf dieser Route im- und exportiert worden. Finanziell haben vor allem die Kaufleute in Rheinhessen von der Verbindung zwischen Mainz 05 und Schalke 04 profitiert. Während der FSV Spieler wie Holtby, Moritz oder Clemens günstig in Dienst nehmen konnte, hat Schalke viel Geld für Fuchs, Szalai und Geis an Mainz bezahlt, bloß Choupo-Moting kam gebührenfrei. Auch in die Übernahme des Trainers Tuchel wollte Schalke einst investieren, aber da legte Mainz ein Veto ein.

Nun scheint sich wieder ein Transfer anzubahnen, und diesmal könnte es passieren, dass sich die cleveren Mainzer sogar den Wechsel eines Geschäftsstellen-Mitarbeiters teuer bezahlen lassen. Ausnahmsweise dürfte die Schalker Gemeinde dies dann nicht dem Manager Horst Heldt anlasten, der für Kritik aller Art stets eine beliebte Zielscheibe darstellt. Denn Heldt wäre selbst das Opfer der Transaktion. Der andere Verlierer des Handels aber hieße Mainz 05.

Denn der Geschäftsstellen-Mitarbeiter Christian Heidel hat den Bundesligaklub Mainz 05 geschaffen und gestaltet - und wenn der Manager tatsächlich demnächst den Geschäftspartner Heldt in Gelsenkirchen ersetzen sollte, dann wäre das ein extrem harter Verlust für seinen alten Verein. Heidels Kontakte, sein Wissen, seine Courage und seine Fortune bei wegweisenden Entscheidungen haben den FSV zu einem starken und stabilen Bundesligaklub gemacht. Als geeigneter Ersatzmann wäre allenfalls sein Zwillingsbruder vorstellbar.

Viele werden das Schalker Werben um Heidel für eine dieser Verwirrungen halten, die zyklisch in diesem Klub vorkommen. Man könnte ja eigentlich meinen, dass es keinen Grund mehr gibt, Heldt zu ersetzen - seine Renovierungsarbeiten nach der üblen Vorsaison haben sich bewährt: Transfers, neuer Trainer, Tabellenstand, Stimmung im Stadion - alles bestens bisher. Warum also sollte ihn der Schalker Pate Clemens Tönnies vertreiben? Und wie kann es passieren, dass just jetzt der Kontakt mit Heidel publik wird und den zarten Frieden stört?

Die Fußballbranche ist indiskret, keineswegs nur in Gelsenkirchen. Und der Termin für Gespräche mit dem Mann aus Mainz mag zwar unzeitgemäß wirken. Aber es ist trotzdem kein falscher Termin, denn die Besetzung des Managerpostens ist die heikelste Personalie überhaupt. Der Aufsichtsrat muss sie so frühzeitig wie möglich entscheiden, das ist seine Pflicht. Die Schalker um ihren Vormann Tönnies - der sich übrigens im nächsten Jahr wieder zum Aufsichtsratschef wählen lassen möchte - müssen daher nicht nur erörtern, ob sie mit Heldt weiterarbeiten wollen. Sie müssen auch herausfinden, wer an Heldts Stelle einen neuen Politikstil im Management bieten könnte. Und dazu müssen sie mit möglichen Kandidaten sprechen.

Andererseits ist der Umgang mit Heldt nicht nur menschlich unfein, sondern beinahe schäbig. Die Sondierungen treffen ihn unvorbereitet, ohne Verschulden steht er schlecht da. Eigentlich dürfte die Frage auch nicht lauten, ob entweder Heidel oder Heldt das Sportgeschäft leiten, sondern wie der Verein zwei Koryphäen ihrer Art im Management platzieren könnte. Die sportliche Führung des Großklubs Schalke ist mit einem Alleinunterhalter an der Spitze - ob er nun Heldt oder Heidel heißt - unterbesetzt. Die Konkurrenz in München, Dortmund und Leverkusen macht es vor. Mainz 05 kann da nicht Schalkes Maßstab sein.

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