Kommentar:Berater im Fußball: Es stinkt nach Geldwäsche

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Schon mit jungen Spielern werden absurde Summen verdient. (Foto: Getty Images)

Werden Fußballprofis transferiert, drehen Pizzabäcker, Klempner, Barkeeper, Papas und Onkels an einem Milliardenrad. Das Geschäft lädt zur Selbstbedienung ein. Es sollte dringend neu geregelt werden.

Kommentar von Thomas Kistner

Der Geschäftswahnsinn, der die Fußballbranche umhüllt, lässt sich in ein lustiges Bild packen: Käme ein Gareth Bale oder Cristiano Ronaldo, ein Pogba, Messi oder Neymar auf die Idee, den nächsten Jobwechsel (neben den üblichen Märchensalären für Berater, Gärtner und den Pudel) mit etwas mehr Exzentrik zu garnieren, muss er nur die eine Zusatzklausel einweben: Die Führungsriegen aller Klubs, die ihn verpflichten wollen, sollen nackt und singend aus einer Torte springen. Und der Beste kriegt den Zuschlag.

Übertrieben? Keineswegs. Nicht mal das wirkt realitätsfern in diesem einzigartigen, aus dem Nichts erblühten Handelsmilieu, wo mangels anständiger Geschäftskultur nackte Gier den Takt vorgibt. Den Eindruck vertiefen jüngste Berichte des Spiegel und internationaler Recherchepartner, die auf Daten der Enthüllungsplattform "Football Leaks" zurückgreifen: Fußball als darwinistische Branche, die sauberes mit schmutzigem Geld vermengt und Dreistigkeit und Hinterlist zu Tugenden erhebt. Was bösartig klingt, ist nur logisch in einem Business, das seine Regeln selbst macht und ihre Einhaltung selbst kontrollieren darf.

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Die organisierte Gaunerei wäre leicht einzudämmen - aber es profitieren zu viele

En detail wird aufgeblättert, wie Spieleragenten an bloßen Vertragsverlängerungen auch deutscher Fußballhelden (Bellarabi, Draxler, Kroos) Millionen kassieren. Merkwürdige Geschäftsdrähte von Größen wie Klaus Allofs werden gestreift, und auch, wie die Papas mancher Nationalspieler (Gündogan, Brandt) Jahr für Jahr von deren Klubs bezahlt werden - für welche fortlaufende Tätigkeit?

Die Spielerberater sitzen im Maschinenraum des Betriebs. Nicht Volkswirte oder Steuerexperten drehen das Milliardenrad, sondern Pizzabäcker, Klempner oder Barkeeper, Papas oder Onkels. Weil zufällig im Umfeld ein Bub gut kicken kann. 2015 kassierten Spielerberater nur in Deutschland und England 370 Millionen Euro. In der Branche zählt, wer wie Angela Merkel eine gute Viertelmillion nach Hause bringt, zum Prekariat.

Es gehört Licht in diesen Verhau. Es stinkt ja nach Geldwäsche, wenn Amateurkicker plötzlich für Millionen nach Asien oder Osteuropa verkauft werden. In einem Gewerbe, wo jeder Akteur jeden Preis kosten kann, drängt es sich auf, Teile der Spielermasse als Vehikel für transnationale Geldflüsse zu nutzen. Und bietet sich Klubs, die angesichts der Irrsinnsgagen in England oder Spanien kapitulieren müssen, nicht die Grauzone diskreter Zahlungen an Dritte an, um letztlich doch die Gebote der Großen ausstechen zu können? Netto statt brutto?

Es wäre recht einfach, die institutionalisierte Gaunerei einzudämmen. Nichts spricht ja dagegen, Spielerberater (nach anständiger Ausbildung) bei Verbänden oder Ligen fest anzustellen - und sie mit dem legalen Transferbereich zu betrauen. Ohne Zusatz-Boni, und ganz gleich, wie der Transferierte heißt. Das würde die trüben Deals schon erschweren.

Stattdessen wächst mit jedem Rekordtransfer das Halunken-Image der Branche. Und wer nicht nur in den 90 Minuten zwischen An- und Abpfiff lebt, erhält eine Ahnung davon, was hinter den Kulissen einer solchen Geschäftswelt sonst noch alles geregelt werden kann: Von Titel-, Aufstiegs-, Abbstiegsfragen bis zum Feintuning der Millionenkörper.

© SZ vom 12.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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