Fußball-Bundesliga:Endlich kosten auch Trainer Ablösesummen

Markus Weinzierl

Hat auf Schalke keine Zukunft: Markus Weinzierl

(Foto: dpa)

53 Jahre nach Gründung der Bundesliga kosten nicht nur Spieler, sondern auch Trainer wie Markus Weinzierl Geld. Es ist ein überfälliger Akt der Gleichberechtigung.

Kommentar von Christof Kneer

Man weiß schon gar nicht mehr, wie das damals genau war: Kam der Trainer Friedhelm Funkel immer da hin, wo zuvor Ewald Lienen trainierte, oder war es umgekehrt? Es gab jedenfalls mal eine Zeit, in der jeder Erstligist, der sich gerade von einem der beiden Trainer getrennt hatte, auf die spontane Idee kam, als Nachfolger doch den anderen zu holen. Dieses Geschäftsmodell funktionierte eine Weile recht reibungslos, abgesehen davon, dass manchmal Peter Neururer dazwischen kam.

Es war ein Modell, das keiner hinterfragte, weil es allen nutzte: den Trainern, die wussten, dass sie nach erfolgter Entlassung einfach wieder aufs Karussell klettern und fröhlich in die nächste Stadt tuckern können; den Klubs, die sicher sein konnten, dass sie sich bei Bedarf ohne großen finanziellen oder intellektuellen Aufwand einfach wieder einen der lustigen Passagiere vom Karussell pflücken können; und auch den Medien, die beim Spekulieren über neue Trainer gar nicht falsch liegen konnten und außerdem ständig Spitzen-Interviews bringen konnten (Neururer).

Weinzierl hat mehrere Wochen lang den Verein gewechselt

Wenn Schalke 04 nun den Trainer Markus Weinzierl verpflichtet, dann kommt der nicht vom Karussell, sondern aus Augsburg. Weinzierl kommt an einen Ort, an dem er weder Lienen noch Funkel beerbt, und man wird auch nicht behaupten können, dass er ohne finanziellen Aufwand zu haben war. Weinzierl hat mehrere Wochen lang den Verein gewechselt, sein Transfer zählte längst zum Allgemeinwissen der Branche, aber vor dem Vollzug musste erst noch um eine Millionen-Ablöse gefeilscht werden - gerade so, als wäre Weinzierl ein durchschnittlicher Linksverteidiger.

53 Jahre nach Liga-Gründung darf man nun also auch den Trainer auf dem Transfermarkt willkommen heißen. Zwar sollen auch früher ab und zu mal ein paar stille Summen geflossen sein, wenn ein Trainer von A nach B gewechselt ist, aber grundsätzlich lebten Land und Liga noch im vormodernen Glauben, dass ein Trainer auf einer anderen moralischen Stufe steht als ein Spieler. Trainer, so das Standard-Argument, könnten sich schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit nicht einfach wegkaufen lassen - wie sonst sollten sie umworbene Spieler zum Bleiben bewegen?

Wer will, kann es bedauern, dass die Marktwirtschaft nun bis ins Trainerbüro vorgedrungen ist, man kann das im Rahmen der speziellen Regeln des Milieus aber auch für einen überfälligen Akt der Gleichberechtigung halten: dass nun auch in offizieller Währung dokumentiert wird, dass der Trainer der wichtigste Mann im Verein ist. Ein guter Trainer muss heute alles sein: Taktiker, Motivator, Psychologe, Raubtierdompteur, Öffentlichkeitsarbeiter; so gesehen ist es weiterhin ein Wunder, dass ein Trainer wie Weinzierl maximal halb so viel kostet wie - aktuelles Beispiel - Bremens Verteidiger Vestergaard, der wohl für zehn Millionen nach Gladbach wechselt.

Dass sich der Stellenwert von (guten) Trainern verändert hat, ist eine schöne Nachricht, aber Romantiker sollten sich nicht täuschen. Das heißt ja nicht, dass die Klubs ihr Geld künftig lieber den Trainern als den Spielerberatern geben. Es profitiert jetzt auch eine ganz neue Spezies auf dem Markt: die Trainerberater.

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