Kommentar:Die Österreicher kommen

Die Volleyball-Bundesliga öffnet mit ihrem Wildcard-Angebot die Serie fast für jeden. Dass Innsbruck ab kommender Saison mitspielt, könnte eine Bereicherung sein - wären da nicht die Risiken dieses Modells, die die Liga offenbar nicht im Griff hat.

Von Sebastian Winter

Es braucht schon ein paar würzige Zutaten für diese deutsch-österreichische Geschichte. Einen findigen österreichischen Volleyball-Erstligisten aus Tirol, den die eigene Liga nach unzähligen Meistertiteln dermaßen anödet, dass er dort keine Zukunft mehr sieht und auswandern möchte. Ein ehemaliges deutsches Schwergewicht - wenn man Pokalsieger Unterhaching in diesem Randsport überhaupt so nennen kann -, das vier Jahre nach seinem finanziell bedingten Rückzug per Wildcard zurück in die Bundesliga strebt. Und die Volleyball-Bundesliga (VBL) als Dachvereinigung, die diese Wildcard-Option in grenzenloser Herzensgüte vor ein paar Monaten ins Rennen brachte - um mangels Erstligisten nicht bald auszubluten. Das sind die Haupt-Verantwortlichen für diese Premiere im deutschen Spitzensport: Von Herbst an spielt erstmals ein ausländischer Klub in der deutschen Volleyball-Bundesliga. Innsbruck, mit Unterhaching als Juniorpartner.

Dass die VBL überhaupt Wildcards für ihr Premiumprodukt anbietet, ist schon erstaunlich genug. In welcher anderen Sportart kann sich schon ein Kreisligist oder eine Freizeittruppe mit finanzieller Potenz und regelkonformer Halle im Rücken mal eben für gut 50 000 Euro in die höchste deutsche Spielklasse einkaufen? Aber was macht man nicht alles, um ohne Ligasponsor, TV-Präsenz und Zweitligisten, die sich trauen, aufzusteigen, überleben zu können. Nur sollte die VBL künftig auch die Folgen bedenken. Denn sie hat in ihrer Wildcard-Euphorie völlig vergessen, irgendeinen Einwanderungsstopp für ausländische Klubs in den Zugangskatalog hineinzuschreiben.

Und damit einen Präzedenzfall geschaffen, den sie nie haben wollte. Was, wenn künftig ein Banker aus Liechtenstein, ein saudischer Scheich oder ein zyprischer Volleyballfan daherkommt und sich mittels eines deutschen Ankerklubs in der Liga einnistet?

Die Intention der VBL ist es, ihr eigenes Profil mit inländischen Leuchttürmen zu schärfen und auch wieder mehr deutsche Talente hervorzubringen. Sie hat deshalb schon angekündigt, nachzubessern und das grenzüberschreitende Schlupfloch zu schließen.

Im Falle der Tirol Alpenvolleys Haching kommen diese Reparaturarbeiten freilich zu spät. Und Ankündigungen der Liga, manchem Klub die weite Anfahrt nach Tirol womöglich gar zu erstatten, wirken nicht weniger amateurhaft. Andererseits darf sich die VBL auch auf ihren Zugang aus Österreich freuen. Der Manager ist ein potenter Tiroler Bauunternehmer mit besten Kontakten nach München. Ein Investor, den die Liga dringend braucht. Sein Sohn spielt künftig auch im Bundesliga-Team. Nur blöd, dass die deutsche Liga bald ihre nächste Idee umsetzen möchte: eine Ausländer-Beschränkung auch für Spieler.

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