Kommentar:Der Formel 1 fehlt öffentliche Unterstützung

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Sebastian Vettel vor der Tribüne in Hockenheim.

(Foto: AFP)

Deutschland hat Weltklasse-Fahrer, mit Mercedes ein dominierendes Team und gleich zwei übertragende Fernsehsender. Aber die Zuschauer bleiben fern und auch Bund und Land rühren sich nicht.

Kommentar von René Hofmann

Wenn die Formel 1 irgendwo gastiert, ist das ein großes Ereignis. So ein Großer Preis ist ein großer sportlicher Wettstreit. Er ist eine große Party. Und er ist ein großes Branchentreffen, eine Motorsport-Messe, bei der sich zeigt, wie es um den Sport am Gastgeber-Ort bestellt ist.

An diesem Wochenende gastiert die Formel 1 in Hockenheim in Baden-Württemberg - dort, wo einst das Automobil erfunden wurde und heute noch viele Autos produziert werden. Auf dem Hockenheimring fanden schon viele Formel-1-Rennen statt, es ist ein etablierter Motorsport-Standort, um den sich niemand sorgen muss. Wie es mit der Formel 1 dort weitergeht - das aber ist offen.

An Fahrern ist kein Mangel: Rosberg, Vettel, Hülkenberg, Wehrlein

Die Formel-1-Messe zeigt: An Weltklasse-Fahrern herrscht hierzulande kein Mangel. Nico Rosberg, 31, hat Titelchancen. Sebastian Vettel, 29, sitzt in einem der weltberühmten Ferraris. Nico Hülkenberg, 28, schlägt sich ausdauernd und wacker im Mittelfeld. Pascal Wehrlein, 21, gilt als hoffnungsvolles Talent. Deutsche sind quer durchs Feld vertreten, das Land stellt die meisten Fahrer - und auch in den Nachwuchsklassen sieht es gut aus.

Bei den Teams ist das Bild ähnlich. Nach dem Rückzug von BMW fährt zwar nur noch eine deutsche Marke mit: Mercedes. Aber die Silbernen fahren im Moment voraus. Sie sind die dominierende Kraft und mit der Verlängerung des Vertrages von Nico Rosberg bis Ende 2018, wenn auch der Kontrakt von Lewis Hamilton endet, haben sie angedeutet, dass sie das auch noch ein Weilchen bleiben wollen.

Auf dem TV-Sektor ist Deutschland auch immer noch gut bedient. RTL und Sky - ein Free-TV- und ein Pay-TV-Sender, die beide alle Qualifikationen und alle Rennen live übertragen: Das gibt es nicht so oft. Wer die Formel 1 sehen will, der bekommt hierzulande viel von ihr zu sehen - und das wollen immer noch viele; die Zuschauerzahlen haben sich nach einem Abschwung zuletzt wieder auf einem guten Niveau eingependelt.

Beim teuren Umbau wurde mit weit mehr Zuschauerzuspruch kalkuliert

Hockenheim zeigt, was die Formel 1 hierzulande immer noch hat. Es zeigt aber auch, was ihr aktuell fehlt: der überwältigende Zuschauerzuspruch, den es in den ersten Schumacher-Jahren gab. Die Veranstalter hoffen, dass das Rennen an diesem Sonntag 60 000 Zuschauer an ihre Strecke lockt. Das sind, wenn denn tatsächlich so viele kommen, gerade einmal halb so viele, wie es einst waren - und es sind deutlich weniger als kalkuliert waren, als der Hockenheimring vor 14 Jahren weitflächig und teuer umgebaut wurde.

Die 21 000-Einwohner-Stadt Hockenheim, der die Strecke mehrheitlich gehört, will künftig keine Verluste aus dem Formel-1-Geschäft mehr tragen. Ob sie das vertraglich vereinbarte Rennen in zwei Jahren ausrichten wird, will sie erst entscheiden, wenn das diesjährige abgerechnet ist. Um Zuschüsse von Bund und Land, die an der Veranstaltung über Steuereinnahmen mitverdienen, hat sie sich bisher weitgehend vergeblich bemüht.

Die Formel 1 hat hierzulande immer noch viel. Nur an einem fehlt es ihr offensichtlich: öffentliche Unterstützung.

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