Kommentar:Guardiola setzt auf Rotation statt spielerische Stabilität

Bayern Munich v Borussia Moenchengladbach - German Bundesliga

Gegen Gladbach nicht zufrieden: Pep Guardiola

(Foto: REUTERS)

Der FC Bayern gleicht in diesen Tagen einem alten Mann, der würdevoll gealtert ist. Doch im Spiel gegen Atlético sind jugendliche Tugenden gefragt.

Kommentar von Benedikt Warmbrunn

Es war dann doch ein ungewöhnlicher Bundesligasamstag: Der FC Bayern ist nicht (!) deutscher Meister geworden, und dennoch gratuliert die Konkurrenz. Mönchengladbachs Trainer André Schubert versicherte nach dem 1:1 in München, dass er mit dem Unentschieden auf gar, gar keinen Fall eine Feier zerstören wollte. Und in Dortmund sagten sie vorher, dass der FC Bayern am Ende natürlich Meister wird. Fünf Punkte Vorsprung, das werden sie sich schon nicht nehmen lassen.

Es ist ein auffällig devotes Klima, in dem der FC Bayern in dieser Saison voraussichtlich seine vierte Meisterschaft in Serie feiern wird, womöglich nächsten Samstag in Ingolstadt, vielleicht auch erst am letzten Spieltag zu Hause gegen Hannover. Die Gegner lassen sich gelbe Karte geben, um nicht in München spielen zu müssen (Bremen, Darmstadt). Sie stellen sich überwiegend passiv-destruktiv an den eigenen Strafraum (Bremen, Darmstadt und ungefähr ein weiteres Dutzend aller Bundesligisten). Und in Dortmund schonen sie die Spieler bereits am 29. Spieltag, weil sie einen Rückstand von fünf Punkten auf den FC Bayern für uneinholbar halten.

Die größte Herausforderung des FC Bayern? Der FC Bayern

Die Mannschaft kann immer noch schwärmerischen Fußball spielen, so wie phasenweise in der zweiten Halbzeit im Hinspiel in Madrid. In ihrem Auftreten über den gesamten Saisonverlauf gesehen gleicht sie aber nicht mehr diesem leidenschaftlichen, pfiffigen Jüngling, der sie in den ersten zweieinhalb Jahren unter Trainer Pep Guardiola so oft war, vor allem immer in den Herbstwochen. Sie gleicht jetzt eher einem Mann, der würdevoll gealtert ist, der immer noch bemerkenswert gut aussieht, an den Schläfen leicht ergraut. Der aber im Bus auch heimlich mal ein paar Stationen lang sitzen will.

Womöglich auch aufgrund der Erfahrung mit der kräftezehrenden Verletztenserie in der vergangenen Spielzeit, hat sich Guardiola in diesem Frühjahr entschieden, viel Wert auf frische und fitte Spieler zu legen, er wechselt oft und viel, auch gegen Mönchengladbach. Das muss ihm nicht vorgeworfen werden, es sind ja tatsächlich mehr Spieler gesund als vor einem Jahr. Der Eindruck verfestigt sich aber, dass zum Ende der Saison diese Rotation ein bisschen auf Kosten der spielerischen Stabilität geht.

Der FC Bayern hat sich im Herbst diesen Vorsprung erspielt, der es ihm nun erlaubt, es in der Liga etwas entspannter angehen zu lassen, in der Champions League am Dienstag muss die Mannschaft aber nun erst einmal nachweisen, dass sie den Rhythmus noch nicht verloren hat. Dass sie durch den Pragmatismus, den ihr der Trainer auferlegt hat, nicht das Pfiffige verloren hat. Dass sie auch im Frühjahr noch die Basis für einen Titelgewinn legen kann. Und wenn sie dann in Ingolstadt oder gegen Hannover Meister wird, können sie in Dortmund stolz sagen, dass sie es ja schon immer gewusst haben.

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