Kommentar:Adidas schleicht sich davon

Adidas stellt die Bezuschussung der Nationalen Anti-Doping-Agentur ein. In seiner Ignoranz ist das fast schon konsequent.

Von Claudio Catuogno

Jeder Sponsorenvertrag läuft irgendwann aus, üblich ist, dass die Parteien sich dann darüber verständigen, ob sie beieinander bleiben wollen. Der Kontrakt des Sportartikel-Konzerns Adidas mit dem Deutschen Fußball-Bund beispielsweise lief ursprünglich von 2007 bis 2018, aber schon während der Fußball-EM diesen Sommer wurde die Übereinkunft verkündetet, ihn bis 2022 zu verlängern. Schön für Adidas: Die Firma hat weiter den Weltmeister unter Vertrag. Schön für den Weltmeister: Adidas zahlt jetzt das Doppelte, 50 Millionen Euro im Jahr statt wie vorher 25.

Die Nationale Anti-Doping-Agentur Nada wird ebenfalls seit vielen Jahren von Adidas unterstützt. Mit 300 000 Euro pro Jahr. Schon diese Summe kann man entlarvend finden angesichts der Milliarden, die die Sportartikel-Industrie weltweit an ihre Markenhelden ausreicht. Noch viel entlarvender ist allerdings das komplette Desinteresse aller anderen deutschen Großsponsoren am Thema Anti-Doping. Adidas war zuletzt der einzige verbliebene Partner der Nada aus der Wirtschaft. Ende des Jahres läuft auch dieser Vertrag aus.

Die Nada-Leute hätten gerne verlängert. Sie haben Vertragsentwürfe ausgearbeitet, Vorschläge für gemeinsame PR-Aktionen geschickt. Dass sie in Zukunft ebenfalls das Doppelte kriegen, haben sie gar nicht erwartet. Hin und wieder wenigstens eine Antwort aus Herzogenaurach wäre aber schon schön gewesen. Doch bei Adidas wurde offenbar entschieden, sich still und leise aus dem Anti-Doping-Kampf zu schleichen. Die Zusammenarbeit soll nicht verlängert werden. Zu den Gründen: kein Kommentar.

Für die Nada sind 300 000 Euro viel Geld, für Adidas ist es nichts. Alleine dem Weltfußballer Lionel Messi überweist die Firma mehr - jede Woche. Es drängt sich also die Frage auf, warum Adidas jetzt für eine so kleine Summe einen so großen Image-Schaden in Kauf nimmt. Womöglich, weil die Nada - nach Jahren als eher servile Außenstelle des Medaillenbetriebs - zuletzt zunehmend die Schattenseiten des Sports thematisiert hat? Weil sie Stellung bezog gegen die Teilnahme russischer Athleten in Rio, weil sie in Opposition ging zu den wachsweichen Entscheidungen des IOC-Chefs Thomas Bach in der russischen Staatsdoping-Causa? Weil sie mehr sein will als das Feigenblatt, das die Scheinwelt des Spitzensports mit ein bisschen gutem Gewissen flankiert? Weil sie damit schlicht: dem Business schadet?

Natürlich nicht. Adidas teilt mit, man habe weiter "eine klare Haltung in Sachen Doping", was sich etwa an "Kündigungs-Klauseln in den Sportler-Verträgen" zeige. Soll heißen: weil man die Sportler, die mit Doping auffallen, ja vor die Tür setzt! Wer so argumentiert, der ignoriert allerdings die Realitäten eines Sportbetriebs, in dem oft erst die Verlockungen der Sponsor-Millionen den Anreiz setzen, Erfolg mit unlauteren Mitteln zu erzwingen. So gesehen ist das neue Desinteresse konsequent. Je weniger Geld für Doping-Tests da ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Adidas seine Lass-dich-nicht-erwischen-Klauseln überhaupt mal anwenden muss.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: