Köln-Zugang Leonardo Bittencourt:Spaßkicker mit ernstem Anliegen

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Tritkotwechsel: Leonardo Bittencourt (hier im Juni bei der Vorbereitung zur U21-EM) zieht sich künftig das Jersey des 1. FC Köln über.

(Foto: imago/Eibner Europa)

Mit 18 war er das große Versprechen beim BVB, doch durchsetzen konnte sich Leonardo Bittencourt nie. Nun hofft er, dass der Trainer des 1. FC Köln sein Naturell richtig interpretiert.

Von Matthias Schmid

Schon am Tag bevor er seine neuen Mitspieler kennen lernen sollte, saß Leonardo Bittencourt mit anderen Zugängen des 1. FC Köln abends in einem Sushi-Restaurant und lächelte in die Runde. Er hatte gerade erst seinen Medizincheck absolviert - doch wenige Stunden später war er bereits unterhaltender Teil der Gemeinschaft. "Ich bin ein sehr offener Typ, der schnell Anschluss findet", sagt der 21-jährige Deutsch-Brasilianer.

Von seinem einnehmenden Naturell konnten sich die übrigen Kollegen dann an diesem Donnerstag überzeugen. Bittencourt stand erstmals auf dem Trainingsplatz und lauschte den Anweisungen von Cheftrainer Peter Stöger. Dass sich der U-21-Nationalspieler in der nächsten Saison das Trikot des 1. FC Köln überstreift, überraschte viele. Bei Hannover lagen eher schwierige Monate hinter ihm, er hat sich nicht so in den Vordergrund spielen können, wie er und der Klub sich das vorgestellt hatten.

Bittencourt gilt als dribbelstarker und technisch hoch veranlagter Spieler, seine Karriere verlief jedoch nicht immer geradlinig. Schuld daran ist wohl auch sein Naturell. Nicht jeder Trainer konnte mit seiner Art umgehen, mancher verwechselte gar seine Lebensfreude mit mangelndem Arbeitsethos. Dem Spieler ist nicht immer anzusehen, wenn es beruflich schlecht läuft. Er schlendert deswegen nicht mit trauriger Miene über den Trainingsplatz. Er lacht dann trotzdem viel.

Bittencourt ist sich dieser Tatsache bewusst, aber er will sich deswegen nicht verändern. "Ich habe immer gute Laune, weil ich mit dem Fußballspielen nicht des Geldes wegen oder dem Druck angefangen haben, sondern wegen dem Spaß an der Sache", sagte er im Juni bei der U-21-EM in Tschechien. Diese Einstellung will er sich bewahren. "Sie macht mich glücklich."

"Eines Tages will ich ganz oben ankommen"

Der Wechsel nach Köln könnte nun in der Tat eine Win-Win-Situation werden. Denn die Kölner Verantwortlichen um Trainer Stöger und Manager Jörg Schmadtke hatten nach einem Spielertypen wie ihm gefahndet. Bittencourt selbst hatte nicht mehr das Gefühl, dass Hannover der richtige Klub für ihn sei, um den Abstand zur A-Nationalmannschaft zu verkürzen. "Eines Tages will ich ganz oben ankommen", sagt Bittencourt.

Dass er fußballerisch alles mitbringt, um von Bundestrainer Joachim Löw berufen zu werden, hat er schon als 18-Jähriger demonstriert. Er war im Jahre 2012 einer der begehrtesten Nachwuchsfußballer des Landes, er kickte damals noch für Energie Cottbus und schloss sich schließlich dem damaligen Meister Borussia Dortmund an.

Fünfmal lief für den BVB auf der linken offensiven Seite auf und konnte in der Bundesliga auf sich aufmerksam machen. Er ist ein Instinktkicker, der die Tempodribblings sucht, der sich in Eins-Gegen-Eins-Situationen durchsetzt und im offensiven Mittelfeld auf allen Positionen spielen kann. "Ich habe viele Ideen und mache das, was mir gerade in den Sinn kommt", beschreibt er seine Spielweise. Doch für einen Stammplatz in Dortmund reichte es nicht. Er kam nicht an Mario Götze oder Marco Reus vorbei und wechselte zu Hannover 96 - Dortmund sicherte sich aber eine Rückkaufoption.

In Hannover kam er in 57 Bundesligaspielen schließlich auf fünf Tore und acht Vorlagen, das sind ordentliche Zahlen für einen 21-Jährigen, der auch bei der U-21-EM in Tschechien spielte. Dennoch spürte er in der vergangenen Saison, dass er etwas ändern muss. In der Vorrunde hatte er seinen Stammplatz verloren und kam im Abstiegskampf nur noch zu gelegentlichen Einsätzen, zudem verzichtete der BVB darauf, ihn zurückzuholen. Natürlich will Bittencourt wie jeder Profi regelmäßig spielen.

In Köln hat er nun einen Vierjahresvertrag unterschrieben. Ihm ist bewusst, dass der Wechsel auch eine große Chance ist zu zeigen, dass aus ihm mehr werden kann als ein Mitläufer in der Bundesliga. Nur als Stammspieler hat er die Aussicht, sich einen Kindheitstraum zu erfüllen: die Teilnahme an den Olympischen Spielen im Geburtsland seiner Eltern. Durch die Halbfinalteilnahme bei der U-21-EM in Tschechien hat sich die Juniorenauswahl erstmals seit 1988 wieder das Startrecht für Olympia gesichert. Bittencourt selbst trägt das Ziel Rio jeden Tag mit sich. Er hat die brasilianische Landkarte auf seinen linken Arm tätowiert. Darf er mitfahren, wird man ihn mit Sicherheit viel lachen sehen. Ganz egal, ob das DFB-Team eine Medaille erringt oder nicht.

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