Köln-Sieg gegen Hoffenheim:Wild und zügellos

1. FC Köln - 1899 Hoffenheim

Kölns Yuya Osako (links) gegen Hoffenheims Ermin Bicakcic.

(Foto: dpa)
  • Der 1. FC Köln gewinnt sein Heimspiel gegen Hoffenheim mit 3:2 und kommt dem Klassenerhalt ein großes Stück näher.
  • Vor dem Stadion protestieren Anhänger gegen die vom DFB verhängten Strafen.
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Von Philipp Selldorf, Köln

Der übliche schlimme Stadion-Stau in Köln-Müngersdorf war an diesem Sonntagnachmittag noch ein Stück schlimmer als sonst. Der Grund: Die Bewohner der Kölner Fankurve machten von ihren demokratischen Bürgerrechten Gebrauch und trafen sich vor dem Stadion zu einer ordnungsgemäß angemeldeten Kundgebung, die sich dem "Erhalt der Fankultur" widmete. Während die Polizei die schwer genervten Autofahrer aufhielt, protestierten die Fans vor den Stadiontoren gegen die Strafen, die der DFB wegen diverser Zwischenfälle gegen den 1. FC Köln verhängt hat. Unter anderem durfte der Klub am Sonntag beim Spiel gegen die TSG Hoffenheim keine Karten für die Stehtribünen verkaufen, auf denen der harte Kern der Anhängerschaft zuhause ist.

Wer nun wegen der politischen Veranstaltung zu spät kam, der hätte beinahe ein halbes Dutzend Tore verpasst. Die Teams schienen den Versuch unternehmen zu wollen, das Ergebnis des Hinspiels - 4:3 für Köln - schon in den ersten Minuten zu übertreffen. In den Strafräumen herrschte sofort zügelloses Treiben, nach nur 53 Sekunden lenkte der Kölner Verteidiger Olkowski im letzten Moment einen Schuss von Firmino gegen den Pfosten, und mit solchen herzergreifenden Szenen ging es im Stakkato weiter, bis beide Seiten erschöpft vom Schlagabtausch ein wenig innehielten. Dass am Ende der Partie bloß fünf Tore gefallen waren, war zumindest für die Einheimischen keine Enttäuschung.

Der FC verbesserte mit einem 3:2 (1:0) die Aussichten, sich selbst und der Kölner Fankultur den Platz in der ersten Liga zu erhalten. Für den Trainer Peter Stöger war es "ein unglaublich abwechslungsreiches Spiel" - aber auch eines, das ihn schwer belastet hatte. "Jede Woche geht sowas nicht", stöhnte er. Markus Gisdol kommentierte die äußerst aufregende Partie deutlich gelassener. "Wir hatten außergewöhnlich viele Chancen, haben aber auch viel zu viele Chancen für den Gegner zugelassen", sagte Hoffenheims Trainer. Spektakel sind für ihn Gewohnheit, wie Eintracht Frankfurt garantiert die TSG unterhaltsamen Fußball ohne komplizierte taktische Fesseln.

Der Unterschied zwischen den beiden Teams bestand vor allem darin, dass sich die Kölner Abwehrreihe nach den anfänglichen Problemen einigermaßen stabilisierte, während das Hoffenheimer Deckungskonstrukt bis zum bitteren Ende einer Bruchbude mit ruinösen Zügen glich. Bei den Kölner Treffern leisteten die Gäste liebenswürdig Beihilfe.

Besonders tat sich Ermin Bicakcic beim 1:0 in der 20. Minute hervor: Als der Kölner Angreifer Yuya Osako den Hoffenheimer Innenverteidiger bedrängte, wurde dieser plötzlich von akuter Bewegungsunfähigkeit erfasst und büßte umgehend den scheinbar sicheren Ballbesitz ein. Seine verzweifelten Bemühungen, Schaden abzuwenden, machten den Schaden noch schlimmer: Bicakcic brachte Osako zu Fall, es gab einen Elfmeter, den Kapitän Matthias Lehmann mit lässiger Geste, aber äußerst knapp zum 1:0 nutzte.

So viele Torszenen wie in der ersten Halbzeit haben die Kölner Zuschauer selten genießen dürfen, seit vor bald zwei Jahren der Wiener Trainer Peter Stöger in Köln auf Disziplin und Ordnung achtet. Der FC profitierte aber auch davon, dass er mitten in der Saison zwei neue Spieler einsetzen durfte. Die Japaner Osako und Kazuki Nagasawa sind zwar schon länger in Kölner Diensten, so wirkungsvoll hatte man sie bisher aber noch nicht erlebt; Hoffenheim bekam die beiden nie in den Griff. Im Duett bereitete das Duo aus Fernost auch das 2:0 durch Anthony Ujah vor (54.) - das Spiel schien gelaufen zu sein.

Obwohl der Trainer zügig zwei frische Angreifer einwechselte - Szalai und Modeste -, kam 1899 nicht in Schwung. Erst Olkowskis Ausrutscher im Strafraum samt Gegnerberührung brachte die TSG zurück: Schiedsrichter Sippel verhängte regelgemäß Elfmeter und Feldverweis, Polanski verkürzte zum 1:2 (70.). Die Kölner mussten nun einige heikle Momente überstehen. Stöger organisierte ein konzertiertes Mauern, indem er Ujah und Nagasawa vom Platz nahm, aber wieder war auf Hoffenheims schwache Abwehrkraft Verlass. Verteidiger Jonas Hector schloss ein kilometerlanges Solo, bei dem er fünf Gegenspieler hinter sich ließ, mit dem 3:1 ab (78.). Er wunderte sich selbst, was ihm da gelungen war, und zitierte zur Erklärung seinen Ersatztorwart - "Thomas Keßler hat's mal ganz gut gesagt: Aus der Nummer bin ich nicht mehr rausgekommen." Gisdol bemerkte trocken, dieses Tor sei "die gerechte Strafe" für miese Abwehrarbeit gewesen. Hoffenheims Anschlusstor durch Modeste (88.) machte die Sache noch mal spannend, kam aber zu spät.

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