Köln - Schalke 17.30 Uhr:Angesagte Nullnummer

1. FSV Mainz 05 - FC Schalke 04

Die Rückrunde ist nicht seine: Seit dem 16. Spieltag hat Schalkes Eric Maxim Choupo-Moting nicht mehr getroffen.

(Foto: Torsten Silz/dpa)

Bei beiden Teams schwächeln die Stürmer, gibt es interne Probleme - und doch noch wichtige Ziele.

Von Philipp Selldorf, Köln/Gelsenkirchen

Roberto di Matteo ist ein Mann, der ein gepflegtes 0:0 zu schätzen weiß. Da sich das gleiche auch von Peter Stöger sagen lässt, müssen für das Treffen zwischen dem 1. FC Köln und Schalke 04 am späten Sonntagnachmittag wohl keine erhöhten Sturmwarnungen ausgegeben werden. Zumal auf beiden Seiten kurzfristig die hauptamtlichen Torjäger abhanden gekommen sind.

Klaas-Jan Huntelaar hatte es zwar am vorigen Wochenende in Schalke beim 3:2 gegen den VfB Stuttgart geschafft, seinen 1200 Minuten währenden Fluch der Torlosigkeit zu besiegen, woraufhin er prompt den besten Auftritt seit Monaten hinlegte. Er hat es aber auch geschafft, in eben diesem Spiel jene fünfte gelbe Karte zu kassieren, die ihm schon seit etlichen Spieltagen gedroht hatte. Eine einzige Verwarnung sprach der Schiedsrichter in diesem Spiel aus - und die bekam dann der einzige Mann auf dem Feld, der von einer Sperre bedroht war: Der Torjäger Huntelaar, just dann, als er sich wieder in einen solchen verwandelt hatte. Ein typisches Schalker Kunststück in einer Saison, die mehr von Krankmeldungen und Absenzen bestimmt wurde als von Spiel und Sport.

Ujahs Wechsel-Affront kränkt seinen Trainer

In Köln hat man die Abwesenheit des niederländischen Kanoniers gern zur Kenntnis genommen. Vor Huntelaar hatten sie Respekt. Dann kam jedoch am Dienstag die Nachricht über den Verlust des eigenen Torjägers, und die freudige Erwartung aufs Wochenende war erst mal dahin. Das Spiel gegen Schalke soll dem FC dazu verhelfen, den Klassenerhalt unumstößlich zu besiegeln, aber dieses wichtige und wertvolle Ziel ist in der öffentlichen Wahrnehmung zurückgetreten hinter dem Ärger über den seit Wochen heimlich betriebenen Wechsel von Anthony Ujah zu Werder Bremen.

Nicht nur beim Publikum hat der nigerianische Angreifer mit seiner Entscheidung große Enttäuschung hervorgerufen. Auch Trainer Stöger konnte seine Kränkung nicht verbergen. Er sprach das böse Wort nicht aus, aber es klang durch, dass er den Fahnenwechsel als eine Art Verrat ansieht. Dass Ujah sich auch noch an seinem nächsten Arbeitsplatz fotografieren ließ, erhöhte den Zorn. Inzwischen hat Werder Bremen zwar amtlich um Entschuldigung gebeten für das anstößige Foto, auch der Coach hat sich wieder beruhigt, aber Stöger lässt weiterhin offen, ob er dem abtrünnigen Ujah am Sonntag den gewohnten Startplatz in der ersten Elf gewähren wird. Zumal der FC mit einem 0:0 - es wäre das zehnte torlose Unentschieden der Saison - nicht nur ein Jubiläum, sondern wohl auch die Garantie für den Ligaverbleib feiern dürfte.

Europa League ein "interessantes" Ziel

Hier aber könnte Schalke in die Quere kommen, denn ein 0:0 wäre vermutlich zu wenig, um die Ambitionen zu befriedigen. Schalke peilt drei Punkte an, um den fünften Platz zu verteidigen, der den komfortabelsten Zugang zur Europa League verschafft. Die Europa League, der vormalige Uefa-Cup, genießt in Gelsenkirchen - Heimat der heiligen "Eurofighter" von 1996 - traditionell ein überdurchschnittlich hohes Ansehen. Nach drei Champions-League-Teilnahmen hintereinander sei man zwar "verwöhnt" vom Luxusgenuss, "es bleibt aber wichtig, lohnend und interessant, in der Europa League zu spielen", sagt Manager Horst Heldt.

Ein lustiges Schicksal will es, dass nun, da die Saison ihr Ende erreicht, das sagenhafte Schalker Verletzungspech ebenfalls vorbei ist. Auf dem Trainingsplatz tummelten sich unter der Woche so viele Profis wie noch nie in dieser Spielzeit, sogar die dauerblessierten Sidney Sam und Jan Kirchhoff wirkten bei den Übungen mit.

Zum ersten Mal Konkurrenzkampf im Kader

Nun ist tatsächlich eine Art Konkurrenzkampf im Kader ausgebrochen, ein Zustand, den Trainer Di Matteo zum ersten Mal erlebt, seit er im Herbst aus London ins Ruhrgebiet kam. Sam, der im vorigen Sommer im Rang eines Nationalspielers aus Leverkusen kam und in diesem Sommer im Rang eines Fehleinkaufs wieder gehen soll, hat sich voriges Wochenende zum Dienst in der U23 gemeldet, um sich beim Coach zu empfehlen.

Ein anderer für die zügige Verabschiedung vorgesehener Profi erlebt ebenfalls noch mal ein kleines Comeback in Schalke. Kevin-Prince Boateng habe sich "sehr professionell verhalten" und "eine gute Chance auf einen Einsatz am Sonntag", lobte Di Matteo, nachdem er den Mittelfeldspieler zuletzt wochenlang außer Dienst gestellt hatte.

Für Spieler wie Boateng und Sam, vielleicht auch den ausgeliehenen FC-Bayern-Profi Kirchhoff, ist Schalkes Endspurt eine Chance auf den nächsten Job. "Jeder geht jetzt noch mal auf den Laufsteg", meint Horst Heldt. Wie üblich künden die Medien im Ruhrgebiet wieder von der Notwendigkeit des großen Umbruchs. Di Matteo kann mit solchen schalke-typischen Überzeichnungen nichts anfangen: "Es wird sicherlich ein paar Änderungen geben, aber ich sehe da keine Revolution."

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