Köln besiegt Unterhaching im Pokal:Wie ein Betriebskick vor dem Grillabend

Die Überraschung findet woanders statt: In der Münchner Vorstadt reichen dem 1. FC Köln zwei entschlossene Aktionen von Mittelfeldspieler Thomas Bröker zu einem 2:1 gegen die SpVgg Unterhaching. Der Drittligist kommt mit der Affenhitze zunächst besser zurecht, bringt sich aber durch seine lasche Defensive um die Chance auf eine Überraschung.

Jonas Beckenkamp

Mit Fußball-Folklore sind sie in Köln bestens vertraut. Ein Kulturkreis, zu dessen angesehensten Attraktionen ein Fußballverein und ein Kicker mit dem Spitznamen "Poldi" zählen, kennt zwischen den Extremen Freud und Leid nur wenige Nuancen. Doch in den vergangenen Monaten erwischte es die Rheinländer mal wieder besonders hart: Der 1. FC Köln war abgestiegen, der Stadtheilige Lukas Podolski entschied sich, künftig im Londoner Linksverkehr zum Training zu tingeln und plötzlich schaffte der Verein in der 2. Liga nur noch ein 1:1 gegen Sandhausen.

SpVgg Unterhaching - 1. FC Koeln

Schwitzen im Pokal: Kölns Matthias Lehmann und Unterhachings Maximilian Welzmüller taten sich schwer bei der Hitze - am Ende gewann der Zweitligist.

(Foto: dapd)

Sandhausen, ein Provinzklub aus dem Nirgendwo! Da passte es ins Bild, dass an diesem Samstag der nächste Nobody die Kölner forderte. In der ersten Runde des DFB-Pokals tummeln sich bekanntlich die Kleinsten der Kleinen - Winzlinge wie Großaspach, Falkensee, Oberneuland oder eben die SpVgg Unterhaching.

Die spielt in der dritten Liga, und wenn es mit den Kölnern so weitergeht, könnte man sich sogar bald auf Augenhöhe begegnen. Der Münchner Vorstadtklub führt nämlich in seiner Spielklasse überraschend die Tabelle an, während der FC seinerseits auf Platz 15 darbt.

Es wurde dann ein Pokalkick der alltäglicheren Sorte: Der Aufstand der unterlegenen Hachinger hielt sich in Grenzen, der FC erfüllte humorlos seine Pflicht und am Ende zitierte keiner die angeblich so eigenen Gesetze dieses Wettbewerbs. Ein 2:1 (1:0) für Köln durch Tore von Thomas Bröker (28. und 40. Minute) und Andreas Voglsammer (90.) für die SpVgg ersparte den Rheinländern ein weiteres Stück peinliche Folklore.

"Wichtig war, dass wir weitergekommen sind. Und das haben wir am Ende mit einer ordentlichen Leistung geschafft", sagte Doppel-Torschütze Bröker. Sein Trainer Holger Stanislawski war erleichtert, aber nicht hundertprozentig zufrieden: "Natürlich war das ein wichtiger Sieg. Wir hätten aber unsere Chancen besser nutzen und schon frühzeitig alles klar machen müssen."

Das Post-Podolski-Zeitalter hatte bei den Kölnern zuletzt zu einer Art Neuorientierung geführt. Längst ist die umgeformte Elf eher was für ausgewiesene Experten. Namen wie Kacpar Przybylko, Daniel Royer oder Kevin Wimmer dürften wohl nur all jenen etwas sagen, die es gut mit dem FC meinen. Trotzdem standen die drei zu Beginn auf dem Platz - dafür durfte sich Christian Eichner, in der Bundesliga noch Stammkraft, auf der Bank sonnen.

Überhaupt, das Wetter: Die Hitze sorgte zunächst für allgemeine Lähmung auf beiden Seiten. Durchdachtes boten in der Anfangsphase wohl allenfalls die Eisverkäufer auf den Rängen, das Spiel blieb dagegen matt.

Welches der beiden Teams weniger schlecht spielte, war schwer zu sagen, aber die Hachinger versuchten es bei Kontern zumindest mit etwas Dynamik. Erst verpasste der junge Sascha Bigalke eine flache Hereingabe knapp (19.), dann schoss Yasin Yilmaz aus 30 Metern in die Arme des Kölner Keepers Timo Horn (23.). Und die Gäste? Schlossen ihre Angriffe meist so ab, wie Mato Jajalo bei einem Freistoß: Er jagte den Ball in Richtung Naherholungsgebiet Starnberger See (25.).

Bröker, immer wieder Bröker

Nur wenig später befürchteten die Zuschauer den nächsten Weitschuss in die Prärie, doch diesmal passierte Überraschendes: Kölns Bröker wirbelte auf der linken Seite ein wenig gegen SpVgg-Verteidiger Markus Schwabl und zog nach innen - von dort prügelte er den Ball zum 0:1 ins lange Eck (28.). Köln führte, obwohl alles immer noch wie ein Betriebskick vor dem Grillabend wirkte. Immerhin hatten beide Mannschaften jetzt gelernt: Man darf hier auch Tore schießen.

Beherzt wurde diese Erkenntnis vor allem vom Kölner Bröker, ausgerechnet er, der im Sommer aus der so genannten "verbotenen Stadt" Düsseldorf weiter südlich an den Rhein gezogen war. Als gerade wieder der Sommerkick-Modus Einzug hielt, drehte sich der Mittelfeldspieler nach einer Flanke von Miso Brecko besonders flink und vollstreckte im Sechzehner gegen lauter staunende Akteure der SpVgg zum 0:2 (40.). Zur Halbzeit konnten sich die Hachinger fragen, ob sie nicht lieber gleich zum Baden in die Isar hüpfen sollten.

Sie entschieden sich fürs Weiterspielen - und zeigten gleich, dass sie es doch ernst meinten: Erst scheiterte Dominik Rohracker nach geschickter Kombination mit Yilmaz nur knapp an Keeper Horn (49.), dann plumpste ein Kopfball von Florian Niederlechner auf die Latte des Kölner Tores. Die Gastgeber unterhielten jetzt zumindest ihr schwitzendes Publikum mit ein wenig mehr Esprit, während die Kölner Elf vorführte, dass sie auch Stehfußball im Repertoire hat. Grund für weitere Anstrengungen hatte sie ohnehin nicht. Außer Thomas Bröker, der wollte ja noch seinen dritten Treffer - den er mit einem Kopfball aus kurzer Distanz (64.) auch fast geschafft hätte.

Weil die Gäste dann doch wieder ans Fußballspielen dachten und dem Drittligist aus München einfach nichts einfiel, trudelte die Partie nun gemächlich auf ein klares Ende zu. Dass diese eher fade Begegnung schließlich 1:2 endete, lag am Anschlusstreffer durch den eingewechselten Andreas Voglsammer (90.), der die Kölner noch einmal kurz ärgerte. Doch spannend wurde es nicht mehr.

Auf der Tribüne feierten die Kölner Fans längst oberkörperfrei die Wasser-Besprenkelung durch die Feuerwehr, an der Seitenlinie genoss Holger Stanislawski den kühlen Schatten und seine einzige Sorge dürfte gewesen sein: Hoffentlich funktioniert im Mannschaftsbus auf der Rückfahrt die Klimaanlange.

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