Klage gegen Poleskas Olympia-Start:Boxende Schwimmer

Schwimmer Thomas Rupprath sprach von "völligem Schwachsinn", Lars Conrad von "unsportlichem Verhalten": Die Frankfurterin Vipa Bernhardt will nach Peking - und klagt dafür ihre Kollegin Anne Poleska aus dem Team.

Josef Kelnberger

Es ging den verschüchterten deutschen Olympiaschwimmern sehr schlecht zu Beginn der Spiele vor vier Jahren in Athen - dann kam Anne Poleska, und es ging die Sonne auf. Die Krefelderin schwamm mit dem grenzenlosen Optimismus, den sie sich als Studentin an der Universität von Alabama angeeignet hatte, auf Rang drei über 200 m Brust, und diese Bronzemedaille zeigte den Deutschen, dass sie doch etwas drauf hatten, auch wenn Franziska van Almsick und Hannah Stockbauer untergegangen waren; mit einmal Silber und viermal Bronze kam das Team am Ende glimpflich davon. Abgesehen von Rang zwei bei der WM 2005 in Montreal hat Poleska seither keine großen Erfolge mehr gefeiert, außerdem sich nach dem Umzug nach Coral Springs abgenabelt vom deutschen Schwimmen. Deshalb gab sie vergangenes Jahr ihr Amt als Athletensprecherin auf. Dennoch war man beim DSV erleichtert, dass sich die Brustschwimmerin in Berlin als Zweite über 200 m hinter Sarah Poewe für Peking qualifizierte. Sie hat mit 28 Jahren genügend Erfahrung, um das Team zu stabilisieren - wenn sie denn darf, denn die Frankfurterin Vipa Bernhardt hat sich aufgemacht, die Kollegin aus dem Team zu klagen.

Klage gegen Poleskas Olympia-Start: Vipa Bernhardt will ihre Kollegin Anne Poleska aus dem Olympia-Team "boxen".

Vipa Bernhardt will ihre Kollegin Anne Poleska aus dem Olympia-Team "boxen".

(Foto: Foto: AP)

"Völliger Schwachsinn"

Genaugenommen war es Bernhardts Verein, die vom Juristen Michael Wolksi geführte SG Frankfurt, der vor dem Landgericht Kassel eine Einstweilige Verfügung erwirkt hat, die besagt, Vipa Bernhardt, Meisterschafts-Dritte in Berlin, müsse vom DSV dem DOSB für Olympia vorgeschlagen werden. Begründung: Poleska sei in Berlin nicht startberechtigt gewesen, weil sie zuvor für den Verein in Coral Springs geschwommen sei - und das wäre mit einer Sperre zu ahnden, weil DSV-Regeln nur Starts für ausländische Colleges und Universitäten erlauben.

Poleska und ihr Trainer Michael Lohberg behaupten, sie sei stets vereinslos angetreten, was das Gericht offenbar anders beurteilte. Jedenfalls sieht sich der DOSB nun einem schwebenden Verfahren gegenüber und lässt sich mit einer Entscheidung über die Personalie bis zum 20.Juli Zeit. Präsident Thomas Bach hat am Dienstag erkennen lassen, was er von dem Vorgang hält: "Ich habe es noch nie erlebt, dass eine Athletin versucht, unter Hinweis auf Formfehler eine Kollegin aus der Mannschaft zu boxen."

Damit traf Bach wohl die Stimmung im Schwimmteam. Sportdirektor Madsen stärkte Poleska den Rücken, Schwimmer Thomas Rupprath sprach von "völligem Schwachsinn", Kollege Lars Conrad von "unsportlichem Verhalten". Die DSV-Führung mit Christa Thiel an der Spitze verweigerte am Dienstag mit Hinweis auf das schwebende Verfahren Kommentare. Sie wird irgendwann darlegen müssen, warum sie den Konflikt nicht friedlich beizulegen vermochte. Bernhardt indes wird zu tun haben, ihren Ruf als Sportlerin wieder zu reparieren.

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