Kevin Pezzoni verlässt den 1. FC Köln:Von den eigenen Fans zur Vertragsauflösung gemobbt

Es sah nach einem gewöhnlichen Abschied aus, als Kevin Pezzoni seinen Vertrag mit dem 1. FC Köln auflöste. Pezzoni traf seine Entscheidung jedoch aus Angst: Die eigenen Fans hatten den Profi vorher massiv bedroht. Die Mannschaft wandte sich in einem offenen Brief an die FC-Anhänger.

Holger Stanislawski nahm sich Zeit und sprach lange über die sportliche Misere des 1. FC Köln. Dann berichtete er mit traurigen Augen von weit schlimmeren Dingen. Defensivspieler Kevin Pezzoni ist von den eigenen Fans immer wieder bedroht worden und hat sich deshalb entschieden, nie mehr für den erneut abgestürzten Bundesliga-Absteiger aufzulaufen.

Kevin Pezzoni

Kevin Pezzoni will nie wieder im Trikot des 1. FC Köln auflaufen.

(Foto: dpa)

Seiner Bitte um Vertragsauflösung wurde entsprochen. "Da hat eine Gruppe von Menschen dem Spieler Pezzoni in dieser Woche vor dessen Privatwohnung aufgelauert, ihn angepöbelt und ihn massiv bedroht", sagte Stanislawski nach dem 0:1 (0:1) in der Zweiten Liga gegen Energie Cottbus: "Das geht nicht, das kann nicht sein! Sie haben Zettel an sein Auto geklebt und ihm klar gemacht, dass sie ihm weh tun wollen. Damit haben diese Leute eine Grenze überschritten."

Pezzoni habe sich daher entschieden, nicht mehr für den FC zu spielen, er habe in Angst gelebt. "Bei jedem Ball, das hat er mir berichtet, ging es ihm nur noch darum, keinen Fehlpass zu spielen. Das ist nicht zu tolerieren", sagte Stanislawski sichtlich bewegt.

Stanislawski, der vom FC St. Pauli einen ganz anderen Umgang der Fans mit Spielern gewohnt war, zeigte sich tief getroffen. "Wir haben die beste Lösung für Kevin gesucht. Das war der Abschied. Dabei ging es nicht um finanzielle Dinge. Da muss man Menschlichkeit zeigen. Ich hoffe, er findet wieder Spaß am Fußball", sagte der FC-Trainer. Wenn zu körperlicher Gewalt aufgerufen werde, sagte er weiter, könne "ein 23-Jähriger nicht mehr unbeschwert Fußball spielen. Einige Worte, die da gefallen sind, möchte ich nicht wiederholen. Es ist ein Zustand, der sich über längere Zeit aufgebaut hat."

Pezzoni äußert sich über Facebook

Leise Kritik am Verhalten der Kölner kam derweil aus der Bundesliga. "Ich glaube nicht, dass Kevin den Vertrag auflösen wollte. Ich denke, der Verein war auch daran interessiert, dass das Ganze beendet wird", sagte Trainer Jürgen Klopp von Double-Gewinner Borussia Dortmund bei Liga total.

Bereits an Karneval hatte ein unbekannter Angreifer Pezzoni die Nase gebrochen. Nun wurde der Abwehrmann, der zuletzt in der Innenverteidigung gespielt hatte, auch im Internet bedroht. Auf Facebook gründete sich eine Gruppe, die dazu aufforderte, Pezzoni und Co. "aufzumischen", User schrieben in Kommentaren sogar, dies werde nicht ausreichen.

Die Mannschaft reagierte mit einem offenen Brief an die Fans und einem "Appell an Fairness und Respekt". "Wenn wir als Spieler und als Mannschaft unsere Leistung nicht bringen, nehmen wir die Kritik der Medien und der Fans an. Doch wir lassen als Mannschaft nicht zu, dass einzelne Spieler von einzelnen Chaoten gedemütigt und persönlich angegangen werden", heißt es in dem Schreiben, das auf der Klubhomepage veröffentlicht und vom Team unterzeichnet wurde. "Wir erwarten, dass Berufliches und Privates getrennt bleiben. Wenn einem Spieler vor der Haustür aufgelauert wird, wenn Lebenspartner beleidigt und hässliche Nachrichten geschrieben werden, dann ist eine Grenze überschritten. Das werden wir nicht akzeptieren", schrieb die Mannschaft. Man werde nicht zulassen, dass einige wenige Störenfriede das Bild des FC in der Öffentlichkeit bestimmten.

Kevin Pezzoni stellte am Samstag gegen 13.00 Uhr eine Nachricht auf seine Facebook-Seite. "Es freut mich, zu lesen, wie viel Verständnis für unsere Entscheidung entgegengebracht wird und wie viel Unverständnis wir gemeinsam gegenüber Mobbing, Beleidigungen, Gewalt und Co. haben", schrieb er. "Dies hat weder auf noch neben dem Platz oder im privaten Umfeld etwas zu suchen." Die positiven, aufmunternden Rückmeldungen blieben ihm gemeinsam mit "vielen schönen und erfolgreichen Spielen mit dem FC" in Erinnerung.

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