Kandidatur von Luis Figo:Ansturm auf das Fifa-Amt

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Luis Figo will Fifa-Präsident werden (Foto: AP)

Die Uefa will die Wiederwahl von Fifa-Chef Sepp Blatter noch verhindern - und schickt nun auch Luis Figo in den Wahlkampf. Die Kandidatur des Portugiesen zeigt, wie heftig die Opposition gegen Blatter in der Fußballwelt ist.

Von Thomas Kistner, München

Luis Figo hat die Fußball-WM in Brasilien intensiv studiert, vor allem die "Reaktionen der Fans auf das Image der Fifa" haben ihn beschäftigt. Die Fan-Reaktionen waren vernichtend, seither ist Figo überzeugt, dass sich an der Fifa-Spitze etwas ändern muss: "In der Führung, im Hinblick auf Transparenz, Governance und Solidarität - jetzt ist der Moment da!" Am Mittwoch gab der portugiesische Ex-Nationalspieler seine Kandidatur bekannt, die am Vortag bereits durchgesickert war.

Allmählich herrscht Staugefahr auf der Zielgeraden des Kandidatenrennens um die Fifa-Präsidentschaft. Am 29. Mai werden 209 Verbände beim Kongress in Zürich den Weltfußballchef küren, am Donnerstag um Mitternacht endet die Bewerbungsfrist für bisher ein halbes Dutzend Kandidaten, die eines gemeinsam haben: Sie wollen die fünfte Amtszeit des Abonnements-Präsidenten Sepp Blatter, 78, verhindern. Wenn aber ab Freitag der richtige Wahlkampf beginnt, werden es wohl nur noch drei Herausforderer sein; wer offizieller Kandidat sein will, braucht die schriftliche Empfehlung von fünf Nationalverbänden.

Der Ansturm aufs Amt zeigt, wie heftig die Opposition in der Fußballwelt ist gegen Blatter, der die Fifa seit 1981 (erst als Generalsekretär, ab 1998 als Präsident) praktisch in Alleinregie führt. Dass der Schweizer Strippenzieher Favorit bleibt, liegt an dem sehr speziellen Fifa-Wahlsystem, das jedem Sandstreifen zwischen Südsee und Karibik dasselbe Stimmrecht zugesteht wie dem DFB, der sieben Millionen organisierte Mitglieder umfasst, oder der britischen FA. Jedoch findet dieser Aufstand im Kernbereich des Ballbetriebs statt, weshalb über die nächsten vier Monate eine Situation erwachsen könnte, die den Amtsinhaber zu Fehlern zwingt.

Gewagte Taktik der Uefa

Die Taktik der Europa-Union Uefa, die sich Blatters fünfter Amtszeit vehement widersetzt, sieht vor, eine Anti-Blatter-Stimmung in den zentralen Feldern des Fußballgeschäfts zu schaffen - insbesondere für Sponsoren, die sehr sensibel auf Kritiken ihrer Konsumenten reagieren. Gelingt dies, könnte die Protestwelle am Wahltag vielleicht nicht mal mehr durch das Stimmvolk aus Guam, Anguilla und Tuvalu aufzuhalten sein.

Luis Figo, 42, hob bei der Verkündung seiner Kandidatur gleich auf die Krisen- themen der Fifa ab. Der Moment der Entscheidung sei für ihn gewesen, "als bekannt wurde, dass die Fifa den Ermittlungsbericht zu den WM-Bewerbungen von Russland und Katar nicht publizieren wollte". Der Portugiese betont, er suche nicht die Publicity, er sei bekannt genug aus seiner Zeit bei Real Madrid, Barcelona und Inter Mailand, er wolle auch nicht bezahlt werden für seine Tätigkeit.

Derweil bekräftigte in Amsterdam Michael van Praag, Präsident des niederländischen Verbandes, seine Ambitionen. Bis zur letzten Minute hatten die Wahlkampfstrategen der Europäischen Fußball-Union (Uefa) um Verbandschef Michel Platini daran gearbeitet, eine Doppelspitze ins Rennen zu schicken: Van Praag, der als integre Persönlichkeit gilt, und Weltstar Figo, der das Gesicht der Opposition sein wird und eine Reihe alter und aktueller Fußballhelden gegen Blatter in Position bringen wird.

Während van Praag Schweden, Schottland, Rumänien, die Faröer- Inseln und seinen Landesverband als die fünf Federationen bekannt gab, die ihn stützen, wird Figo Rückhalt in der latinischen Welt finden, in Südamerika - "aber auch in Afrika und Asien, von Angola bis Macao", wie ein Berater versicherte. Die Uefa plant auch mit der Variante, dass am Ende nur einer der beiden tatsächlich antreten wird - mit beiden Stimmpaketen.

Auffallend lange Zeit

Vierter Bewerber dürfte Prinz Ali Bin Al Hussein sein, die britische FA gab ihm ihre Empfehlung. Auch das Votum seines jordanischen Verbandes hat er, die letzten drei Stimmen werden zu finden sein. Zur Not in Europa, wo Alis Kandidatur anfangs gefördert wurde - und auch jetzt ins Uefa-Konzept passt. Des Jordaniers Kandidatur lenkt den Blick auf andere Weltregionen und zeigt, dass die scharfe Trennlinie nicht nur zwischen Blatter und Europa verläuft.

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Erstmals unter Druck geraten wird Blatter, sobald die Gegenspieler ihre Programme vorlegen. Bisher hatte es ihm stets gereicht, von seiner "Mission" zu raunen, die er noch zu erfüllen habe; trotz der 34 Jahre an der Spitze. Wolkiges gab er jüngst auch bei CNN von sich: Er wolle "beweisen, dass Fußball mehr als ein Spiel ist" - als beweise er das nicht seit Jahrzehnten im "Korruptionsstadl Fifa" (K.-H. Rummenigge) - und vielleicht auch bald in diesem Wahlkampf.

Denn Blatter kündigte an, dass die Kandidatenliste erst am 7./8. Februar veröffentlicht werden soll. Wenn seine Fifa eine ganze Woche braucht, um die Rechtmäßigkeit von zwei, drei Kandidaturen zu prüfen, dann illustriert das erneut, warum ihn viele im Fußball inzwischen aufs Altenteil wünschen. Sollten Blatters Leute die auffallend lange Zeit nutzen, um einen Kandidaten rauszuhebeln? Überraschend wäre es nicht.

© SZ vom 29.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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