Dortmund und der Lewandowski-Wechsel:Alle schnappen über

Borussia Dortmund's Lewandowski celebrates scoring against Real Madrid in Champions League semi-final first leg soccer match in Dortmund

Lewandowski nach einem seiner vier Tore gegen Real Madrid.

(Foto: REUTERS)

Gerüchte, Halbwahrheiten, Mutmaßungen und Unterstellungen: Die Berater von Robert Lewandowski forcieren einen Wechsel nach München, Borussia Dortmund lässt ihn nicht gehen. Das Geschacher um einen möglichen Transfer des talentierten Angreifers wird immer bizarrer.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Von außen betrachtet sieht es wie ein Wirbelsturm im Wasserglas der Bundesliga aus. Aber es kann auch sein, dass es nur der Wirbel ist, den zwei anscheinend verzweifelte Spieleragenten um ihren werthaltigsten Schützling veranstalten. Der Kampf um die Freigabe für Borussia Dortmunds Stürmer Robert Lewandowski nimmt so oder so allmählich bizarre Ausmaße an.

Mit immer neuen Gerüchten, Halbwahrheiten, Mutmaßungen und Unterstellungen. Spätestens seit den vier Treffern, die Lewandowski am Mittwoch im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid erzielte, scheint eine kollektive Schnappatmung einzusetzen.

Am Donnerstag sagte Maik Barthel, der gemeinsam mit dem polnischen Parlaments-Abgeordneten Cesary Kucharski als Spielerberater für Lewandowski agiert, zu sportbild.de: "Wir sind uns mit einem Verein einig und haben vor, diesen Sommer zu wechseln. Alle Forderungen des BVB werden erfüllt." Ähnlich äußerte sich Kucharski offenbar im polnischen Fernsehen.

Dass Barthel und Kucharski, deren gemeinsame Firma "Eurosportsmanagement" ihren Sitz in Liechtenstein hat, schon die gesamte Saison hindurch ein Druck-und-Droh-Szenario aufzubauen versuchen, ist nichts Neues. Lewandowski soll, so scheint es, um jeden Preis aus seinem Vertrag bei Borussia Dortmund herausgebrochen werden.

Aus München wurde wenig später gar kolportiert, Dortmunds polnisches Stürmer-Juwel habe beim FC Bayern bereits zwei Vierjahres-Verträge unterschrieben. Einen für die kommende Saison. Und einen alternativen für den Sommer 2014, wenn Lewandowskis Vertrag in Dortmund ausläuft und er unabhängig von der Zustimmung seines Vertragspartners BVB zu haben ist.

Die Pressestelle des FC Bayern dementierte am Freitag: "Der FC Bayern hat entgegen diesen Meldungen keinen Vertrag mit Lewandowski." Laut Statuten der Deutschen Fußball Liga ist es untersagt, mit einem Spieler wie Lewandowski, dessen Vertrag noch etwa vierzehn Monate Laufzeit hat, überhaupt in Kontakt zu treten, ohne den bisherigen Verein um Erlaubnis zu fragen. Geschweige denn, mit ihm Verträge zu schließen.

Dortmunds Vorstandschef Hans-Joachim Watzke behauptet, er habe zwar von Barthel und Kucharski, die ansonsten keine bekannteren Spieler betreuen, gehört, dass Lewandowski zu den Bayern gehen wolle - aber es gebe von Dortmund keinerlei Zusagen, wonach er zu gewissen Konditionen gehen könne. "Lewandowski hat keine Ausstiegsklausel und es gibt auch keine Nebenabreden. Nachdem Mario Götze uns nun überraschend verlässt, haben wir beschlossen, dass wir in diesem Sommer keinen Spieler mehr abgeben wollen. Das betrifft auch Robert."

Rein rechtlich kann Lewandowski unter keinen Umständen bei einem anderen Klub anfangen, ohne vom BVB aus seinem laufenden Vertrag entlassen zu werden. Während sich Lewandowski selbst bisher stets weigerte, über seine Pläne zu sprechen, behaupten Watzke und sein Sportdirektor Michael Zorc nach wie vor, dass der heiß umworbene Spieler ihnen versichert habe, seinen Vertrag im Zweifelsfall bis Sommer 2014 erfüllen zu wollen.

Als letztes Druckmittel könnte er allerdings auch androhen, seine letzte Saison in Dortmund zwar abzusitzen, aber nicht mehr mit vollem Einsatz zu spielen. Das wäre zwar ein krasser Fall - aber auch die sonstigen Umstände um das Transfer-Gezerre sind schließlich ungewöhnlich.

Die Berater haben höchste Eile

Für Kucharski und seinen deutschen Adlatus Barthel scheint die Transfersache um Lewandowski höchste Eile zu haben. Der Wunschpartner FC Bayern aber zieht möglicherweise nicht wie gewünscht mit. BVB-Chef Watzke berichtet am Freitag: "Ich habe erst gestern mit Karl-Heinz Rummenigge gesprochen, der nun offiziell mitgeteilt hat, dass die Bayern Mario Götze verpflichten und die Ablöse bezahlen wollen. In diesem Gespräch war von einem Interesse an Lewandowski keine Rede."

In Dortmund wird vermutet, dass die Münchner mit dem 24-Jährigen zwar heftig geliebäugelt hätten, dass sie es nun aber den beiden Beratern Barthel und Kucharski überließen, ihren Klienten in Dortmund loszueisen. Nach dem Götze-Coup gilt es aber als so gut wie ausgeschlossen, dass der BVB Lewandowski in diesem Sommer ausgerechnet für die Bayern freigibt.

Gleichzeitig gibt es Meldungen aus England, wonach Manchester United, dessen Manager Alex Ferguson schon im Sommer 2012 das bisher einzige reale Angebote für Lewandowski abgegeben hatte, nun erneut in das Geschachere um den Polen einsteigen wolle. Mit angeblich bis zu 35 Millionen Euro Ablöse.

Unklar ist bei all dem allerdings, welche interessierten Kreise welche Gerüchte in die Welt setzen und was sie bewirken sollen. Von Barthel zumindest wird behauptet, dass er zu Zeiten, als Lewandowski noch nicht so hoch gehandelt wurde wie gerade jetzt, Journalisten immer wieder mit den Wechselabsichten und Wechselmöglichkeiten seines Klienten traktiert habe. Soll heißen: Dass er also selbst versucht haben soll, Nachrichten zu erzeugen.

Watzke jedenfalls dementierte am Freitag gegenüber der SZ, dass es irgendwelche Vereinbarungen oder Ankündigungen gebe, Lewandowski vorzeitig aus seinem Vertrag zu lassen. "Ich gehe davon aus, dass Robert in der kommenden Saison bei uns spielt. Er will nicht mit uns weiter verlängern, auch nicht zu den zuletzt noch einmal verbesserten Konditionen. Aber ich habe seine Zusage, dass er im Ernstfall bis Sommer 2014 mit vollen Einsatz für uns spielt."

Dass man auf solche Aussagen von Spielern nicht allzu viel geben muss, gerade wenn sie von einem aggressiven Management begleitet werden, dürfte spätestens seit dem Götze-Wechsel allen klar sein. Offenbar aber ist der BVB entschlossen, die Konfrontation mit Barthel, Kucharski und Lewandowski durchzuziehen.

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