Kaiserslautern früh in der Krise:Pfälzer Reizklima

1. FC Kaiserslautern - SC Freiburg

Der Frust beim Pfälzer Fanvolk ist riesig - nach der Niederlage gegen Freiburg geht es der Mannschaft ähnlich.

(Foto: Fredrik Von Erichsen/dpa)

Der FCK muss schon die vierte Zweitliga-Saison in Serie spielen - und droht den Anschluss zur Spitze bereits zu verlieren.

Von Tobias Schächter, Kaiserslautern

Am Freitag startete der 599. "Wurstmarkt in Bad Dürkheim", rund 600 000 Menschen werden bis zum nächsten Wochenende auf dem angeblich "größten Weinfest der Welt" erwartet. Am Montag schreiben die Fußballprofis des 1. FC Kaiserslautern dort Autogramme, den Bummel über den Festplatz mit Riesenrad werden sie sich allerdings wohl verkneifen. Nach der ernüchternden 0:2-Heimniederlage vor nur 32.834 Zuschauern am Freitagabend gegen den SC Freiburg ist die Stimmung rund um den ersten Verein der Pfalz schon nach sechs Zweitliga-Spieltagen am Boden. Die Profis erwarten keine bewundernden Fans aus Bad Dürkheim, es herrscht Pöbelgefahr. Nur acht Punkte stehen auf dem Konto, dem FCK droht, den Anschluss an die Spitzengruppe früh zu verlieren. Kapitän Christian Löwe sagt enttäuscht: "Jetzt müssen wir erstmal wieder ein paar Spiele gewinnen und Punkte holen, bevor wir wieder auf die Tabelle schauen."

Der Frust beim Pfälzer Fanvolk ist riesig. Beim vorvergangenen Heimspiel gegen Paderborn wurde die Mannschaft zur Pause mit einem bitteren Pfeifkonzert in die Kabine geschickt - trotz einer 1:0-Führung. Kapitän Löwe kritisierte danach die Anhänger und wurde dabei von Trainer Kosta Runjaic unterstützt. Doch Publikumsbeschimpfung erhöht im Profifußball nur den Druck auf die handelnden Personen. Besonders bei einem Traditionsverein wie dem FCK, wo die Fans schon seit Jahren leiden. In Kaiserslautern herrscht traditionell eine große Kluft zwischen der Erwartungshaltung des Anhangs und der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Vereins und der Mannschaft. Mittlerweile bestreitet der viermalige deutsche Meister und Fritz-Walter-Klub die vierte Zweitligasaison hintereinander. Die Enttäuschung bekommen die Akteure in dieser Runde schon deshalb so früh zu spüren, weil die Mannschaft und ihr Trainer in der vergangenen Saison den sicher geglaubten Aufstieg in den letzten vier Spielen noch leichtfertig verspielt haben.

Die vergiftete Atmosphäre schadet den eigenen Spielern

Die neue Mannschaft vergeigte nun nach der Publikumsbeschimpfung gegen Paderborn das Auswärtsspiel in Heidenheim (1:3) und am Freitag das Heimspiel gegen Freiburg. Die Kluft zu den Fans belastet die Mannschaft, die harschen Reaktionen auf die Leistungen sind Thema in der Kabine. Gegen Freiburg pfiffen die Fans erst nach dem Abpfiff. Es ist in dieser vergifteten Atmosphäre allerdings kein Wunder, dass hanebüchene individuelle Fehler den FCK zuletzt in Heidenheim und gegen Freiburg Punkte kosteten.

Nach der vergangenen Saison gab es wieder einmal einen großen Umbruch: 14 Spieler gingen, elf neue kamen. Der klamme Klub erzielte in der abgelaufenen Wechselperiode zwar ein Transferplus von fünf Millionen Euro (sieben Millionen Einnahmen stehen laut Manager Schupp Ausgaben von zwei Millionen gegenüber), der Kader aber verlor fast sein ganzes kreatives und spielerisches Talent (Heintz, Orban, Stöger, Yunus, Demirbay, Hofmann, Zoller, Mugosa); einige teure Routiniers wurden freiwillig abgegeben (Matmour, Sippel). Geblieben sind Spieler aus dem Zweitligamittelmaß (Karl, Ring, Heubach, Löwe). Gekommen ist ein einziger, bislang überforderter Hoffnungsträger, Rückkehrer Daniel Halfar aus Köln. In der Startelf gegen Freiburg standen vier Neue, von denen Abwehrspieler Stipe Vucur (Aue) mit einem absurden Ballverlust das 0:1 von Abrashi (72.) einleitete.

Die nächsten Gegner: 1860 München, Nürnberg, Bochum

Freiburg war besser, das 0:2 durch den sechsten Saisontreffer von Torjäger Nils Petersen (87.) angemessener Ausdruck der Kräfteverhältnisse. Besonders in der Abwehr ist ein großer Qualitätsverlust erkennbar. Und im Sturm agiert Kacper Przbylko (gekommen aus Fürth, bislang drei Treffer) mal klasse, mal als Slapsticknummer. Jon Dadi Bödvarsson kann erst ab Januar die Lücke im Angriff füllen: Der Isländer, der mit der Nationalmannschaft seines Heimatlandes gerade erstmals eine EM-Qualifikation feiern durfte, muss bis Ende des Jahres noch beim norwegischen Erstligisten Viking Stavanger bleiben. Bis dahin könnte der FCK schon längst aus dem Aufstiegsrennen raus sein.

Den Aufstieg gibt der Klub offiziell zwar nicht als Saisonziel aus, aber die Hoffnung darauf will das Publikum wenigstens so lange wie möglich bewahrt sehen. Gelingt das nicht, wird die überdimensionierte Fritz-Walter-Arena bald leergespielt sein. Manager Markus Schupp fordert: "Wir alle brauchen Geduld - auch wenn das die Leute nicht hören wollen."

Nach dem misslungenen Auftakt braucht die Mannschaft eine Siegesserie, um Vertrauen zurückzugewinnen. Trainer Runjaic steht stark in der Kritik, nachdem er in den vergangenen zwei Spielzeiten den Beweis schuldig geblieben ist, seine Aufbauarbeit zu einem guten Ende führen zu können. Auch Runjaic wird die Worte von Klubchef Stefan Kuntz vernommen haben, der nach dem 0:2 gegen Freiburg forderte: "Jetzt kommen Spiele, in denen wir langsam mal punkten müssen." Der FCK muss kommenden Samstag bei 1860 München ran, empfängt dann den 1. FC Nürnberg und spielt schließlich bei Tabellenführer Bochum. Doch vor diesem schweren Programm steht für diese FCK-Elf am Montag erst einmal der harte Gang auf den Bad Dürkheimer Wurstmarkt.

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