Judo-Bronze für Dimitri Peters:Nur der Büffel ist stärker

Den ganzen Wettkampftag wirkt Judoka Dimitri Peters entschlossen, spricht mit keinem und lässt sich auch vom Innenminister nicht ablenken. Nach dem Sieg im Kampf um Bronze kann er endlich auf den Schultern seines Trainers entspannen.

Jürgen Schmieder, London

Dimitri Peters wollte nicht reden, er stapfte mit finstrer Miene an den Journalisten vorbei, so wie einer entschlossen an anderen Menschen vorbeistapft, wenn er seit Tagen nichts gegessen hat und nun einen riesigen Berg leckerer Würste entdeckt. Der Judoka, so schien es, wollte sich zwischen den einzelnen Kämpfen weder von doofen und nicht ganz so doofen Fragen ablenken lassen, noch vom Besuch des Innenministers Hans-Peter Friedrich.

Peters hat natürlich gegessen in den vergangenen Tagen, er wusste jedoch, dass da irgendwo in der Halle drei Medaillen herumlagen. Eine davon zu mit nach Hause zu nehmen, das war sein Ziel, wie er vor den Spielen gesagt hatte. Es funktionierte: Peters gewann am Ende bei seiner ersten Olympiateilnahme die Bronzemedaille im Halbschwergewicht, der Klasse bis 100 Kilogramm.

Mit voller Wucht auf die Matte

Wie hinter den Kulissen benahm sich Peters, 28, zunächst auch auf der Matte: keine großen Gesten, kein vorsichtiges Abwarten, kein zurückhaltendes Taktieren. Er stürmte sogleich auf seine Gegner zu, er packte sie und bisweilen sah es so aus, als wolle er sie nicht zu Boden, sondern am liebsten gleich aus der Halle werfen. Dafür gibt es beim Judo allerdings keine Punkte, also schleuderte es sie nur zu Boden und stürzte sich hinterher.

In der ersten Runde besiegte er Ariel Zeevi aus Israel durch den sehenswerten Kreuzhebel Juji-gatame, danach gewann er knapp in der Verlängerung gegen Jewgenijs Borodavko, im Viertelfinale präsentierte gegen den Niederländer Henk Grol, Bronzegwinner von 2008, kurz vor dem Ende des Kampfes die feine Wurftechnik Ko-uchi-gari.

Weil Peters nicht reden wollte, übernahm zunächst Bundestrainer Detlef Ultsch die Rolle des Pressesprechers: "Er hat bis zum Halbfinale drei Weltklasseleute besiegt, hat gegen seinen Problemgegner Zeevi konzentriert agiert und war gegen den starken Grol einfach nur sensationell. Nur gegen Borodavko hätte ich beinahe einen Herzkasper bekommen, aber das hat er dann ja auch gepackt."

Sie haken bis ein Dritter entscheidet

Im Halbfinale traf Peters dann auf Tagir Khaibulaew, den amtierenden Weltmeister mit der Statur eines sibirischen Büffels. Der Russe wiegt genauso viel wie Peters, ist aber zwölf Zentimeter kleiner, was ihm vor allem bei Duellen am Boden entgegenkam. Die beiden behakten sich, sie schoben sich über die Matte, rangelten auf dem Boden - doch einen Punkt konnte auch in der Verlängerung kein Akteur erzielen. Also bestimmten die Kampfrichter den Sieger, sie entschieden sich für den Russen, der wenig später auch das Finale gewann. Es war ein knappes Urteil, aber es war gerecht.

Also ging es für Peters am Ende um Bronze, Gegner war Ramziddin Sayidow. Der Usbeke ging schnell durch eine kleine Wertung in Führung, doch dann agierte Peters wieder so wie bei den ersten drei Kämpfen: Er marschierte mutig nach vorne, packte seinen Gegner und schleuderte ihn wuchtig auf die Matte. Dort gelang ihm der Haltegriff Yoko-shiho-gatame, der Kampf war vorbei.

Peters gewann damit Bronze, er stapfte danach auch nicht mehr durch die Halle. Er musste gar nicht mehr laufen, weil ihn Trainer Ultsch auf die Schultern nahm. Und dann, ja wirklich, dann sagte Peters auch etwas: "Vor vier Jahren habe ich Olympia knapp verpasst, nun durfte ich endlich mitfahren und wollte unbedingt eine Medaille holen. Vor dem Match um Bronze hatte ich Angst, dass ich einbreche, keine Kraft mehr habe und mein Ziel verpasse - aber ich habe mich zusammengerissen." Als er das sagte, sah er wirklich aus wie einer, der nach Tagen des Hungers endlich in eine Wurst beißen darf.

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