Chelsea-Trainer:Mourinho-Ausrede auf Knopfdruck

José Mourinho Chelsea Ausrede

Hat für jedes Problem eine Ausrede parat: José Mourinho

(Foto: AP)

Der Schiri ist schuld, der Rasen oder eine Weltverschwörung. Aber nie der Chelsea-Trainer. Jetzt kann jeder von José Mourinhos Ausreden profitieren.

Eine Glosse von Philipp Selldorf

Auch in schwierigen, bedrohlichen oder hochnotpeinlichen Lebenslagen hielt es Ottmar Hitzfeld für seine professionelle Pflicht, öffentlich Stellung zu nehmen. Jeder konnte Hitzfeld alles fragen, nie ist er davongelaufen, oft jedoch gab es Antworten aus dem rhetorischen Standard-Repertoire, die bei näherem Hinsehen eher Parolen waren.

Seine Spieler stellte er, selbst wenn sie im Nachtleben gesündigt oder auf dem Feld gefaulenzt hatten, stets als vorbildlich motivierte Mitarbeiter dar - in Hitzfelds Diktion "absolute Profffis" - die beim nächsten Mal garantiert "Reaktion zeigen" und eine "Top-Leistung abrufen" würden. Bei Bedarf war der diplomatische Trainer gern bereit, persönliche Fehler einzuräumen. So hat Hitzfeld in Krisenzeiten die Medien versorgt und sich die nötige Ruhe für die eigentliche Arbeit verschafft.

José Mourinhos Strategie ist eine andere. Seine Öffentlichkeitsarbeit beruht auf Einschüchterung und Bedrohung sowie der Ablenkung von tatsächlichen Problemen. In kritischen Stunden blickt der Portugiese vom FC Chelsea so düster wie es einst der Ayatollah Khomeini zu tun pflegte. Persönliche Fehler kommen nicht vor, schuld sind immer andere. Schwache Chelsea-Leistungen hat er schon mal damit erklärt, der Platzwart habe das Flutlicht zu spät eingeschaltet; oder es sei an der Stamford Bridge so still gewesen wie in einem leeren Stadion.

Schuld haben immer die anderen

Natürlich monierte er auch schon Verschwörungen der Spielplan-Gestalter ("andere Klubs kontrollieren den Kalender") oder die Platzbeschaffenheit ("Kartoffelacker"); und er machte auch diverse Medienkampagnen und vorsätzliches Schiedsrichter-Versagen für Probleme seiner Teams verantwortlich.

In der neuen Premier-League-Saison hat er nun bereits neue Maßstäbe gesetzt: Er beschimpfe die eigene Teamärztin, stellte den bislang unantastbaren Kapitän John Terry durch Auswechslung bloß und versagte der 0:3-Niederlage bei Manchester City amtlich die Anerkennung ("eine komplette Fälschung").

Der Daily Mirror hat sich die Methodik des Trainers jetzt zunutze gemacht und seinen Lesern den "Mourinho-Ausreden-Generator" zur Verfügung gestellt. Für jedes beliebige Problem gibt es auf Knopfdruck ("Help me, José") ein passendes Zitat des Exzentrikers. Keine Lust auf die Hausarbeit? "Wenn die sogenannten Experten nicht so viel darüber reden würden, wäre das vielleicht gar kein wichtiges Thema." Zu viel Bürostress? "Wenn andere Leute Taktiken des 18. Jahrhunderts verlangen, dann entstehen solche Schwierigkeiten."

2014 wurde Mourinho schon einmal unfreiwillig als Alibi-Helfer herangezogen. Ein italienischer Mafioso, der unter Mordanklage stand, legte Fotos von einem zufälligen Treffen mit Mourinho vor, die belegen sollten, dass er am Tag des Verbrechens nicht am Tatort, sondern im Teamhotel des FC Chelsea in Barcelona gewesen sei. Genutzt hat ihm das nichts. Er verbüßt nun eine zwanzigjährige Haftstrafe.

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