Javi Martínez beim FC Bayern:Ungewisse Zukunft nach der Wunderheilung

Bayern Muenchen v Chelsea - UEFA Super Cup

Schmerzen auf dem Rasen: Javi Martínez in Prag.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Sein Treffer in der 121. Minute ermöglichte dem FC Bayern den ersten Supercup-Erfolg der Vereinsgeschichte. Wie es für Javier Martínez weitergeht, ist trotzdem unklar: Nach wie vor gibt es für den Spanier unter Pep Guardiola keine feste Planstelle.

Von Thomas Hummel, Prag

Manchmal muss man den Eindruck bekommen, dass dieser Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt ein Wunderheiler ist. Zunächst rennt der bereits 71-Jährige Mannschaftsarzt des FC Bayern bei einem Notfall immer noch so schnell über den Platz wie in den 1970er Jahren. Seine Haare wehen dabei schwarz und voll durch die Luft, so dass manch ein männlicher Beobachter nur staunt und sich fragt: Wie macht er das nur, dieser Doc. Heilt er sich selbst?

Am Freitagabend beim Spiel um den europäischen Supercup gegen den FC Chelsea rannte Müller-Wohlfahrt wie ein 30-jähiger durch das Eden Stadion in Prag, hinüber zu Javi Martínez, der dort gekrümmt auf dem Boden lag und sich das Knie hielt. Er hatte im Getümmel einen bösen Tritt von Chelsea-Stürmer Fernando Torres erhalten. Wer Martínez in diesem Moment ins Gesicht sah, musste annehmen, dass der Spanier so schnell nicht mehr Fußball spielen würde. Die Trage wurde auf den Platz gebracht und Trainer Pep Guardiola schimpfte mit Diego Contento, weil der so lange benötigte, um sich zum Aufwärmen klar zu machen.

Müller-Wohlfahrt und sein Assistent begleiteten Martínez vom Spielfeld - und nur Sekunden darauf lief der Spanier wieder munter zurück ins Geschehen. Es kam unweigerlich die Frage auf: Wie hat er das nur gemacht, der Doc?

"Mein erster Gedanke war, dass ich ein großes Problem am Knie habe", erzählte Martínez später. Doch dann fühlte er sich wieder gut und er konnte weitermachen. So einfach war das. Ein Glück für ihn und die Münchner, denn er schoss ja dann in der 121. Minute noch das überlebenswichtige 2:2. Martínez ermöglichte erst den Sieg im Elfmeterschießen und den ersten Sieg in diesem Wettbewerb für seinen Klub.

Martínez erklärte später, dass dieses Spiel und der Treffer für ihn "unvergesslich" bleiben würden, denn er schieße ja nicht so viele Tore. Wenn es dumm für ihn läuft, könnte der Einsatz in Prag auch aus einem anderen Grund für länger unvergesslich bleiben. Denn Martínez droht nach wie vor eine längere Verletzungspause.

Die Begegnung mit Torres endete keineswegs mit einer Wunderheilung von Müller-Wohlfahrt, sondern mit einer Innenbandzerrung am Knie. Fünf Tage Pause bekam er vom Bayern-Arzt verordnet. Das wäre halb so schlimm. Prekärer ist immer noch eine Verletzung im Leisten- und Adduktorenbereich. Wegen derer sollte Martínez eigentlich gar nicht nach Prag reisen, erst durch den Ausfall von Bastian Schweinsteiger holte ihn Trainer Guardiola mit in den Kader.

Großes Lob von Guardiola

Martínez und sein Trainer wussten, dass er mit seiner Blessur etwa eine halbe Stunde lang beschwerdefrei Fußballspielen kann. Wenn die Muskulatur müde wird und die Belastungen größer, beginnt der Schmerz. Also schickte Guardiola seinen Landsmann eine gute halbe Stunde vor Ende der regulären Spielzeit auf das Feld, um das defensive Zentrum zu stabilisieren und die Konter der Londoner zu stoppen.

Den Auftrag erfüllte er mit Wonne. Der Spanier brachte eine Qualität ins Bayern-Spiel, die der Luxuskader vorher nicht zu bieten hatte. Mit dem sicheren Instinkt, wo der Gegner den Schnellangriff starten will, warf sich Martínez bereits an der Mittellinie mit Verve in die Zweikämpfe. Grätschte, köpfte, sprintete und stoppte damit viele Angriffe des Gegners. Das war der Martínez aus der Triple-Saison, der Aufpasser hinter der Künstlerschar, der Türsteher im Mittelfeld. Der dem FC Bayern die Sicherheit verleiht, um vorne alles in Grund und Boden zu kombinieren.

Guardiola sollte später über ihn sagen: "Er ist sehr wichtig für uns. Javi ist noch nicht in guter Kondition, aber er hat einen sehr großen Willen." Einen so großen Willen, dass er auch mit lädierten Bändern im Knie und dem aufkommenden Schmerz in den Adduktoren durchhielt. Denn die Partie war für Martínez nach einer halben Stunde ja nicht beendet, es ging in die Verlängerung. "Die letzten 15 Minuten habe ich mich Schmerzen gespielt. Aber gut, es nichts passiert", berichtete er.

In dieser letzten Viertelstunde beorderte ihn der Trainer als zweiten Mittelstürmer in den Strafraum, wo er dem neuen Auftrag dann auch gerecht wurde. Nur einen Elfmeter wollte er derart behindert nicht mehr schießen.

Wo ihn Guardiola perspektivisch einplant, ist ungewiss. Die Idee, ihn künftig immer in die Sturmmitte zu stellen, dürfte selbst dem Experimentier-Freund Guardiola nicht in den Sinn kommen. In der Vorbereitung auf die Saison deutete sich an, dass ihn der neue Trainer gerne in der Innenverteidigung sieht, er konnte dort aber wenig überzeugen. Und weil der Trainer nur noch eine Planstelle im defensiven Mittelfeld vorsieht, muss er vor allem mit seinem kongenialen Partner aus der vergangenen Saison, Bastian Schweinsteiger, um einen Einsatz streiten. Die Umstellung vom Heynckes- zum Guardiola-Fußball ist nicht zum Vorteil von Javi Martínez.

Doch nun wird er sich ohnehin weiter mit Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt auseinandersetzen müssen. Der "beste Doc der Welt", wie sie beim FC Bayern sagen, muss erstmal den Körper des Spaniers fit bekommen, bevor der wieder an den Kampf um die Stammplätze denken kann. Für ein paar Grätschen und ein Tor in der Verlängerung reicht es aber allemal schon.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: