James Rodríguez:Die vielleicht überraschendste Entwicklung der Saison

Bundesliga - Bayern Munich vs Borussia Dortmund

James Rodriguez will mit dem FC Bayern noch viel "erreichen". Hier feiert er sein Tor zum 2:0 gegen Dortmund.

(Foto: Michael Dalder/Reuters)
  • James ist im Sommer nur deshalb auf Leihbasis zu den Bayern gewechselt, weil ihn der damalige Trainer Carlo Ancelotti unbedingt wollte.
  • Das 6:0 gegen Dortmund zeigt, wie groß James' Einfluss auf das Spiel der Bayern derzeit ist: Der Mittelfeldspieler war überall.
  • Ob er langfristig in München bleibt? Es gebe "eine Option", sagt Sportdirektor Hasan Salihamidzic.

Von Benedikt Warmbrunn

Es war schon weit nach 21 Uhr, als James Rodríguez zum ersten Mal an diesem Abend hängen blieb. Er hatte Pässe mit einer feenhaften Leichtigkeit gespielt. Er hatte das Spiel beschleunigt, er hatte es entschleunigt, so wie es gerade besser passte. Er hatte zwei Tore vorbereitet. Er hatte ein Tor erzielt. Er hatte an diesem Abend machen können, was er wollte, es hatte funktioniert. Nun aber blieb er hängen.

Der einzige Gegner, der an diesem Abend eine Chance hatte gegen James Rodríguez, war die Müdigkeit.

James stand vor dem Kabinenausgang, er sprach schon lange nicht mehr über das 6:0 des FC Bayern gegen Borussia Dortmund, es ging nun um das Hinspiel im Viertelfinale der Champions League am Dienstag in Sevilla, und es ging um die großen Aufgaben. Doch auf einmal schien James nicht mehr weiter zu wissen. Nach kurzem Zögern sagte der Kolumbianer: "conseguir". Er und das ganze Team, sie wollen noch viel "erreichen" in dieser Saison.

Es gehört zu den vielleicht überraschendsten Entwicklungen in dieser Spielzeit des FC Bayern, dass James Rodríguez vor den nun beginnenden wichtigsten Wochen der Saison ein gefragter Gesprächspartner ist. Gekommen war er im Sommer nur, weil ihn sich der damalige Trainer Carlo Ancelotti unbedingt gewünscht hatte, ausgeliehen für zwei Jahre von Real Madrid; in den ersten Wochen wirkte er jedoch nicht austrainiert, teilweise unmotiviert. Ein paar Monate sowie einen Trainerwechsel zu Jupp Heynckes später zählt James zu den zentralen Akteuren der Mannschaft, er ist einer, dem sie im Verein zutrauen, eine ohnehin schon gute Saison in eine sehr gute zu verwandeln, durch Erfolge in der Champions League.

James, sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic, fühle sich "immer wohler", als ein Beispiel dafür nannte er, dass der kolumbianische Nationalspieler Deutsch lerne. Salihamidzic lächelte, die Botschaft war klar: Wer Deutsch lernt, der identifiziert sich mit seiner Aufgabe in München.

Ein Tor erzielt er selbst, zwei bereitet er vor

Gegen Dortmund war gut zu sehen, wie groß der Einfluss von James zurzeit auf das Spiel des FC Bayern ist. Er war als zentraler Mittelfeldspieler immer und überall, hinter Angreifer Robert Lewandowski, ein paar Sekunden später schon wieder wenige Meter vor den Innenverteidigern, und wenn er einmal gerade irgendwo nicht sein konnte, dann spielte er eben einen Pass, mit einer Ballberührung, und schon veränderte sich die Statik des gesamten Geschehens auf dem Spielfeld (der Höflichkeit halber soll an dieser Stelle von einer Dortmunder Statik die Rede sein). Und dann waren da noch die Tore, an denen er direkt beteiligt war.

Das 2:0 erzielte er selbst, wenige Meter vor dem Tor, in der Manier eines Mittelstürmers (14.). Das 3:0 leitete er ein, indem er einen Pass von Gonzalo Castro abfing, wenige Sekunden später war er links vom Strafraum, seine Flanke musste Thomas Müller nur ins Tor schieben (23.). Das 5:0 bereitete er mit einem lässigen Doppelpass mit Franck Ribéry vor (45.). Es waren drei Aktionen, in denen die ganze Spielintelligenz des Leihspielers zu erkennen war.

Ob so ein Spieler nicht langfristig an den Verein gebunden werden müsse, wurde Salihamidzic nach dem Abpfiff gefragt. Der Sportdirektor sagte, es gebe da ja "eine Option", aber momentan sei das "kein Thema", es sei ja noch Zeit. Wieder lächelte er.

Er werde mit jedem Spiel besser, sagte James selbst, es sollte nicht großspurig klingen. Es sollte klingen nach einem, der angekommen ist. Dann rieb sich der müde Mann des Abends die Augen und ging in die Nacht hinaus.

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