Jahreshauptversammlung beim FC Bayern:Hoeneß weint - und kämpft

Jahreshauptversammlung FC Bayern München

Uli Hoeneß: Berührt von der Unterstützung der Vereinsmitglieder

(Foto: dpa)

Der FC Bayern feiert auf seiner Jahreshauptversammlung die Rekorde der Triple-Saison: Umsatz, Gewinn und Mitgliederzahlen sind in schwindelerregende Höhen gestiegen. Im Zentrum steht aber Präsident Uli Hoeneß. Karl-Heinz Rummenigge widmet ihm eine Rede, die ihn zu Tränen rührt. Nach seinem Steuerverfahren will Hoeneß den Klub-Mitgliedern die Vertrauensfrage stellen.

Von Claudio Catuogno

Uli Hoeneß nimmt seine Brille ab, holt ein weißes Stofftaschentuch heraus, er rutscht in seinem Stuhl auf dem Podium immer weiter nach hinten, sodass man es erst auf den zweiten Blick erkennt: Der Präsident des FC Bayern München weint.

Die Bayernfans klatschen, Uli Hoeneß weint, die Bayernfans erheben sich von ihren Plätzen und singen: "Uli Hoeneß, du bist der beste Mann."

Und Uli Hoeneß weint.

Am Podium steht der Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Er hat gerade einen Satz gesagt, den man so eigentlich schon hundert Mal gehört hat: "Uli Hoeneß", so geht der Satz, "ist der Spiritus Rector des FC Bayern. Ohne sein Engagement, ohne sein Zutun wäre der FC Bayern nicht, was er heute ist und darstellt."

Das weiß man ja eigentlich, dass dem so ist. Im Sommer scheint die Sonne, im Winter schneit es, und Uli Hoeneß ist der personifizierte FC Bayern.

Aber jetzt ist dieser einfache Satz eben der Impuls zum Schleusenöffnen gewesen, und noch vor den Rekordzahlen kommen auf dieser Jahreshauptversammlung des FC Bayern München: die Tränen.

Es dauert dann eine Weile, bis Uli Hoeneß sich von seinem Stuhl erhebt. Er presst die Lippen zusammen. Für einen Moment sieht er, ja wirklich: fast demütig aus. Und das wird jetzt vermutlich das Bild sein, das in den nächsten Tagen im Fernsehen rauf und runter läuft. Uli Hoeneß im Zentrum eines Rührstücks außerordentlich bayerischer Prägung.

Gegen den Präsidenten des FC Bayern läuft bekanntlich ein Steuerverfahren, im März muss er sich vor dem Landgericht München II verantworten. Freispruch, Bewährung, Haft, nichts erscheint derzeit völlig ausgeschlossen. Und nun ist Uli Hoeneß, der Präsident, also das erste Mal auf das Volk getroffen. Jedenfalls auf jenen Teil des Volkes, dessen Meinung für ihn alleine maßgeblich ist: das Volk der Bayern-Mitglieder.

3573 von ihnen sind da. Als Uli Hoeneß um 19 Uhr den Saal betritt in der Basketball-Halle des FC Bayern, gibt es schon mal minutenlangen Applaus. Es geht also gut los für den Spiritus Rector. Dann die Worte von Rummenigge anderthalb Stunden später. Uli Hoeneß presst die Lippen zusammen und sagt: "Ich bin überwältigt."

Ich habe einen großen Fehler gemacht

Dann kommen die Rekorde. Und dann kommt am Schluss noch mal Hoeneß - und es wird sich zeigen, dass das mit der plötzlich aufflackernden Demut doch nur ein kurzer emotionaler Ausrutscher war.

Uli Hoeneß weint nicht nur. Uli Hoeneß weint - und kämpft.

Aber zunächst mal die Rekorde. Der FC Bayern, so kann man das bündig zusammenfassen, wird immer reicher und immer beliebter. Alleine seit dem Champions-League-Sieg im Sommer sind mehr als 25.000 Leute dem Verein beigetreten, erstmals in der Geschichte überstieg die Mitgliederzahl die Zweihunderttausender-Marke: 223.985 Menschen führen inzwischen ihren Jahresbeitrag nach München ab.

Und natürlich überrascht es nicht, dass im Triple-Jahr auch die wirtschaftlichen Kennzahlen alles bisher da gewesene in den Schatten stellen: Der Umsatz der FC Bayern AG betrug im Geschäftsjahr 2012/2013 393,9 Millionen Euro. Das sind über 60 Millionen mehr als im Vorjahr (332,2). Und wenn man die Arena in Fröttmaning hinzurechnet, die dem Klub ja ebenfalls gehört, stieg der Konzern- Umsatz sogar erstmals auf über 400 Millionen: nämlich auf 432,8 Millionen. Der Gewinn nach Steuern wurde von 11,1 Millionen auf 14 Millionen Euro gesteigert. Karl-Heinz Rummenigge fasste das Bayern-Glück in die Worte: "Das ist vielleicht die beeindruckendste, die schönste Zeit, die wir in 113 Jahren FC Bayern gerade erleben. Ich glaube, es war nie schöner, Fan des FC Bayern zu sein."

Dann kommt Uli Hoeneß noch mal dran, und hätte es vorher diesen kurzen emotionalen Moment nicht gegeben, wäre vom Bayern-Präsidenten an diesem Abend wohl vor allem ein äußerst angriffslustiger Eindruck geblieben: "Ich habe einen großen Fehler gemacht", sagt er, jetzt schon wieder sehr gefasst, und geht kurz auf seine Steuerhinterziehung ein. Aber: "Ich habe über all die Jahre zig Millionen an persönlichen Einnahmen versteuert, ich habe über fünf Millionen Euro an soziale Einrichtungen gespendet." Nein, er wolle sich damit "nicht reinwaschen" und werde sich "den Konsequenzen stellen: Jetzt kommt es zum Prozess. Ich vertraue auf die bayerische Justiz, und ich vertraue darauf, dass ich einen fairen Prozess bekommen werde". Trotz mancher "medialen Vorverurteilung".

Die diversen Rücktrittsforderungen, insbesondere, was sein Amt als Aufsichtsrats-Chef der FC Bayern AG angeht? "Damit", sagt Hoeneß, "habe ich mich nie beschäftigt", weil ja diese Forderungen "nur von außen kamen". Und damit nicht aus der Bayern-Familie heraus. In deren Hände will er nach dem Prozess sein Schicksal legen. Er werde, sobald das Urteil gesprochen ist, darum bitten, "eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen, und ich werde Ihnen dann die Vertrauensfrage stellen. Ich möchte in Ihre Hände die Frage legen, ob ich noch der richtige Präsident für diesen Verein bin".

Wie das ausgehen wird, ist wohl schon klar, lange bevor Uli Hoeneß am Mittwoch das Thema "Freibier" zur Sprache bringt.

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