Italiens Fußballskandal:Mit aller Härte? Ach was!

Das Berufungsgericht hat die Strafen im Manipulationsskandal gemildert. Damit wird deutlich: Italiens Fußball ist nicht in der Lage, sich selbst zu reinigen, sondern macht munter weiter.

Jürgen Schmieder

Was haben die Fußballfans in aller Welt aufgeatmet vor zwölf Tagen, als die Urteile im Manipulationsskandal verkündet wurden: Juventus Turin, Lazio Rom und der AC Florenz wurden zum Abstieg verdonnert, der AC Mailand aus der Champions League ausgeschlossen und mit 30 Strafpunkten für die kommende Saison belegt.

Mit aller Härte? Ach was!

Das denken die Fans: Auf einem T-Shirt steht "Dreckige, Ihr seid eklig".

(Foto: Foto: dpa)

Jawohl, dachte man sich da, es gab zwar einen Skandal, aber die italienische Justiz hat reinen Tisch gemacht, die Verantwortlichen hart bestraft und mit den Urteilen auch ein Zeichen gesetzt: Wer betrügt, muss mit drastischen Strafen rechnen.

Gerade, als man sich darüber freuen wollte, dass wenigstens im Fußball hart durchgegriffen wird, kommt der nächste Schock beziehungsweise das nächste Verfahren.

Das endete so: Rom und Florenz dürfen in der Serie A bleiben und haben mit elf respektive 19 Strafpunkten eine reelle Chance auf den Klassenerhalt. Juventus Turin muss zwar absteigen, kann aber mit nunmehr nur 17 Minuspunkten den direkten Wiederaufstieg schaffen.

Und der AC Mailand darf gar - so will es das Urteil - an der Champions League teilnehmen und hat mit acht Punkten Abzug für die kommende Saison nur eine kleine Hypothek.

Doch damit nicht genug: Alle vier Klubs sind nicht einmal mit diesem sehr abgeschwächten Urteil zufrieden und kündigen nochmals Einspruch an. "Wir können das Urteil nicht akzeptieren. Juve bezahlt zuviel für alle", sagt Juventus-Präsident Giovanni Cobolli Gigli. Und Florenz-Präsident Diego Della Valle legte noch einen drauf: "Wir werden kämpfen, bis wir wieder in der Champions League spielen dürfen." Der Start der Serie A wird sich um mehrere Wochen verschieben, da die nächsten Urteile erst im August fallen dürften.

Was passiert da gerade im italienischen Fußball? Die Vereine werden so lange ihre Anwälte in die Prozesse hetzen, bis sie Richter finden, die ihnen vielleicht sogar Freispruch gewähren. Das Signal wäre verheerend: Wenn alle vier Vereine ungeschoren aus einem der größten Manipulationsskandale in der Geschichte des Fußballs davonkommen, wäre das ein Freibrief für alle dunklen Gestalten. Das Urteil als Abschreckung? Das ist es schon jetzt nicht mehr.

Die italienische Justiz hat mit dem Urteil vom Dienstag bewiesen, dass sie den Fall nicht alleine lösen kann. Eine andere Instanz muss einschreiten, um die Höhe der Strafen zu bestimmen.

Nach dem Subsidiaritätsprinzip darf die höhere Instanz nicht eingreifen, so lange die Probleme vom kleineren Partner gelöst werden können. Es besagt aber auch, dass sie eingreifen muss, wenn dies nicht der Fall ist.

Die Uefa und auch der EU-Gerichtshof müssen nun bemüht werden. Schließlich geht es in diesem Fall nicht nur um die italienische Serie A, sondern auch um die europäischen Wettbewerbe Champions League und Uefa-Cup.

Man stelle sich nur vor: Der AC Mailand nimmt an der Champions League teil und gewinnt diese auch noch - die Teilnahme wurde durch Manipulation erkauft und damit auch der mögliche Titel. Die kommende Fußballsaison droht, zur Farce zu verkommen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: