Investor Kühne beim Hamburger SV:Gekränkter Milliardär schlägt zurück

Klaus-Michael Kühne

Unzufrieden: Klaus-Michael Kühne beim HSV

(Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Lange hat der Investor des Hamburger SV geschwiegen. Nun wehrt sich Klaus-Michael Kühne mit starken Worten gegen seine Kritiker - und droht sogar mit Ausstieg.

Von Carsten Eberts

Wie viele neue Spieler der Hamburger SV vertragen könnte? Na sicherlich zehn! Das offensichtlich unabsteigbare Bundesliga-Gründungsmitglied will endlich eine sorgenfreie Spielzeit erleben, dazu braucht es frisches Personal. Zwar startet die Liga erst Mitte August, doch der HSV hat bereits fast vier Wochen kostbare Sommerpause verstreichen lassen. Die Anzahl der neu verpflichteten Spieler liest sich bislang kümmerlich: Es sind null.

Das liegt auch an Edelfan und Investor Klaus-Michael Kühne. Schon seit einigen Jahren lässt sich beobachten, dass der HSV nur dann Geld investieren kann, wenn Kühne gute Laune hat. Sprich: Wenn er seine Privatschatulle öffnet.

Und aktuell hat Kühne gar keine gute Laune. Er schmollt. Nach dem in letzter Sekunde bewerkstelligten Klassenerhalt in der Relegation schwieg der 78-jährige Logistik-Milliardär wochenlang, nun meldet er sich in einem schriftlichen Statement zurück. Er fühlt sich unverstanden, zu Unrecht kritisiert - und bietet im Zorn den Verkauf all seiner HSV-Finanzanteile an.

Es war der Auftritt von HSV-Plus-Initiator Ernst-Otto Rieckhoff vor einer Woche bei der Mitgliederversammlung, der Kühne die Stimmung verhagelt hat. Rieckhoff ist einer, der häufig stinkstiefelt, wenn es um den HSV geht. "Bislang komplett in die Hose gegangen", sei die Arbeit der neuen HSV-Spitze, ereiferte sich Rieckhoff auf der Versammlung. Er habe "Entscheidungen mit desaströsen Auswirkungen" gesehen. An Kühne gerichtet, der zuletzt 7,5 Prozent der HSV-Profianteile für 18,75 Millionen Euro erworben hatte, wurde der Ton des früheren Aufsichtsratschefs noch schärfer: "Von einem guten Deal zu sprechen, trifft für Herrn Kühne zu, nicht für den HSV."

Zum Hintergrund: Der Gesamtwert des HSV wurde beim Anteilsverkauf auf 250 Millionen Euro taxiert, Rieckhoff hätte den Wert gerne bei 400 Millionen gesehen. Zu dem vergleichsweise günstigen Preis durfte sich Kühne also beim HSV einkaufen, in die Wege geleitet durch den Aufsichtsratsboss Karl Gernandt, der unter Kühne in dessen Unternehmen "Kühne & Nagel" angestellt ist. Eine "zu große Nähe zum Investor" attestierte Rieckhoff. Seine Conclusio: Der HSV habe sich gewaltig unter Wert verkauft - und Kühne profitiere davon.

Es geht darum, Spieler loszuwerden

Bei Kühne, der in der Schweiz lebt, führten diese Aussagen zur schweren Verstimmung. Acht Tage feilte Kühne an seiner Antwort, dann schrieb er: "Was Herrn Rieckhoff dazu bewogen hat, sich jetzt über mich und insbesondere über Herrn Gernandt derart negativ zu äußern, ist mir vollkommen rätselhaft."

Rieckhoffs Annahme, der HSV sei bis zu 400 Millionen Euro wert, liege für Kühne "jenseits jeglicher realer Betrachtungsweise". Kühne sagt: "Für mich lag der Wert der HSV Fußball AG (...) bei allenfalls 200 Mio. Euro. Nur widerstrebend habe ich mich bereit erklärt, um den Verein zu entschulden, einen beträchtlichen Teil meines Darlehens in eine Beteiligung umzuwandeln und hierfür einen Wert der HSV Fußball AG von 250 Mio. Euro zu akzeptieren."

Seine abschließende Drohung: "Ich bin gern bereit, meine Aktien an Herrn Rieckhoff oder einen von ihm zu benennenden Dritten zu meinem Einstiegspreis (...) wieder zu veräußern, da ich überhaupt kein Interesse habe, aus dieser Sache einen kommerziellen Nutzen zu ziehen." Klingt nach: Entweder ihr entschuldigt euch, oder ihr macht euren Kram alleine.

Der HSV ohne Kühne? Schwer vorstellbar. In Ermangelung weiterer Geldgeber war es der Milliardär, der dem Klub zuletzt alle nennenswerten Transfers ermöglichte. Auch der letzte Nostagie-Coup ging auf Kühnes Konto: Er kaufte dem HSV die Namensrechte für die eigene Arena zurück, die somit nach vielen Jahren wieder Volksparkstadion heißen wird.

Kühnes Ausstiegsdrohung dürfte, so spekulieren Hamburger Medien, eher im Zorn gefallen sein, als dass der Milliardär ernsthaft das Ende seines Engagements plane. Fest steht jedoch, dass der HSV vorerst nicht mit einer neuerlichen Finanzspritze für Spielerkäufe rechnen sollte. So geht es vorerst darum, Spieler loszuwerden: Die Verträge von Rafael van der Vaart (Betis Sevilla), Marcell Jansen, Ivo Iličević und Gojko Kačar (alle Ziele unbekannt) wurden nicht verlängert. Auch Maxi Beister und Lasse Sobiech sollen gehen. Nun wird wohl auch eines der wenigen verbliebenen Juwele den Klub verlassen: Jonathan Tah ist sich mit Bayer Leverkusen weitgehend einig.

Angeblich soll der Deal sechs Millionen Euro in die Kassen spülen. Dieses Geld könnte Trainer Bruno Labbadia dann tatsächlich für neue Spieler aufwenden. Spekuliert wird in Hamburg über Hochkaräter wie Michael Gregoritsch (VfL Bochum), Ali Ghazal (Nacional Funchal) oder Nampalys Mendy (OGC Nizza).

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