Inventur beim FC Bayern:Unerfüllte Versprechen

Denkmalschutz im Tor, der unsichtbare Spielmacher und eine neue Finanzpolitik: Was wurde erreicht? Wer darf bleiben? Wer wird gehen?

SZ-Inventur

Der FC Bayern hat eine schier unstillbare Sehnsucht nach Endspielen, aber diese Art Endspiel hat er nicht gewollt. Das Endspiel, das am Samstag um 15.30 Uhr beim VfB Stuttgart angepfiffen wird, ist schon deshalb kurios, weil es gar keinen finalen Charakter besitzt - nach Abpfiff verbleiben vier weitere Spieltage zu einer Korrektur der Tabelle. Sollten die Münchner aber verlieren, lägen sie schon fünf Punkte hinter dem VfB, das wäre kaum aufzuholen und hätte gewaltige Folgen für Renommee, Finanzen und Personalpolitik. Denn der Liga-Vierte ist kommende Saison in der Champions League nicht dabei, während der Dritte immerhin die Chance hat, sich in der Qualifikation zu behaupten.

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Ein ,,Übergangsjahr'' hatte Uli Hoeneß die Nach-Ballack-Saison genannt, es sollte geforscht werden, welche versteckten Reserven im Kader schlummern. Positiv überrascht haben wenige, und so wird im Klubzentrum an der Säbener Straße nun Inventur gemacht. Wer muss gehen? Wer kommt? Welche Kraftakte auf dem Transfermarkt sind überhaupt möglich, wenn die Münchner erstmals seit 1994/95 (Platz sechs) nicht mindestens Dritter werden? Und welche Berühmtheiten lassen sich locken, falls die Bayern nur im Uefa-Pokal ran dürfen, in jenem Wettbewerb, den Franz Beckenbauer als ,,Cup der Verlierer'' verspottet?

Verschwiegen wie selten suchen die Bayern nach verlorener Saison die neue Perspektive. Wenig dringt hinaus aus den Amtszimmern von Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß, doch legt die Vielzahl der Indizien nahe, wie die Inventur ausfallen könnte. Womöglich so:

Unerfüllte Versprechen

Die Torhüter

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Unter Denkmalschutz

Die Gesetzgebungskompetenz für Denkmalschutz liegt in Deutschland bei den Bundesländern, für Oliver Kahn ist das ein Glück. Außerhalb Deutschlands werden deutsche Denkmäler nämlich nicht so gut behandelt, der Kalifornier Klinsmann etwa hat das deutsche Denkmal einfach in die Abstellkammer gestellt. Im Freistaat Bayern aber wird das nicht passieren.

Oliver Kahn, denkmalgeschützter Torwarttitan, wird auch in der nächsten Saison das Münchner Tor hüten, und wer genau nachmisst, wird feststellen, dass das Denkmal immer noch gleich groß ist. Oliver Kahn ist immer noch 1,88 Meter, er sieht nur kleiner aus. In der öffentlichen Wahrnehmung ist er ein bisschen mitgeschrumpft in dieser Saison, in der andernorts kleinere (Rost) und ganz kleine Denkmäler (Butt) abmontiert wurden.

Auch Kahn wird damit leben müssen, dass der Erfolg der Nachwuchstitanen Neuer (Schalke) und Adler (Leverkusen) gegen ihn verwendet wird, obwohl er nichts dafür kann. Kahn hat eine anständige Saison hinter sich, er hat ein paar schwer Haltbare gehalten und nicht sehr viele Haltbare reingelassen, aber er darf sich darauf gefasst machen, dass in der neuen Saison jedes noch so kleine Zögern beim Herauslaufen und jeder Abschlag ins Nichts von den Medien genüsslich ausgeweidet wird.

Kahn, 37, hat nämlich auch einen Nachwuchstitanen hinter sich sitzen, der langsam unruhig wird. Michael Rensing, 22, weiß die Eigendynamik der Liga hinter sich, und es hätte eine gewisse Logik, mit der Neuordnung der Hierarchie auf der Torwartposition zu beginnen. Rensing solle künftig etwas häufiger spielen, hat Trainer Hitzfeld gesagt, die Deutung des Satzes aber offen gelassen. Spielt Rensing künftig im Pokal? Bekommt Kahn in der Liga Pausen verordnet? Aber mehr wird wohl nicht passieren: Hitzfeld will Kahn noch, als Motivator, Türeintreter und ein bisschen auch als Torwart.

Und ehrlich gesagt: Ein Karriereende mit einer Fußball-WM auf der Bank, mit Platz vier in der Liga und einem Champions-League-Aus mit vorausgegangenem Pipibecherweitwurf - das würde Kahn vermutlich nicht mal Jens Lehmann wünschen.

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Hoeneß/Rummenigge/Breitner

Das Gremium

Zu den Mysterien der Saison zählt auch die Aufnahme Paul Breitners in den Gutachterstab. Mit Uli Hoeneß hat ihn zu gemeinsamen Spielerzeiten zwar eine enge Freundschaft verbunden, doch herrschte über viele Jahre eine auf beiden Seiten gepflegte Distanz. Die Kolumnen des berüchtigten Dauernörglers (,,Bayern an den Wurzeln erkrankt'') nahm Hoeneß bestenfalls seufzend zur Kenntnis.

Neuerdings firmiert Breitner aber als ,,externer Berater'', der ,,von Fall zu Fall'' eine Expertise für potentielle Transferfälle abgeben soll. Breitners Fußballererfahrung mag beträchtlich sein, doch stellt sich dringend die Frage, ob seine Reaktivierung zeitgemäß ist in der Branche, die aus der Spielersichtung eine nachrichtendienstliche Wissenschaft gemacht hat.

Seine Heimholung ist wohl auch ein Reflex auf die Kommunikation im Verein, die zuletzt nicht mehr so ergiebig zu sein schien und Hoeneß in der Umgebung Karl-Heinz Rummenigges und des notorischen Teetrinkers Felix Magath ein wenig einsam und freudlos wirken ließ. Das karge Innenleben spiegelte sich nach außen: Nie waren die Herren des FC Bayern so still und so diskret. Von Rummenigge, der seltsam in den Hintergrund getreten ist, bleibt vor allem eine Fehleinschätzung erinnerlich (,,ohne Ballack werden wir besser und schöner spielen'').

Hoeneß prägte immerhin im November den Spruch des Jahres, als alle vom Tabellenführer Bremen schwärmten und er trotzig protestierte: ,,Der Nikolaus war noch nie der Osterhase.'' Mit dem im Zwangsurlaub erneuerten Trainer Hitzfeld hat er nun wieder einen Partner an seiner Seite, der ihm mehr Austausch bietet (und auch ein Glas Rotwein mittrinkt). Vereint werden die Männer außerdem durch den Zorn auf die Kritik der Balkenpresse, das sportliche Problem der Bayern sei auch eine Altersfrage seiner Führung. Eine Renovierung der Mannschaft mit strategischem Weitblick wäre die überzeugendste Antwort auf diese Respektlosigkeit.

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Die Abwehr

Die wilde Horde

Wenn das wirklich stimmt, haben die Arbeitskollegen von Daniela van Buyten eine Zeitlang recht gefährlich gelebt. Aber sie konnten ja nicht wissen, dass der Vater der belgischen Innenverteidigerin ein Proficatcher gewesen ist; sonst hätten sie dessen stattlichen Sohn - 1,96 Meter, 96 Kilo! - korrekterweise Daniel und eben nicht Daniela genannt (nur weil er lange Haare trägt).

Den Frauenvornamen ist van Buyten angeblich nach seinen beiden Toren von Mailand losgeworden, sie haben ihn wieder zum Mann gemacht. Geblieben ist dem Zehn-Millionen-Einkauf (doch, doch: zehn Millionen) allerdings das fehlende Gespür für die Situation, welches ein Innenverteidiger in eine Viererkette einbringen sollte. Weil auch sein Partner Lúcio mehr Temperament einbringt, als Kommunikation oder gar Koordination, ist die Verteidigung der Bayern diese Saison eher als wilde Horde zu bezeichnen und nicht als standfester Verbund.

Zumindest die Kommunikation ließe sich verbessern, wenn es Lúcio beispielsweise einmal mit dem Latino-Kameraden Demichelis versuchte. Der ist gelernter Innenverteidiger, hat sich dort aber nie dauerhaft beweisen dürfen. Demichelis trägt übrigens ebenfalls lang und hätte wohl keine Probleme, riefe man ihn nicht Martin, sondern Martina. Wenn er nur spielte.

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Santa Cruz bis Pizarro

Die Latino-Fraktion

Als der FC Bayern Mitte November in Leverkusen antrat, hatte die Partie auch in der Schweiz einen aufmerksamen Beobachter. Schon damals bereitete sich Ottmar Hitzfeld moralisch darauf vor, erste Hilfe bei seinem alten Klub zu leisten, und als Athirson nach 80 Minuten das 2:1 für Bayer 04 schoss, da packte der Trainer im Geiste wohl bereits den Koffer. Doch ein paar Minuten später räumte er seine Sachen wieder in den Schrank: Demichelis, damals ausnahmsweise auf seinem angestammten Posten als Innenverteidiger aufgeboten, und Pizarro wendeten das Spiel noch mit ihren Toren, Magaths Dank war groß.

Dass Rudi Völler die beiden der Spielverderberei bezichtigte, trifft sich mit der Meinung vieler Bayern-Fans, die an ihrer Latino-Fraktion in dieser Saison wenig Freude hatten, zumal die Rettung Magaths nicht mehr als Wohltat angesehen wird.

Bestandsaufnahme: Julio dos Santos, einst als ,,neuer Ballack'' gepriesen, verschwand nach Wolfsburg, wo er, da grob verletzt, kaum spielte. Längst ist klar, warum beim Kauf des Paraguayers im Winter 2005/06 lediglich der inzwischen zweitklassige FC Cadiz als Konkurrent auftrat. Tendenz: Kehrt mangels Verwendung beim VfL nach München zurück. Claudio Pizarro wird er dort nicht mehr antreffen, seine Chance auf einen neuen Vertrag hat der Peruaner verzockt. Hitzfeld und Hoeneß wollen ihn nicht behalten, von seiner Unstetigkeit - im Privaten wie als Spieler (sechs Tore, alle in der Vorrunde) - haben sie genug.

Martin Demichelis (Vertrag bis 2010) darf bleiben, wird aber weiter eine Nebenrolle bekleiden. Auch Roque Santa Cruz, das ewig unerfüllte Versprechen, hat Aussicht auf Weiterbeschäftigung. Hitzfeld hat einen rätselhaften Glauben an die Erschließung seiner verschütteten Fähigkeiten.

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Mehmet Scholl

Der Unsichtbare

Gut, dass die Bayern vor dem triumphalen Abschluss ihrer erfolgreichsten Saison überhaupt stehen mit dem Gewinn von Champions League, Meisterschaft und Pokal. Sonst wäre vielleicht aufgefallen, dass sich dort, wo Intelligenz und Ideen gefragt sind, ein gähnendes Loch zeigt. Weil sie aber Mittelfeldstrategen und Spontanentscheider kippliger Spiele im Dutzend haben, konnten sie es sich locker leisten, Mehmet Scholl schon vorab in den Ruhestand zu schicken.

Sarkasmus beiseite: Dass man ausgerechnet den sehenswertesten Ballvirtuosen auf seiner Abschiedstournee praktisch nicht zu sehen bekam, ist sowohl beklagenswerter Irrtum wie schreiendes Unrecht, weil seine halbstündigen Einsätze vermutlich optischen Reiz wie schieren Nutzwert gehabt hätten.

Nun ist Schluss, und alle sind traurig. Bayern Ministerpräsident Edmund Stoiber hat dieser Tage in einem Interview gesagt: ,,Mehmet Scholl war immer mein Lieblingsspieler'', und mit dieser Aussage dürfte er auf eine Zustimmung von weit über CSU-übliche 60 Prozent kommen. Das Interview hat Stoiber übrigens für einen Mehmet-Scholl-Abschiedsfilm gegeben, der keine Stereotype à la ,,Servus Scholli'' sein will. Die Kamera führt Scholls Schwiegervater. Das weist daraufhin, dass der Streifen außergewöhnlicher werden wird.

Denn Scholls Schwiegervater ist Igor Luther, der 1979 mit Volker Schlöndorff ,,Die Blechtrommel'' drehte. Dass sie Scholl nicht mehr spielen ließen, hat also auch Positives: So hatte der Hauptdarsteller mehr Zeit für den Film. Danach soll Scholl bei den Bayern wieder mitspielen dürfen: beim Abschiedsspiel - und im Management. Nur in welcher Funktion, weiß noch keiner.

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(Foto: Foto:)

Owen Hargreaves

Bank von England

Aus England wurde jetzt bekannt, dass Michael Ballack inzwischen ernsthaft Gefallen am englischen Frühstück gefunden hat. Besonders gern mag er gebackene Bohnen, und feiertags, wenn sein FC Chelsea nicht gerade vor dem nächsten Endspiel gegen Manchester United steht, isst er sogar diese undefinierbaren wabbeligen Würstchen.

Es sollte also auch Owen Hargreaves nicht schwer fallen, sich in England einzuleben, selbst wenn er sich in den zehn Jahren beim FC Bayern an die Münchner Feinkost gewöhnt haben mag. Dass Hargreaves künftig bei Manchester United spielen wird, ist ungefähr so wahrscheinlich wie die Annahme, dass der globale Klimawandel durch den Menschen verursacht wurde. Leugnen zwecklos.

Die Bayern können dem Spieler nicht ein weiteres Mal nein sagen, nachdem sie im vorigen Sommer seine intensiven Bitten abgewiesen hatten. Der Grundsatzbeschluss soll auch bereits erfolgt sein. Angeblich, heißt es aus England, gab es nach dem Mailand-Spiel eine Kontaktaufnahme mit Manchester, die Übernahmeentschädigung wird auf 18 Millionen beziffert - Pfund Sterling, was 26,5 Millionen Euro entspricht.

Damit kann man einiges anstellen - einen Hargreaves in Bestform, die er vor seiner schweren Verletzung hatte, aber nur schwerlich ersetzen.

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Das Mittelfeld

Im Loch

Fragen nach Michael Ballack sind verboten beim FC Bayern, und wer sich an dieses Gesetz nicht hält, riskiert eine ordentliche Standpauke. Ballack wiederum, so ist zu hören, amüsiert sich ganz außerordentlich, wenn er in seiner Freizeit von der britischen Insel aus mit einem Fernglas nach München blickt und dort vor allem einen tiefen Krater entdeckt, von dem er glaubt, er habe ihn hinterlassen.

In dieses Mittelfeldloch sind die Bayern jedenfalls regelmäßig selbst hineingeplumpst, weil sie, wie auch ihnen allmählich aufgeht, keinen diplomierten Architekten fürs Erschaffen tragbarer Konstruktionen beschäftigen. Sondern nur Facharbeiter, deren Abstürze stets eine gewaltige Sogwirkung auf die Kollegen in Abwehr und Sturm ausüben.

Nun ist Ballack auch nicht gerade ein Zimmermann mit dem Sinn für die Ornamentierung gewesen; aber vielleicht doch wenigstens ein präsenter Polier, der außerdem in seinen beiden letzten Bayern-Jahren insgesamt 27 Tore erzielte, gerne mit der Stirn. Alle Münchner Mittelfeldspieler kommen bislang nur auf 14 Tore, durch Flanken wurden übrigens ganze fünf Tore vorbereitet - schlechter ist in dieser Rubrik nur Mainz (drei). Und was wäre aus den Bayern eigentlich geworden, wenn sie nicht zufällig im Sommerschlussverkauf den tadellosen holländischen Vorarbeiter van Bommel erstanden hätten? Wohl ein UI-Cup-Kandidat.

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Das Geld

Säcke bis zum Dach

Nun werden die Bayern also Geldsäcke stapeln, um über diese Leiter aus dem Loch herauszufinden. Wer sie ans Tageslicht führt? Vermutlich verzichten die Münchner bei der Akquise mal wieder aufs Fernglas, darauf sollte die Binnenkonkurrenz aus Hamburg oder Bremen gefasst sein.

Geldsäcke sind jedenfalls reichlich vorhanden, sie würden aufgestapelt weit über das Arena-Dach hinaus reichen. Rund 160 Millionen Euro Festgeld und die Vertragsverlängerung mit Hauptsponsor Telekom ermöglichen jenes ,,aggressive Vorgehen'', das Manager Hoeneß schon beim Trainingslager in der Luxuswelt Dubais ankündigte.

Und auch die Arena dürfte den Investitionstrieb kaum bremsen: Soeben hat die Stadion GmbH (an der Bayern seit einem Jahr 100 Prozent der Anteile hält) ihre Bilanz 05/06 vorgelegt, und dort ist, vor Abschreibungen, ein Gewinn von gut einer Million Euro ausgewiesen; sogar eine nicht geplante Sondertilgung in Höhe von fünf Millionen war möglich.

Dass man Punkte jedoch allenfalls in Italien kaufen kann, ist den Bayern heuer allzu häufig klar geworden. Sogar Finanzvorstand Hopfner litt, wie er kürzlich in Hannover andeutete: Nach dem 2:1-Sieg musste er zwar nach einer Ewigkeit mal wieder eine Auswärtsprämie anweisen, doch Hopfner rief: ,,Mach' ich gerne!''

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Poldi & Schweini

Das Sommerpärchen

An dieser Stelle erst die gute Nachricht: Bastian Schweinsteiger ist ein wichtiger Spieler beim FC Bayern. Um die exakte Wichtigkeit zu ermitteln, gibt es in München einen verlässlichen Seismographen, wobei es sich - um ehrlich zu sein - um kein ganz klassisches Messgerät handelt. Es handelt sich um eine Art Farbometer, welches bei Messexperten unter dem Fachbegriff U.Hoeneß firmiert, und vereinfacht gesagt funktioniert das Gerät so: Je farbiger das Gesicht von U.Hoeneß, desto wichtiger der Spieler.

Wenn er über Schweinsteiger sprach, ist das Gesicht von U.Hoeneß in dieser Saison oft sehr farbig gewesen. ,,Aufwachen'' müsse der Spieler, so Hoeneß, ,,und begreifen, dass das Sommermärchen vorbei ist''. Solche warmen Worte schenkt Hoeneß nur Spielern, die er sehr lieb hat. Über Lukas Podolski, die zweite Hälfte des deutschen Sommerpärchens, hat er nicht so liebevoll gewettert, was beweist, dass der leidenschaftliche Kölner Podolski noch immer kein echter Bajuwar ist.

Poldi & Schweini, das sollte beim FCB eine gemeinsame Marke werden wie beim DFB, aber fürs Erste sind zwei Einzelschicksale draus geworden; hier der Poldi, der den Verdacht, es könnte sich bei ihm um einen Konterstürmer handeln, eher bestätigt als entkräftet hat; dort der Schweini, der sich von Freundin (vorübergehend) und Berater trennte, dafür aber von einer Zecke stechen ließ.

Sollte es dem FCB gelingen, einen sehr wichtigen Spieler für den Sturm und einen sehr wichtigen Spieler fürs zentrale Mittelfeld zu kaufen, wäre dem Sommerpärchen sehr geholfen. Sie müssten dann nicht mehr zwei Markenartikel sein, die Spiele am besten allein entscheiden. Sie dürften dann zwei ganz normale, vielleicht sogar wichtige Spieler sein.

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Die Zahl 7

Die 7 gilt als große, als positive Zahl: sieben Zwerge, sieben Berge, Siebenmeilenstiefel, Spiel 77 - und auch für die Bayern soll die 7 künftig eine tragende Rolle spielen. Falsch ist, dass sich die Münchner in ihrer Not einen Rat bei ihrer Lieblingsband Die Toten Hosen (,,Die 7 ist alles!'') geholt haben, richtig vielmehr, dass die neue Wertschätzung der 7 auf Ottmar Hitzfeld zurückzuführen ist: Sieben aktuelle deutsche Nationalspieler möge der Branchenführer im Kader haben, hatte der Trainer jüngst verlangt. Drei sind es, Lahm, Schweinsteiger, Podolski, hinzu kommen Kandidaten wie Ottl oder Rensing. In den Transfers des Sommers wird nun der Versuch gemacht, der Hitzfeld-7 nahe zu kommen.

Von den drei Neuen, die verkündet sind, trug zumindest einer, Aachens Jan Schlaudraff, 23, schon das Nationaltrikot; der Schalker Hamit Altintop, 24, spielt für die Türkei, José Ernesto Sosa, 21, von Estudiantes de la Plata ist Argentinier. Kommt zudem Marcell Jansen, 21, der Gladbacher, wären die Bayern bei der Nationalspielerzahl 5 - und sie hätten mal wieder einen Linksfuß. Nur: Diese vier Neuen kickten bislang auf den beiden Außenbahnen. Es wird also eng.

Die 7 ist aber nicht nur die Richtzahl für die deutschen Nationalspieler, sie gilt auch als Orientierung für die komplette Personalplanung der Bayern. Sieben Neue, so heißt es, sollen den Kader wiederbeleben, was fehlt, ist Stimulanz für die Spielmitte. Und nun gibt es Münchner, die behaupten steif und fest, sie hätten vergangene Woche den Bremer Diego am Marienplatz entdeckt. Es gibt andere, die entgegnen, Halluzination!, das Wetter!, das könne nicht sein - wenn, dann sei dieser Diego doch der Hamburger van der Vaart gewesen, weil...

Die Münchner müssen ihre kreativarme Mitte beleben, Diego oder van der Vaart passen beide gut ins Beuteschema. Weitere Kandidaten der jüngsten Debatte: Luca Toni, der Stürmer, habe von sich aus abgesagt, heißt es, Franck Ribery, den Franzosen, hätten die Bayern nicht mehr gewollt, Arjen Robben wolle den FCChelsea nicht verlassen, Emerson, der Brasilianer, jedoch Real Madrid.

Wie dabei die deutsche Hitzfeld-7 voll wird? Vielleicht so: Klose wäre die Sechs, Deisler die Sieben - die Münchner haben Deislers Rücktritt akzeptiert, ihn aber immer noch nicht aufgegeben.

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