Interview mit Klaus Allofs:"Das Gleichgewicht stimmt nicht mehr"

Werder Bremens Sportdirektor Klaus Allofs über Miroslav Klose, Rafael van der Vaart und die neue Macht von Profis und Spielerberatern.

Ralf Wiegand

SZ: Nun kam es, wie es kommen musste - Miroslav Klose ist bei seiner Rückkehr nach Bremen gnadenlos ausgepfiffen worden. War es im Nachhinein eine gute Idee, ihn auch noch offiziell zu verabschieden, Herr Allofs?

Interview mit Klaus Allofs: Klaus Allofs: "Natürlich hätten wir hart bleiben können."

Klaus Allofs: "Natürlich hätten wir hart bleiben können."

(Foto: Foto: Reuters)

Allofs: So verabschieden wir eben unsere Spieler. Normalerweise machen wird das am Saisonende, wenn dann ein Wechsel schon feststeht. Das ging in diesem Fall ja nicht. Es war mit allen Beteiligten so abgesprochen. Ich kann es jetzt auch nicht mehr ändern.

SZ: Wie war der Kontakt zwischen Werder und Klose rund um dieses Spiel?

Allofs: Ganz normal. Ich weiß auch gar nicht, was die Leute da für Vorstellungen haben - als ob wir verfeindet wären oder so etwas. Das ist überhaupt nicht so! Miro spaziert bei uns durch die Kabine, da gibt es gar kein Problem. Es ist den Leuten ja nahegelegt worden, dass sie pfeifen müssen. Da war von Hassgipfel die Rede, bis auch der letzte gewusst hat, dass es heute knallen muss. Miro ist jetzt ein Spieler des FC Bayern. Punkt. Das muss endgültig vorbei sein.

SZ: Die Begrüßung auf dem Platz war aber auch nicht so nett - nach drei Minuten senste Naldo seinen ehemaligen Mitspieler brachial um.

Allofs: Das war ein Foulspiel, ganz klar - und es beschreibt ganz gut unsere Situation. Naldo ist ja ein außergewöhnlich fairer Spieler, schon fast zu fair - manchmal wünschte ich mir, er würde sich mehr Respekt verschaffen. Aber was hatte er für einen Sommer? Erst lief er bei der Copa America fast nur verletzt herum, dann war er länger im Urlaub als die anderen. Jetzt fehlt ihm das Timing.

SZ: Stichwort Timing - das fehlte auch Klose bei seinem Wechsel. Sie wollen jetzt aber nicht behaupten, es sei ein gewöhnlicher Transfer gewesen?

Allofs: Nein, das war er sicher nicht. Klose und sein Berater hatten ja klar erklärt, dass Klose bis 2008 bleiben würde.

SZ: Wozu Sie sie gedrängt hatten.

Allofs: Nein! Wir haben eine klare Aussage verlangt. Wir haben Miro sicher nicht gezwungen zu sagen, dass er bleibt. Das hätte er nicht tun müssen. Aber klar ist doch, dass wir uns nicht von ungefähr intensiv darum bemüht haben, dass Miro bei uns bleibt. Wir sind überzeugt, dass er ein sehr, sehr guter Spieler ist. Den verliert man nicht gerne. Aber das sind nun die Gegebenheiten. Und wir sind eben nicht in der Lage, einen solchen internationalen Topspieler zu verlieren und am nächsten Tag gleichwertigen Ersatz dafür zu präsentieren.

SZ: Womit wir bei Sanogo wären, den Stürmer, den sie vom HSV holten. Fans und Medien sahen das kritisch.

Allofs: Ich habe die Sorge, dass man hier nicht mehr erkennt, wie die Gegebenheiten sind. Ich weiß noch genau, wie die Leute damals bei Klose gesagt haben: Was für ein Risiko! Für den kann man doch keine fünf Millionen ausgeben! Und ich kann mich auch noch daran erinnern, wie Uli Hoeneß gesagt, hat: ,Wir beim FC Bayern können keinen Diego holen, der bei Porto auf der Bank gesessen hat. Werder kann das.' Und eben das macht mir Sorgen: Dass wir uns in eine Richtung bewegen, in der die Leute sagen: Die können doch keinen Sanogo kaufen! Doch, das können wir. Das müssen wir sogar. Thierry Henry war nämlich zu teuer. Es war bei allen Spielern so, dass sie sich bei uns erst entwickelt haben.

SZ: Der HSV müsste, verlöre er Rafael van der Vaart, ebenso schnell Ersatz organisieren. Haben Sie Mitleid?

Allofs: Mitleid nicht. Aber ich glaube, dass inzwischen die Möglichkeiten für Spieler und Spielerberater sehr, sehr groß geworden sind, auch mit Hilfe der Öffentlichkeit ihre Vorhaben durchzusetzen. Es kann ja alles instrumentalisiert werden, bis hin zu Oma und Opa.

SZ: Also muss der HSV stark bleiben, um ein Zeichen zu setzen. Sie hatten ja auch angekündigt, Klose dürfe auf keinen Fall in der Bundesliga wechseln - und sind dann eingeknickt.

Allofs: Natürlich hätten wir hart bleiben können. Wir können das - und wir können es auch wieder nicht. Denn wem nützt es, einen unzufriedenen Spieler zu behalten? Es ist aber so, dass sich die Rechte total zu Gunsten der Spieler verschoben haben. Wenn ich allein an den Paragraphen 17 denke . . .

SZ: . . . eine Fifa-Regel, die älteren Spielern erlaubt, unter gewissen Bedingungen für niedrige Transfersummen aus einem Vertrag zu kommen . . .

Allofs: . . . auch wenn der letztlich beim Interesse von Juventus Turin an Torsten Frings keine Rolle gespielt hat - allein, dass so etwas überhaupt im Raum steht, ist doch pervers. Das Gleichgewicht stimmt nicht mehr - die Vereine schließen Verträge ab, um sie zu erfüllen. Die Spieler können theoretisch machen, was sie wollen.

SZ: Müsste man nicht zuerst die Wechselfristen verkürzen?

Allofs: Was würde das bringen? Dann haben sie das Theater eben zwei Wochen früher. So einfach ist es leider nicht.

SZ: Wer hat eigentlich den Blumenstrauß für Klose ausgesucht?

Allofs: Keine Ahnung - unser Blumenbeauftragter?

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: