Insolvenz der Charly Steeb GmbH:Suche nach dem Schuldigen

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Charly Steeb: In Geldnöten (Foto: dpa)

Charly Steeb hat die BMW Open in München in diesem Jahr kräftig aufgemöbelt und damit die Kosten des ATP-Turniers erhöht. Nun musste er Insolvenz anmelden und macht dafür Mitarbeiter Falk Nier verantwortlich.

Von Philipp Schneider

Falk Nier stand als Tennisprofi mal auf Weltranglistenplatz 870, nicht weit genug oben also, dass die Öffentlichkeit ihn wahrgenommen hätte. Falk Nier war auch einmal Teammanager des deutschen Davis-Cup-Teams, nur nicht lange genug, dass die Öffentlichkeit ihn wahrgenommen hätte. Falk Nier ist eher berühmt geworden als Berater von Jan Ullrich, dem ehemaligen Radprofi, dem Doping nachgewiesen wurde, ab und an gibt er also Interviews, die einer gelesen haben könnte; neulich meinte Falk Nier mal, Ullrich trage seine Lebensgeschichte "wie einen kleinen Rucksack" mit sich herum.

Normalerweise ist Falk Nier durchaus gut zu erreichen, doch am Montag war er es nicht. Dabei müsste er sich dringend erklären, denn die Charly Steeb GmbH hat vor ein paar Tagen Insolvenz angemeldet, und dies, tja, sei eben die Schuld des Mitarbeiters Falk Nier. Sagt Geschäftsführer Charly Steeb. Falk Niers Chef.

"Er hat Rechnungen und Dienstleistungen freigegeben, ohne Rücksprache zu halten. Und falsche Budgetplanungen vorgelegt", sagt Steeb. "Und er hat den richtigen Zeitpunkt verpasst, mir das mitzuteilen." So sei es dann gekommen, dass sich erst vor drei Wochen lauter Rechnungen auf Steebs Schreibtisch ansammelten. Ganz überraschend. "Ich muss mir den Vorwurf machen, dass ich seine Situation nicht erkannt habe: dass er sichtlich und über lange Zeit unter großem Druck stand und überfordert war."

Die Charly Steeb GmbH hat in diesem Jahr erstmals die BMW Open veranstaltet, ein ehemals beschaulich bescheidenes Tennisturnier der kleinsten ATP-Kategorie in München. Gemeinsam mit dem Vermarktungsriesen Sportfive, der auch viele Fußball-Bundesligisten betreut, hatte Steeb einen Bieterwettbewerb um das Turnier gewonnen - und es dann kräftig umgebaut: der VIP-Bereich wurde aufgehübscht, die Sitzschalen auf den alten Tribünen erneuert, der Eingang wurde an die Seite des Englischen Gartens verlegt.

Steeb ließ sogar eigens eine Brücke errichten, die einen bequemen Übergang von den Logen zum VIP-Bereich schaffen sollte. Dies alles wird ziemlich viel Geld gekostet haben. Zudem verlor Steeb, wegen eines persönlichen Zerwürfnisses, noch den ehemaligen Presenting Sponsor als Partner, der dem Vernehmen nach zuvor eine sechsstellige Summe beigesteuert hatte.

Die gestiegenen Ausgaben und der Wegfall des zweitwichtigsten Sponsors seien gleichwohl keinesfalls verantwortlich für die Zahlungsunfähigkeit seines Unternehmens, sagt Steeb. "Wir hatten eine klare Budgetplanung für die Infrastruktur. Und im Bereich Sponsoring konnten wir einiges auffangen." Für die Akquise der 16 neuen Sponsoren, so war der Deal nach SZ-Informationen konstruiert, war Sportfive zuständig. Für die Dienstleistung erhielt das Unternehmen mit Sitz in Hamburg Provision. In Höhe einer "ganz normalen, marktüblichen Vereinbarung", sagt Steeb.

Sportfive war auch dafür verantwortlich, dass das Turnier in diesem Jahr im Fernsehen übertragen wurde, in Deutschland im Bayerischen Rundfunk sowie fast 40 weiteren Ländern. Auch um die Vermietung der lukrativen Logen kümmerte sich: Sportfive. Eine normale, marktübliche Vereinbarung dürfte in diesem Fall also eine ziemlich hübsche Summe betragen haben.

Inhaber der ATP-Lizenz für das Turnier ist die Sportveranstaltungs GmbH des MTTC Iphitos. Deren Vorstand, Peter Bosch, gab am Montag Entwarnung, dass die Zukunft der Traditionsveranstaltung durch das Insolvenzverfahren der Charly Steeb GmbH gefährdet werden könnte. "Wir allein sind Vertragspartner unseres Hauptsponsors BMW und stehen derzeit in sehr engem Austausch. Im Konzern heißt es: Da müssen wir jetzt durch", sagt Bosch.

Die finanzielle Situation seines Veranstalters bedauert Bosch sehr, gleichwohl stellte er klar, dass das Turnier seines Wissens nach "sowohl auf der Einnahmenseite als auch auf der Ausgabenseite grundsätzlich stabil ist". Und da sich der Hauptsponsor bekanntlich langfristig an das Turnier gebunden hat, müsse man nur schauen, "wer in den nächsten Wochen die Rolle neu besetzen wird". Bosch meint die Rolle des Veranstalters Steeb. "Alle Beteiligten sagen zu mir: Peter, da sind wir weiter dabei", sagt Bosch: "Und mir ist es lieber, dass das Insolvenzverfahren nun eingeleitet wird, als erst im Januar."

Ein naheliegender Weg zur Rettung des Turniers am Aumeister wäre, dass Sportfive die Organisation übernimmt. Thomas Schulte, im Unternehmen zuständig für den Einkauf von Sportrechten, wollte die Option auf SZ-Nachfrage nicht ausschließen: "Wir denken in alle Richtungen."

Denkbar ist auch, dass das Insolvenzverfahren einen positiven Ausgang nimmt, und Steeb 2014 wieder Veranstalter ist. Seinen Mitarbeiter Falk Nier, den er drei Jahre lang beschäftigte, hat Steeb fristlos entlassen. Ob Nier mitverantwortlich ist für die Pleite der Firma, lässt sich vorerst nicht beantworten. "Ich werde mich dazu nicht äußern", schrieb Nier per SMS. Und Steeb sagt: "Ich werde alles daran setzen, den Schaden für die Gläubiger zu minimieren. Dafür werde ich kämpfen." Es gehe nun um seine "berufliche Reputation".

Steeb ist ja auch Vizepräsident des Deutschen Tennis-Bundes.

© SZ vom 27.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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