1:0-Sieg für den FC Ingolstadt:Aufregung im Bienenstock

1:0-Sieg für den FC Ingolstadt: Der Ingolstädter Moritz Hartmann, Torschütze zum späten 1:0, hält sich Gladbachs Nice Elvedi vom Leib.

Der Ingolstädter Moritz Hartmann, Torschütze zum späten 1:0, hält sich Gladbachs Nice Elvedi vom Leib.

(Foto: Armin Weigel/AP)

Zum zweiten Mal in dieser Saison lässt der Aufsteiger den Champions-League-Vertreter aus Mönchengladbach schlecht aussehen. Mit 39 Punkten feiert der FCI vorsichtig den Klassenerhalt.

Von Philipp Schneider, Ingolstadt

Max Eberl war sichtlich um Balance bemüht, als er schließlich vor die Journalisten trat, sowohl körperlich als auch verbal. Der Sportmanager von Borussia Mönchengladbach verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das nächste, er wankte leicht, wie ein Kapitän auf dem Deck eines Kutters, und in den Händen hielt Eberl einen Becher Kaffee. Bloß nicht kleckern jetzt. "Ich meine das gar nicht respektlos", sagte also der wankende Eberl: "Ingolstadt hat sich mit einem klaren Plan diese 39 Punkte erarbeitet." Das klang nach der sanften Hinführung zu einer leichten Einschränkung. Eberl ließ sie prompt folgen, es sei nämlich auch so: "Wir haben überragend dagegen gehalten, obwohl wir wussten, dass heute wenig Fußball kommt." Und das klang dann doch schon wieder ein kleines bisschen respektlos.

Was am Samstag aufgeführt wurde bei diesem verdienten 1:0 eines Aufsteigers gegen einen Champions-League-Anwärter, das war der zweite Teil der im Rheinland eher unbeliebten Fortsetzungsgeschichte: Mönchengladbach verzweifelt am FC Ingolstadt. Nach dem 0:0 im November hatten Eberl ("Ich habe selten so eine Mannschaft gesehen...") und Trainer André Schubert ("Ein Spiel, in dem es einige Male über Grenzen der Fairness hinausging") ihrem Unmut über die aus ihrer Sicht unangenehme bis unfaire Spielweise der Mannschaft von Trainer Ralph Hasenhüttl Ausdruck verliehen. Seither hatte diese sich deutschlandweit den Ruf einer ekligen Kampftruppe erworben, die ihre technischen Defizite nur mit viel Ehrgeiz und streberhaften Lauffleiß kompensiert.

"Gladbach hatte nichts zu melden!"

All diese Vorbehalte und Geschichten hatte nun wiederum der Stürmer Moritz Hartmann noch immer im Sinn, dem in der 87. Minute das Siegtor gelungen war. "Wir waren über 90 Minuten klar die bessere Mannschaft, Gladbach hatte nichts zu melden!", sagte Hartmann. "Ich bin gespannt, was sich der Trainer heute wieder überlegen wird: Vielleicht waren wir wieder zu hart oder lagen zu oft auf dem Boden."

Schubert gratulierte den Ingolstädtern dann allerdings ganz artig und auch glaubwürdig zu einem "verdienten Sieg". Und sein Kollege Hasenhüttl ging soweit, ein "überragendes Spiel" erlebt zu haben. "Wir haben über den ganzen Platz versucht, den Gegner zu jagen. Aber wir haben auch richtigen Fußball gespielt und das ist vielleicht die größte Entwicklung, die wir in dieser Saison genommen haben." In der Tat.

Wie die Bewohner eines aufgeschreckten Bienenstocks surrten und brummten die Ingolstädter Spieler los in ihrem Sportpark, daran hat sich die Liga ja inzwischen gewöhnt. Dann erprobten die Gäste zum ersten und letzten Mal jenes Mittel, für das hoch stehende und verteidigende Mannschaften wie der FCI besonders anfällig sind: weite Pässe, die in kurzer Zeit deren verwaistes Mittelfeld überbrücken. Granit Xhaka schickte einen Steilpass zu André Hahn, der lief alleine auf Torwart Ramazan Özcan zu, lief immer weiter, kurz vor dem Elfmeterpunkt grätschte ihm Benjamin Hübner den Ball vom Fuß. Aus Gladbacher Sicht war die Szene: der Höhepunkt. "Wir wussten, dass wir relativ schnell die erste Pressingzone überspielen müssen, aber das haben wir heute viel zu selten gemacht", sagte Schubert.

Gladbach jedenfalls probierte erst gar nicht, das Spiel zu kontrollieren. Gladbach spielte nicht wie ein Team, das noch in der Vorwoche mit 5:0 gegen den Tabellendritten Hertha BSC gewonnen hatte. Gladbach spielte eher wie eine Mannschaft, die von ihrem Trainer die taktische Vorgabe erhalten hatte, gemütlich abzuwarten, bis sich ein laufwütiger Gegner ausgetobt hatte. Einmal noch spielte Lars Stindl in den ersten 45 Minuten Thorgan Hazard frei, dessen Schuss lenkte Ramazan Özcan zur Seite (20.).

Nach der Pause wird Ingolstadt immer mutiger

Wer nun dachte, die Mönchengladbacher würden zumindest in der zweiten Halbzeit zur Attacke blasen, weil sie drei Punkte im Rennen um die Champions-League-Plätze ganz gut benötigen können, der sah sich getäuscht. Immer wieder preschte der FCI über die Außen nach vorne, Hinterseer (48.) und Hübner (51.) vergaben zwei ordentliche Chancen. Hinten hielt der Aufsteiger den namhaften Gegner erfolgreich vom eigenen Tor fern, ähnlich wie vor einer Woche den FC Schalke 04.

Trainer Schubert wäre mit einem Punkt wohl zufrieden gewesen, jedenfalls stellte er seine Abwehr von Dreier- auf Viererkette um und wechselte für den verwarnten Xhaka Tony Jantschke ein. Der erlebte dann Ingolstädter Offensive - und schließlich den verdienten Siegtreffer von Hartmann nach Vorlage des gerade erst eingewechselten Almog Cohen. Der hatte einen Abschluss versucht, doch der verpatzte Schuss wurde zur erstklassigen Vorlage. Danach war Party angesagt. Denn: "Wir haben immer gesagt, dass wir 40 Punkte benötigen", sagte Hasenhüttl. "Ich denke, auch mit 39 werden wir nicht klar absteigen."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: