Ingolstadt - Hamburg 0:1:Schönheit im Regen

Werder Bremen v FC Ingolstadt - Bundesliga

Ende der Serie: In seinem vierten Bundesliga-Spiel für Ingolstadt kassierte Ramazan Özcan sein erstes Gegentor.

(Foto: Martin Stöver/Getty)

Trotz großer Anstrengungen und einem äußerst euphorischen Antreiber: Der FC Ingolstadt bleibt weiter ohne Heimerfolg - und ohne Heimtor.

Von Sebastian Fischer, Ingolstadt

Der Fußballtrainer Bruno Labbadia wird von Schmeichlern gerne "schöner Bruno" genannt. Am Dienstagabend, als er mit dem Hamburger SV beim FC Ingolstadt antrat, prasselte kalter Regen auf Oberbayern hinab. Labbadia, im Anzug und sauber gescheitelt, blieb zunächst lieber im Trockenen unter dem Plexiglasdach über seiner Trainerbank stehen. Vielleicht gibt es auch Schmeichler, die seinen Gegenüber "schöner Ralph" nennen. Doch am Dienstag machte sich Ralph Hasenhüttl darüber keine Gedanken: Der Trainer des FC Ingolstadt hatte sich eine Mütze aufgesetzt und tigerte im Regen vor seiner Bank umher.

Hasenhüttl schien zu wissen: Schönheit würde an diesem ungemütlichen Abend keine Punkte gewinnen. Und 87 Minuten lang schien das auch zu stimmen, Ingolstadt spielte gut, lange besser. Doch dann gewann an diesem ungemütlichen Abend doch noch die Schönheit: Michael Gregoritsch schoss einen Freistoß für Hamburg aus 25 Metern in den Winkel. Der HSV schlug Ingolstadt 1:0 (0:0).

Strömender Regen war ein passendes Motiv gewesen, aus Ingolstädter Sicht: So sahen die Fußballer wie verwegene Krieger aus, als sie zur dramatischen Geigenmusik auf den Rasen schritten. Beim FC Ingolstadt denken sie derzeit gern in sporthistorischen Dimensionen. Dem Aufsteiger ist ja ein beachtlicher Saisonstart gelungen: Er hat drei von drei Auswärtsspielen gewonnen, jeweils mit 1:0, was noch kein Aufsteiger geschafft hat. Deshalb wurden die Zuschauer vom euphorischen Stadionsprecher als "Fans des Rekordhalters" begrüßt. Hasenhüttl hatte nach dem jüngsten Sieg am Samstag in Bremen gesagt: "Da muss der kleine FC Ingolstadt kommen und hier Geschichte schreiben."

Der Österreicher ist gerade sehr zufrieden mit seinen Spielern und hatte entsprechend wenig Grund, seine Aufstellung zu verändern. Einzig Moritz Hartmann, Siegtorschütze von Bremen, fehlte grippe- geschwächt. Im Sturmzentrum begann an seiner Stelle Lukas Hinterseer.

In den ersten Minuten bestätigte Ingolstadt das Bild der vergangenen Wochen. Der FCI war die bessere Mannschaft, fand Lücken in der Hamburger Abwehr, kam zu Chancen: Hinterseer scheiterte aus spitzem Winkel an Hamburgs Torhüter Jaroslav Drobny (14.), Mathew Leckie schoss aus 20 Metern knapp vorbei (17.). Und Leckie war bissig, wie seine Kollegen: Als er in der Anfangsphase von Nicolai Müller gefoult wurde, zeigte der australische Stürmer dem Hamburger gleich einmal, was er davon hielt: Er stand umgehend auf, ging auf Müller zu und breitete fragend die Arme aus: Na, was willst du denn? Ingolstadt war frech und spielbestimmend - auch wenn Müller nach Pass von Ivo Ilicevic allein vor Ramazan Özcan auftauchte und nur ein Reflex des Keepers das Tor verhinderte (16.).

Der FCI konnte gegen den HSV nicht wie zuletzt so häufig tief verteidigen und mit Schnellangriffen nach Ballgewinn vors Tor stürmen. Dafür stand der HSV selbst zu tief, vor allem hatte Ingolstadt dafür viel zu oft selbst den Ball. Doch weil der FCI im Mittelfeld fast alle Zweikämpfe gewann, in jedem Duell energischer, leidenschaft- licher auftrat, brachten selbst die ohne große Raffinesse vorgetragenen Angriffe immer wieder Gefahr. Die Hamburger schienen ähnlich wie ihr Trainer nicht so viel Lust zu haben, im Regen herumzulaufen. Erst nach und nach verfärbten sich einige der weißen Hamburger Trikots dunkel.

Labbadia war ja bislang ähnlich wie Hasenhüttl ziemlich glücklich mit den Spielen seiner Mannschaft gewesen. Seine Aufstellung in Ingolstadt war Zeugnis seiner Zufriedenheit: Der Hamburger Trainer änderte im Vergleich zum Samstag, als der HSV 0:0 gegen Eintracht Frankfurt spielte, gar nichts. Zur Halbzeit stapfte er jedoch unzufrieden in die Kabine, derweil sich der euphorische Stadionsprecher mit der Blitztabelle zu Wort meldete, er rief: "Platz vier für die Schanzer!"

In der zweiten Halbzeit wurden die Ingolstädter Tormöglichkeiten klarer: Lex scheiterte zweimal an Drobny (51., 62.), Hinterseers Tor verhinderte ein Pfiff von Knut Kircher, der Schiedsrichter sah ein Foul (58.). Auf der anderen Seite wollte er einen Kopfballtreffer von Johan Djourou nicht anerkennen (69.). Doch nicht nur deshalb war Labbadia unzufrieden, er stand jetzt immer öfter im Regen und trieb seine Mannschaft an. Als sich der eingewechselte Gregoritsch den Ball zurecht- legte, war er schon völlig durchnässt. Und spätestens als er zum Jubeln auf den Rasen lief, war dem "schönen Bruno" sein Spitzname egal.

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