11 im Fokus - das Rückrundenpuzzle:Instinktfußballer mit Nutella-Fluch

Trainingsauftakt Eintracht Frankfurt

Neustart in Frankfurt für Tobias Weis (links).

(Foto: dpa)

Tobias Weis gehörte einst zur Gruppe junger DFB-Kicker, mit denen es nach einem Werbespot-Auftritt bergab ging. Nach seiner Suspendierung in Hoffenheim erhält er bei Eintracht Frankfurt nun seine vielleicht letzte Chance. Teil sieben unserer Serie von Spielern, auf die Sie in der Rückrunde achten sollten.

Von Andreas Glas

Tobias Weis hat den Ruf, ein Instinktfußballer zu sein. Einer, der frech drauflos spielt statt lange nachzudenken. Auf dem Platz hat ihm das geholfen, im echten Leben nicht. Denn hätte er nachgedacht, er hätte sich einige Strapazen erspart. Stattdessen ließ er sich zu einer Rauferei hinreißen, als er mit den Hoffenheimer Kollegen den Li­gaverbleib feierte. Das war im Mai, seitdem hat er kein Bundesliga­spiel mehr ge­macht. Seitdem steckt seine Karriere in einer Sackgasse.

Entsprechend groß war die Verwunderung, als Eintracht Frankfurt im Januar meldete, Tobias Weis bis Saisonende von der TSG Hoffenheim auszuleihen. Vor der Winterpause hatte Eintracht-Trainer Armin Veh noch angekündigt, nur Spieler zu holen, die ihm sofort weiterhelfen und keine lange Anlaufzeit brauchen - und jetzt kommt ausgerechnet Tobias Weis, der über Monate hinweg kaum einen Ball gesehen hat. Er war zuletzt Mitglied der berühmten Trainingsgruppe 2, in der sämtliche ausgemuster­ten Hoffenheim-Pro­fis vor allem eines taten: laufen, laufen, laufen.

Trotz teils ansprechender Leistungen - vor allem im Europapokal - steht die Eintracht in der Liga auf dem 15. Tabellenrang und fürchtet, wegen der Dreifach-Belastung in Meisterschaft, DFB-Pokal und Europa League noch tiefer in den Abstiegskampf zu geraten. "In einer normalen Saison hätten wir keine Neuen gebraucht. Aber aufgrund der Belastung speziell im Februar sind wir gemeinsam zur Erkenntnis gekommen, noch etwas zu tun", sagt Frankfurts Trainer Armin Veh. Betrachtet man die Personalie Tobias Weis vor diesem Hintergrund, könnte sie sich durchaus als kluger Schachzug erweisen. Der 28-Jährige gilt als angstfrei, kampfeslustig und nimmermüde - allesamt Fähigkeiten, die im zähen Rennen um den Ligaverbleib besonders geschätzt werden.

"Du braucht gewisse Charaktere im Abstiegskampf", sagt Tobias Weis entsprechend über sich selbst. Außerdem sei er ein Typ, der nicht viele Spiele brauche, um wieder im Wettkampfrhythmus zu sein. Seinen Abstiegskampf-Charakter hat er in der vergangenen Saison unter Beweis gestellt, er hatte maßgeblichen Anteil am Hoffenheimer Kraftakt, auf den letzten Drücker doch noch die Liga zu halten. Die beiden Relegationsspiele gegen den 1. FC Kaiserslautern waren seine bislang letzten Auftritte, danach kamen bekanntlich die Party-Rauferei und die Suspendierung.

Neustart bei Null

In Frankfurt fängt Tobias Weis bei Null an. Nicht einfach für einen, dessen Bundesliga-Karriere praktisch bei Hundert begann. Nach nur elf Liga-Einsätzen berief ihn Bundestrainer Joachim Löw im Herbst 2008 in den Kader der Nationalmannschaft, sein Debüt gab er ein paar Monate später beim 7:2 gegen die Vereinigte Arabische Emirate in Dubai. Dass es bis heute bei diesem einzigen Länderspiel geblieben ist, erklären Verschwörungstheoretiker gerne mit dem Nutella-Fluch. Denn fast alle DFB-Jungkicker, mit denen der Schokocreme-Hersteller in Fernsehspots warb (Benjamin Lauth, Jermaine Jones, Kevin Kuranyi, Andreas Hinkel etc.), spielten bald danach keine Rolle mehr in der Nationalmannschaft.

In Wahrheit haben freilich andere Dinge eine Rolle gespielt, vor allem der Rücktritt Ralf Rangnicks als TSG-Trainer am Neujahrstag 2011. Unter Rangnick genoss Tobias Weis eine Art Grundvertrauen und zahlte mit Leistung zurück. Unter Rangnicks Nachfolgern bekam Weis dieses Vertrauen nie mehr zu spüren, zeigte schwache Leistungen, verlor sich in Undiszipliniertheiten - und sammelte fleißig Suspendierungen. Bei Trainer Markus Babbel war er schnell unten durch, zu Saisonbeginn dann auch bei Markus Gisdol.

In Frankfurt hofft Tobias Weis darauf, das Vertrauen zurück zu bekommen, das er in Hoffenheim zuletzt so vermisst hat. Es könnte davon profitieren, dass Armin Veh ein Fachmann darin ist, seine Spieler stark zu reden und ihnen das Gefühl zu geben, wichtig zu sein. Der Eintracht-Trainer könnte wiederum von Weis' Flexibilität profitieren, der im Mittelfeld sowohl defensiv als auch offensiv einsetzbar ist und den Kader gewissermaßen gleich um mehrere Spielertypen ergänzt. Um einen Stammplatz wird der 28-Jährige zwar kämpfen müssen, dank Weis hat Veh jetzt aber Rotationsmöglichkeiten, die ihm angesichts der Dreifachbelastung in der Hinrunde sehr gefehlt haben.

Für Tobias Weis ist die bevorstehende Rückrunde die vielleicht letzte Gelegenheit, noch einmal in der Bundesliga Fuß zu fassen. Sollte er es bei Eintracht Frankfurt nicht packen, muss er zurück nach Hoffenheim - wo man ihm bereits mitgeteilt hat, dass er auch dann keine Chance mehr bekommen wird.

Wer trägt die Hoffnungen der Bundesliga-Klubs in der Rückrunde? Wer startet ein aufsehenerregendes Comeback? Und wer kommt nochmal groß raus, obwohl er schon fast vergessen war? Die Sportredaktion von SZ.de stellt Ihnen elf Spieler vor, auf die Sie achten sollten.

Bislang erschienen: Julian Green (FC Bayern), Josip Drmic (1. FC Nürnberg), Marc-André ter Stegen (Mönchengladbach), Kyriakos Papadopoulos (Schalke 04), Ilkay Gündogan (Borussia Dortmund), Kevin Vogt (FC Augsburg).

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