Hummels-Transfer:Das Ende der Bundesliga

Borussia Dortmund v Bayern Munich - German Bundesliga

Demnächst Kollegen: Thomas Müller und Mats Hummels.

(Foto: REUTERS)

BVB-Kapitän Mats Hummels will zum FC Bayern. Das gefährdet die Liga noch mehr als einst die Wechsel von Götze und Lewandowski.

Kommentar von Sebastian Fischer

Das Überraschende war: Es hat niemand geweint, als am Donnerstag die Bundesliga starb. Ein paar Menschen twitterten traurige Smileys, klar, ein paar, vor allem in Dortmund, ärgerten sich. Aber Hans-Joachim Watzke, Kampfname Aki, hatte vor ein paar Tagen wahrscheinlich für viele Fußballfans gesprochen, als er in nüchternen Worten erklärt hatte, er könne es ja irgendwie verstehen. Und da war klar: Er würde es auch nicht verhindern können. Mats Hummels will also tatsächlich zum FC Bayern München wechseln. Es geht wohl nur noch um die Höhe der Ablösesumme.

Nüchtern betrachtet wechselt ein begehrter Arbeitnehmer den Arbeitgeber, um seine Erfolgschancen zu erhöhen, zum Wohnort seiner Familie zurückzukehren und zum Klub seiner Jugend. Das ist ein logischer Schritt. Und doch stellt Hummels' Abschied die Logik, nach der spannender Bundesliga-Fußball funktionieren sollte, auf den Kopf. Mehr noch als die in Dortmund einst viel zorniger kommentierten Abschiede von Mario Götze und Robert Lewandowski.

Denn Hummels ist kein gewöhnlicher Fußballer. Als er vor acht Jahren zu Borussia Dortmund wechselte, hatte er noch keinen lässigen D'Artagnan-Dreitagebart, sondern Rasierbrand und Pickel im Gesicht. Frauen haben beim Klang seines Namens noch nicht geseufzt, Männer noch nicht heimlich überlegt, ob sie dieses Shampoo mal ausprobieren sollen, mit dem sich der Mats die Locken spült. Vor allem war Borussia Dortmund vor acht Jahren Tabellen-Dreizehnter und hatte einen Trainer aus dem WM-Fernsehgarten verpflichtet.

Anker des BVB-Spiels

Die Ära Jürgen Klopp war beim BVB auch die Ära Mats Hummels - mit dem Unterschied, dass sie nicht zu enden schien, als Klopp im vergangenen Sommer nach Liverpool ging. Klar waren Hummels' Aussagen bisweilen so provokant, dass immer mal wieder über seinen Abschied spekuliert wurde. Doch das ließ sich damit begründen, dass Hummels eben kein gewöhnlicher Fußballprofi ist, sondern ehrlich und reflektiert.

Auf dem Platz war und ist er der Anker des Dortmunder Spiels, zudem gilt Hummels intern als moralischer Anführer auf dem Dortmunder Weg. Ein alter Fußballspruch besagt, dass der Angriff Spiele gewinne und die Verteidigung Meisterschaften. Sicher hat Lewandwoski viele Tore geschossen, hat Götze schöne Vorlagen gegeben. Aber ob der BVB ohne Hummels zweimal deutscher Meister geworden wäre?

Hummels hatte seine schlechten Phasen, hat Fehler gemacht und Tore verschuldet. Doch das sind auf acht Jahre betrachtet Ausnahmen. Zuletzt, nachdem Thomas Tuchel im Winter die Dortmunder Taktik ein wenig defensiver ausrichtete, lief Hummels zu Höchstform auf. Seine Stärken waren regelmäßig zu sehen: Die Ruhe und das Timing im Zweikampf; seine an Beckenbauer erinnernde elegante Ballführung, Antritte aus der Abwehr heraus, seine Umsicht im Spielaufbau, die Kopfballstärke. Beim wilden 3:4 in Liverpool sprachen hinterher alle über das wilde 3:4. Niemand sprach über Hummels' Vorlage vor dem zwischenzeitlichen 3:1 durch Marco Reus: Er war aus dem Mittelfeld angetreten, hatte den Ball mit dem Außenrist abgeschirmt, um dann eine Lücke in Liverpools Abwehr zu erfinden; ein kleines Kunstwerk.

Bei Bayern schließt Hummels eine Lücke

Dortmund spielt, im Schatten der Dominanz des FC Bayern, gerade die nach Punkten wohl beste Saison der Vereinsgeschichte, die Zukunftsaussichten sind eigentlich glänzend. Und doch sind es auch die Aussichten, ganz große Werke zu vollenden, die Hummels nach München ziehen. Der FC Bayern muss nun etwa 40 Millionen Euro bezahlen, und dann wird Hummels ab der kommenden Saison gemeinsam mit Jérôme Boateng die Innenverteidigung des Rekordmeisters bilden. Hummels und Boateng! Das ist ja schon bei der EM eigentlich unfair.

Geld ist in München kein Problem. Schon jetzt hat der Klub allein in der Champions League mit 93 Millionen Euro eine Rekord-Einnahme verbucht. Die Dortmunder müssen nun sehen, wie sie den Weggang ihres Kapitäns auffangen, mit Ilkay Gündogan steht mindestens ein weiterer Spieler vor einem möglichen Absprung. Und der Rest der Bundesliga? Liegt schon in dieser Saison sagenhafte 20 Punkte hinter Dortmund. Selbst der mutmaßliche Super-Aufsteiger RB Leipzig könnte wohl 13 17-Jährige Pressingmaschinen und 17 13-Jährige talentierte Schwaben verpflichten, und würde die Bayern trotzdem nicht gefährden.

Für die Liga ist dieser Transfer der nächste Beweis der Dominanz des FC Bayern, Hummels würde im Team der Münchner eine der letzten Lücken schließen. Und für Mats Hummels ist der Transfer natürlich ein schöner Karriereschritt. Herzlichen Glückwunsch.

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