Relegation:Holstein Kiel hadert und hofft

Holstein Kiel: Stürmer Kingsley Schindler bejubelt seinen Treffer zum 1:1 gegen den VfL Wolfsburg im Hinspiel der Bundesliga-Relegation 2018.

Hat noch etwas vor: Kiels Torschütze Kingsley Schindler (rechts).

(Foto: REUTERS)
  • Holstein Kiel verliert zwar das Relegations-Hinspiel gegen den VfL Wolfsburg, gibt die Hoffnung auf den Bundesliga-Aufstieg aber nicht auf.
  • "Unsere Köpfe sind oben. Die Chancen stehen 50:50", sagt Stürmer Marvin Ducksch.
  • Am Montag darf Kiel aber nicht erneut so viele Chancen verschleudern wie in Wolfsburg.

Von Carsten Scheele, Wolfsburg

Es waren Kenneth Kronholms letzte Worte, bevor er die Kabine erreichte. "Glaubt dran, glaubt dran", raunte der Torwart von Holstein Kiel und hatte damit die Losung für den kommenden Montag ausgegeben. Das Relegations-Hinspiel hat Zweitligist Kiel beim Erstligisten VfL Wolfsburg zwar 1:3 (1:2) verloren - die Mannschaft glaubt aber fest daran, am Ende in der Bundesliga zu landen.

Auch Dominik Schmidt war im Kämpfermodus. "Wir haben hier heute etwas liegenlassen", schimpfte Schmidt in den Katakomben der Wolfsburger Arena. Der Innenverteidiger beantwortete die Fragen mit nacktem Oberkörper, seinen Oberarm ziert ein großes Totenkopf-Tattoo. Ja, das Ergebnis tue "weh". Aber: "Die letzten 30 Minuten geben uns viel Mut."

Diese letzten 30 Minuten. Sie machten Mut, bargen für alle Kieler aber auch den Stoff, sich ordentlich zu grämen. Kiel lag zur 60. Minute verdient 1:3 in Rückstand - alles sah nach dem vorzeitigen Ende aller Relegationsträume aus, ehe der Zweitligist irgendeinen Schalter umlegte. Plötzlich rissen die Spieler die Partie an sich. Gewannen fast jeden Zweikampf im Mittelfeld, spielten schnörkellos in die Spitze. Begünstigt von der Angst, die die Wolfsburger mit jeder Minute überkam, das sehr gute Zwischenergebnis noch zu verspielen.

"Unsere Köpfe sind oben. Die Chancen stehen 50:50"

Angriff um Angriff iniitierten die Kieler. "Wir haben fast auf ein Tor gespielt", bemerkte Holstein-Trainer Markus Anfang stolz, besonders von der 80. Minute an. Mal bekam ein Abwehrspieler noch ein Bein in die Schussbahn, mal war es das Kieler Unvermögen, das einen oder gleich mehrere Treffer für den Zweitligisten verhinderte. Marvin Ducksch (82.) tauchte völlig frei vor Wolfsburg Torwart Koen Casteels auf, er verzog aber. Der eingewechselte Aaron Seydel tat es ihm gleich (84.). Es waren nur die beiden besten von etlichen guten Gelegenheiten. "Die können sich am Ende nicht beschweren, wenn das hier 3:3 ausgeht", klagte Schmidt.

Auf Wolfsburger Seite beschwerte sich niemand. Im Gegenteil. Alle waren froh, den Zwei-Tore-Vorsprung über die Zeit gerettet zu haben. Nach den beiden aufreibenden 1:0 gegen den Nachbarn Eintracht Braunschweig in der Vorsaison könnte Wolfsburg auch die zweite Relegation in Serie siegreich überstehen, abermals den Klassenverbleib in letzter Sekunde klarmachen, auch wenn allein der Umstand, erneut in die Extrarunde zu müssen, dem Selbstverständnis des von Volkswagen alimentierten Klubs klar widerspricht. Gut möglich, dass sehr bald nach dem Montagspiel offiziell bekannt gegeben wird, dass Jörg Schmadtke die sportlichen Geschichte beim VW-Klub übernehmen wird. Doch zunächst gilt es ein wichtiges Rückspiel zu überstehen.

Um das Worst-Case-Szenario zu vermeiden, darf sich Wolfsburg nicht abermals solch schlimme 30 Minuten leisten. Noch einmal wird Kiel nicht auf fast schon groteske Weise seine Chancen verschwenden, das 3:1 sei "keine sichere Ausgangslage", bekräftigte VfL-Abwehrmann Robin Knoche: "Wir haben gesehen, was am Montag auf uns zukommt." Dabei war Wolfsburg durch Divock Origi (9.) früh in Führung gegangen. Nach dem Kieler Ausgleich durch Kingsley Schindler (34.) hatte Josip Brekalo noch vor der Pause den Vorsprung zurückgeholt (41.). In der zweiten Hälfte gelang Yunus Malli das 3:1 (56.) - ehe Kiel plötzlich dominierte.

Zwei Tore braucht Kiel also am Montagabend (20.30 Uhr, Liveticker auf SZ.de). Ein 2:0 würde für den Aufstieg genügen. "Unsere Köpfe sind oben. Die Chancen stehen 50:50", sagte Ducksch: "Noch ist alles machbar, vor unserem Publikum, in unserer Stadt." Im kleinen, engen, knarzenden Holstein-Stadion, das erst im Nachfassen die Bundesligazulassung erhielt. Ducksch rechnet: Zwei Kieler Tore waren an diesem Abend in Wolfsburg drin, "die sind auch am Montag drin".

Klar ist aber auch: Schießt Wolfsburg ein einziges Tor, wird es verdammt schwer.

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