Hoffenheimer Kantersieg:Einfach gierig

***BESTPIX*** TSG 1899 Hoffenheim v 1. FSV Mainz 05 - Bundesliga

Auf sie mit Gebrüll! Hoffenheims Terrazzino bejubelt sein Tor.

(Foto: Alex Grimm/Getty)

Die TSG Hoffenheim schlägt Mainz 05 mit 4:0, Mann des Tages ist Stürmer Marco Terrazzino. Seine Rückkehr ins Rampenlicht steht für den beeindruckenden Charakter der Mannschaft.

Von Tobias Schächter, Hoffenheim

Marco Terrazzino ist nicht der berühmteste Fußballer Deutschlands. Er ist eher den Insidern als Talent bekannt, das vor ein paar Jahren in Hoffenheim eine vielversprechende Karriere als Stürmer begann, aber irgendwann in der zweiten Liga landete. Inzwischen ist Terrazzino, 25, allerdings wieder zurück in Hoffenheim. Als er am Samstag, nach dem 4:0 der TSG Hoffenheim gegen Mainz 05, vor die Journalisten trat, wollte er deshalb etwas klarstellen. Er grinste und sagte: "Hallo, Marco Terrazzino mein Name."

Marco Terrazzino hat sich aus der Vergessenheit zurückgekämpft, er erzielte am Samstag ein Tor selbst und war an zweien beteiligt, er ist jetzt wieder ein richtiger Bundesligaspieler, den viele Menschen kennen. Terrazzinos Rückkehr, das war die Geschichte des Nachmittags. Auch weil sie viel verrät über den Erfolg der TSG Hoffenheim.

Es war ja unter der Woche viel darüber diskutiert worden, ob die erste Saisonniederlage zum Auftakt der Rückrunde am vergangenen Wochenende in Leipzig (1:2) Spuren bei dieser Nagelsmann-TSG hinterlassen würde. Und auch über die Frage, wie die Mannschaft auf den Ausfall von ihrem bislang so starken Mittelstürmer Sandro Wagner (zehn Saisontore) reagieren würde. Die Antwort der Hoffenheimer fiel beeindruckend aus: Auch ohne Wagner gelangen vier Stürmertore durch Mark Uth (5.) und die eingewechselten Terrazzino (81.) und Adam Szalai (86., 90+1). "Der Gegner ist schlechter weggekommen, als er war", meinte zwar TSG-Trainer Julian Nagelsmann. Aber die Mainzer waren am Ende einfach zu harmlos, und die Hoffenheimer einfach gieriger.

Der Erfolg von Julian Nagelsmann kann kein Zufall sein

Gefördert und vorgelebt wird diese Gier von Julian Nagelsmann, der seit seiner Amtsübernahme im Februar 2015 aus einem Abstiegskandidaten einen Champions-League-Anwärter geformt hat. "Diese Gier ist einfach drin in meinem Charakter", sagte Nagelsmann. Der 29-Jährige erzählte, er habe am Mittag vor dem Spiel noch seinen Videoanalysten Benjamin Glück beim Fußballtennis vom "Feld geklatscht", um sich für dieses Spiel zu pushen.

Es war erneut erstaunlich zu beobachten, wie die Maßnahmen dieses noch so unerfahrenen Trainers die Mannschaft zum Erfolg trieben. Nagelsmann hat zuletzt so oft das richtige Gespür bewiesen, dass es kaum noch Zufall sein kann. Für Wagner ließ er zunächst die beiden quirligen Mark Uth und Andrej Kramaric im Angriff beginnen, die die Mainzer Abwehr müde spielten, bevor er schließlich Szalai für Kramaric (69.) und Marco Terrazzino für Uth einwechselte (76.), die schließlich die entscheidenden Tore machten.

Szalai und Terrazzino sind die Stürmer vier und fünf im Kader, Terrazzino hatte bislang nur zehn Minuten in dieser Saison gespielt. Am Samstag fiel das Eigengewächs, das vor dieser Saison vom Zweitligisten VfL Bochum nach Hoffenheim zurückgekehrt war und sich trotz anderer Angebote im Winter dazu entschieden hatte, sich bei der TSG durchbeißen zu wollen, dann prompt auf. Terrazino drückte den Ball nach einem Freistoß an die Latte vom Kerem Demirbay entschlossen per Kopf zum 2:0 über die Linie und bereitete das 3:0 direkt und das 4:0 in der Entstehung vor. Erst zum zweiten Mal überhaupt stand Terrazzino in dieser Spielzeit im Kader.

"Der Geist in dieser Mannschaft stimmt einfach"

Ähnlich war es in der laufenden Saison schon bei seinen Kollegen Steven Zuber und Benjamin Hübner gewesen. Zuber setzt sich nach langer Durststrecke als linker Mittelfeldspieler immer besser in Szene. Hübner spielte die ersten sechs Spieltage überhaupt nicht, bevor er sich in der Dreierabwehrkette neben Kevin Vogt und Niklas Süle unersetzlich gemacht hat.

"Ich habe es schon einmal gesagt. Der Geist in dieser Mannschaft stimmt einfach", sagte Nagelsmann, der nach dem Spiel mit 80 Fans aus seinem Heimatverein FC Ising ausgiebig feierte. In der Kabine hätten die Mitspieler Terrazzino nach dem Abpfiff zwei Minuten applaudiert, erzählte der Trainer, der nach Terrazzinos Treffer im Vollsprint an die Eckfahne rannte, um mit dem Spieler zu feiern. "Marco hat seine Lebensfreude trotz allem nicht verloren. Ich habe ihm gesagt, er soll sich auf seine Stärken konzentrieren. Heute ist er belohnt worden."

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