Hoffenheimer Doping-Affäre:Rangnicks Eigentor

Hoffenheims Trainer will die Verspätung seiner Spieler bei der Dopingprobe rechtfertigen - und wirft weitere Fragen auf: Sind derartige Verstöße in der Bundesliga an der Tagesordnung? Der DFB ermittelt.

Die Affäre um den verspäteten Dopingtest der Hoffenheimer Profis Ibertsberger und Janker weitet sich aus: Neben den betroffenen Spielern ist nun auch Trainer Ralf Rangnick ins Visier des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) geraten. Der Kontrollausschuss des DFB forderte ihn auf, seine Aussagen zu konkretisieren, wonach es in der Vergangenheit regelmäßig Verstöße gegen die Anti-Doping-Richtlinien des Verbands gegeben hatte. Rangnick soll - wie auch Ibertsberger und Janker - eine schriftliche Stellungnahme abgeben. Sollten sich daraus Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen ergeben, will der DFB aktiv werden.

Hoffenheimer Doping-Affäre: Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick spricht von regelmäßigen Verstößen gegen die Anti-Doping-Richtlinien des DFB. Jetzt könnte auch gegen ihn ermittelt werden.

Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick spricht von regelmäßigen Verstößen gegen die Anti-Doping-Richtlinien des DFB. Jetzt könnte auch gegen ihn ermittelt werden.

(Foto: Foto: Reuters)

"Bei uns war es in der Vergangenheit des Öfteren so, dass sogar der Dopingbeauftragte gesagt hat, die Spieler können nochmal kurz in die Kabine gehen und sollen sich ein frisches Trikot anziehen", hatte Rangnick im Südwestfernsehen gesagt: "Ich habe jetzt auch mit einigen Trainer-Kollegen gesprochen. Es ist auch in anderen Vereinen so, dass es durchaus die Möglichkeit gibt oder sogar aufgefordert wird, nochmal kurz ein Trikot anzuziehen."

Dieser Argumentation widersprach Werder Bremens Sportdirektor Klaus Allofs: "In jedem Klub gibt es einen Dopingbeauftragten. Die sind eigentlich dafür verantwortlich, die Spieler unmittelbar nach Spielende zur Dopingkontrolle zu bugsieren. Das ist schon ein Versäumnis, das eigentlich nicht passieren dürfte", erklärte Allofs in der ARD.

Ibertsberger und Janker hatten bei den Dopingkontrollen nach dem Bundesliga-Spiel am 7. Februar 2009 bei Borussia Mönchengladbach (1:1) gegen die Richtlinien verstoßen, weil sie mit zehnminütiger Verspätung zur Kontrolle erschienen waren. Die Vorschriften besagen, dass sich die Spieler unmittelbar nach dem Abpfiff direkt vom Spielfeld in den Dopingkontrollraum begeben müssen. Aufgrund dieses Regelverstoßes ermittelt der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes auf Antrag der DFB-Anti-Doping-Kommission gegen die Profis, deren Dopingtests negativ ausgefallen waren.

Die Verantwortlichen der Hoffenheimer widersprechen mittlerweile der bisherigen Darstellung, wonach eine Teamsitzung der Grund für die Verspätung von Ibertsberger und Janker war. "Es gab keine Mannschaftzssitzung", sagte Manager Jan Schindelmeiser dem kicker. Laut Schindelmeiser habe Rangnick nach dem Spiel "zwei, drei Sätze zur Mannschaft gesagt. Wer dabei alles anwesend war, muss noch recherchiert werden". Schindelmeiser will außerdem überprüfen, ob die Verspätung der beiden Profis tatsächlich zehn Minuten betragen habe und ob ein Missverständnis zwischen dem Kontrolleur und dem Hoffenheimer Mannschaftsarzt zu der prekären Lage geführt habe.

Neben einer Sperre von einem Jahr für Ibertsberger und Janker droht Hoffenheim mittlerweile auch ein Punktabzug, da die Gladbacher Verantwortlichen am Sonntagabend Einspruch gegen die Wertung des Spiels eingelegt haben. "Es geht darum, dass in dieser Sache totale Rechtsunsicherheit herrscht, auch beim DFB", sagte Gladbachs Sportdirektor Max Eberl: "Wir wissen einfach nicht, was die Folgen sind." In der Liga stieß der Protest des Tabellenletzten allerdings auf harsche Kritik. "Das ist ein Unding", sagte Sportdirektor Rudi Völler von Bayer Leverkusen. Völlers Amtskollege Dietmar Beiersdorfer vom Hamburger SV teilte dessen Ansicht: "Das hat mit Solidarität nichts zu tun. Beide Spieler wurden negativ getestet, das Ganze hat also mit dem Spiel nichts zu tun."

Auch Manager Steffen Heidrich vom Gladbacher Konkurrenten im Abstiegskampf, Energie Cottbus, hält nichts von einer Entscheidung am grünen Tisch: "Es gibt klare Richtlinien, die jeder Verein beachten muss. Es wäre aber unglücklich, wenn wegen zehn Minuten eine neue sportliche Entscheidung für das Spiel herbeigeführt würde."

Das Unverständnis der anderen Klubs kann Eberl, der den Zuspruch zweier weiterer Punkte annehmen will, "wenn der DFB oder sogar die Uefa sagen, dass Hoffenheim ein Vergehen begangen hat", nicht nachvollziehen. "Wir klagen niemanden an. Nicht die beiden Spieler, nicht den Klub. Warum sollen wir jetzt plötzlich die Bösen sein?", fragte er in der Bild.

Unterdessen steckt der DFB in der Bredouille: Einerseits will der Verband die Hoffenheimer für ihr Fehlverhalten nicht mit einer unverhältnismäßig hohen Strafe belegen, gleichzeitig möchte sich der DFB den Richtlinien des internationalen Anti-Doping-Kampfes nicht entziehen.

Schließlich droht dem DFB bei einer von ihm verhängten Strafe, die von der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) als zu niederig erachtet wird, eine juristische Auseinandersetzung vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS).

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