Bundesliga:"Es gibt keinen Riss"

Hoffenheim-Trainer Julian Nagelsmann wehrt sich gegen Behauptungen, es würden sich Spieler über ihn beklagen.

Seit fünf Bundesliga-Spielen ohne Sieg: Julian Nagelsmann.

(Foto: AP)
  • Die TSG Hoffenheim ist seit fünf Spielen sieglos. Gegen Berlin reicht es nur zu einem 1:1.
  • Mannschaft und Trainer wehren sich gegen Behauptungen, es würden sich Spieler über Julian Naglesmann beklagen.
  • Der meint, es sei normal, dass während einer Saison Unzufriedenheit aufkommt.

Von Javier Cáceres, Berlin

Im Fußball gibt es immer wieder mal Konflikte zwischen Trainern und Ersatzspielern; sie kreisen zumeist um Einsatzzeiten. Und manchmal eskalieren sie. Selten allerdings so wie bei Escuela Presidente Roca de Córdoba, einem unterklassigen Klub aus Argentinien, der am Wochenende international Schlagzeilen machte, weil ein Spieler, César Pagani, beim Training mit einer Pistole auftauchte. Nach der Devise: Tod oder Startelf. Normalerweise laufen solche Konflikte eher nach dem gesitteten Muster ab, das die TSG 1899 Hoffenheim gerade kennenlernt.

Ende vergangener Woche wartete die Bild-Zeitung mit einem Bericht auf, demzufolge sich diverse Reservisten anonym über Trainer Julian Nagelsmann beklagt hätten. Der Coach sei "abgehoben" und rede nur noch mit Stammspielern, hieß es. Am Samstag, nach dem 1:1 der Hoffenheimer bei Hertha BSC Berlin, lag der Mannschaft daran, das energisch zu dementieren. "Fakt ist, dass in dem Artikel einfach Lügen standen", sagte etwa Kapitän Kevin Vogt, "wir stehen hinter Julian, und Julian steht hinter uns." Torwart Oliver Baumann erklärte: "Zwischen uns und Julian passt kein Blatt Papier." Trainer Nagelsmann wiederum berichtete, dass die Mannschaft ihm schon am Vorabend der Partie aus freien Stücken "eine eindrucksvolle Botschaft" übermittelt habe. Sie habe ihn, den Trainer, in ihre Mitte genommen und vorab das erklärt, was sie anderntags auf dem Rasen zeigen sollte, nämlich: "Es gibt keinen Riss und keinen Bruch!", sagte Nagelsmann, als er sich, äußerlich entspannt, an den Türrahmen des Presseraums des Berliner Olympiastadions lehnte.

Fünf Spiele ohne Sieg - aber auf dem Platz reibt sich die Elf über die volle Spielzeit auf

Dort erläuterte er auch, dass es normal sei, wenn im Laufe einer Saison Unzufriedenheit auftauche, "ich verlange ja gar nicht, dass wir uns alle lieben". Dass Spekulationen über das Verhältnis zwischen Trainer und dem Team auftauchten, liegt aber vor allem daran, dass die TSG 1899 nun schon seit fünf Spielen ohne Sieg ist. Und dass sie im neuen Jahr bei gerade zwei gewonnenen Punkten und nach Begegnungen mit Werder Bremen, Bayer Leverkusen und dem FC Bayern noch immer auf drei Punkte wartet. Hoffenheim hängt, fern von den noch in der Vorsaison erreichten Champions-League-Plätzen, wie Hertha im Mittelfeld der Tabelle fest. "Das Momentum fehlt, das Pendel schlägt nicht ganz auf unsere Seite", räumte Nagelsmann ein. Mit der Partie in Berlin und mit dem dort gewonnenen Punkt könne er gleichwohl leben, denn "was die Mentalität angeht, war das ein Schritt in die richtige Richtung". Daher sei er sich auch sicher, "dass wir in Zukunft wieder dreifach punkten."

In Berlin war tatsächlich eine Mannschaft zu sehen, die sich trotz fünf Umstellungen über die volle Spielzeit aufrieb, vor allem in der Abwehr konzentriert agierte, Harmonie verströmte und in der Nachspielzeit durch Nadiem Amiri sogar fast noch zum Siegtreffer gekommen wäre. Sie steckte auch die dramatische Verletzung von DFB-Nationalspieler Kerem Demirbay weg: Der Confed-Cup-Sieger zog sich bei einem unglücklichen Zusammenstoß mit Hertha-Verteidiger Jordan Torunarigha (17.) einen Außenbandriss und einen Syndesmose-Anriss im rechten Sprunggelenk zu. Hoffenheim hatte auch schon unmittelbar nach dem Elfmetertor zwei gute Chancen, die Führung auszubauen, die Serge Gnabry und Kramaric vergaben. Stattdessen kam Hertha durch Salomon Kalou (57.) zum Ausgleich. Ein Hoffenheimer Sieg wäre wohl auch des Guten zu viel gewesen, denn in einem Spiel, das in der ersten halben Stunde von einer unerträglichen taktischen Kühle geprägt war, hatten sich die Berliner als ebenbürtig erwiesen. "Das war ein richtiges Unentschieden", folgerte Herthas Trainer Pal Dardai.

Nach der Partie war auch die Aufregung um die Szene, die zur Hoffenheimer Führung durch den von Andrej Kramaric verwandelten Foulelfmeter (37.) geführt hatte, weitgehend verflogen. Herthas Verteidiger Niklas Stark hatte sich an der Grundlinie von Nico Schulz überrumpeln lassen: Der frühere Berliner hatte Stark rücklings attackiert und den Ball stibitzt; danach traf ihn Stark mit dem Schussbein, Schiedsrichter Deniz Aytekin entschied auf Strafstoß. Das Problem: Als Stark an den Ball kam, hatte sich Schulz "nach alter Schule im Abseits" befunden, wie es Trainer Pal Dardai formulierte. Die Regelkundler, allen voran Aytekin, erklärten ihm aber, dass durch die Ballannahme durch Stark "eine neue Spielsituation entstanden" sei, die "zur Aufhebung der Abseitsposition" von Schulz geführt habe. "Die Regel gibt es wohl so", sagte Nagelsmann, "aber ich würde mich an Pals Stelle aufregen."

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