Hörmann kritisiert Digel:"Er saß neben dem Verbrecher"

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Im IAAF-Skandal wirft DOSB-Chef Hörmann Ex-Funktionär Digel Untätigkeit vor. Das IOC will die Vergabe der Sommerspiele 2020 prüfen.

Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), Alfons Hörmann, hat sich entsetzt über die Machenschaften im Leichtathletik-Weltverband IAAF geäußert und dabei auch den ehemaligen deutschen Spitzenfunktionär Helmut Digel scharf kritisiert. "Es ist schlichtweg schockierend, unverständlich und in jeder Hinsicht inakzeptabel, was im Bereich der Leichtathletik nun Tag für Tag an neuen Nachrichten kommt", sagte der 55-Jährige im ZDF. Der frühere IAAF-Präsident Lamine Diack habe seine kriminelle "Schattenregierung" nur etablieren können, "wenn andere dieses Spiel mitmachen", sagte Hörmann - und stellte auch die Frage nach der Mitverantwortung Digels: "Wo war unser Vertreter in diesem Verband, der zwei Jahrzehnte neben dem Präsidenten - in diesem Fall muss man ja sagen: dem Verbrecher - sitzt?"

Das IOC hat zu den Tokio-Spielen 2020 nun Unterlagen angefordert

In der vergangenen Woche hatte eine Kommission der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada ihren zweiten Bericht zu Doping-Vertuschung und Korruption in der IAAF vorgestellt. Er setzt auch Diacks langjährigen Stellvertreter und heutigen Nachfolger Sebastian Coe unter Druck. Der Brite kündigte nun an, alle IAAF-Konten durchleuchten zu lassen. Dabei wolle man Aufschluss über möglicherweise suspekte Sponsoring-Verträge erhalten, sagte Coe der Internetseite Inside the Games. Unter anderem sind die Vergaben der Weltmeisterschaften nach Doha/Katar (2019) und Eugene/USA (2021) in den Fokus geraten. Der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Clemens Prokop, forderte in der FAZ gar, zu prüfen, "ob eine neue Vergabe notwendig ist". Mit der Vergabe an Eugene war indes Coe selbst in Verbindung gebracht worden. Als Marken-Botschafter der Firma Nike soll er großes Interesse an einer WM im US-Bundesstaat Oregon gehabt haben. Die Nike-Zentrale ist nicht weit von Eugene entfernt.

Konkrete Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gab es in dem Wada-Bericht in Bezug auf Tokio, den Gastgeber der Sommerspiele 2020. In einer Fußnote heißt es, die Bewerberstadt Istanbul habe die Unterstützung des damaligen IOC-Mitglieds Diack verloren, weil die Türkei keinen Millionen-Deal mit der IAAF abschließen wollte. Japan soll dagegen gezahlt haben. Japans NOK-Präsident Tsunekazu Takeda wies das inzwischen zurück. Ein IOC-Sprecher erklärte, das IOC habe die entsprechenden Unterlagen bei der Wada angefordert.

Ein früherer Rugby-Trainer soll derweil die russische Leichtathletik aus ihrer schwersten Krise führen. Gut ein halbes Jahr vor den Spielen in Rio setzt Moskau auf den Sportfunktionär Dmitri Schljachtin, um das vom Dopingskandal ruinierte Image wieder aufzubauen. Der Leichtathletikverband WFLA wählte den Sportminister des Wolga-Gebietes Samara am Samstag zum neuen Präsidenten. "Die IAAF erwartet von uns radikale Entscheidungen", sagte der 49 Jahre alte Schljachtin der Fachzeitung Sport-Express. Stand heute sind russische Leichtathleten für die Rio-Spiele kollektiv gesperrt.

© SZ vom 18.01.2016 / dpa, sid, sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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