Hoeneß beim FC Bayern:Siegen und Schweigen für Uli

FC Bayern München - FC Arsenal

Gestern: Uli Hoeneß (mit roten Handschuhen) auf der Tribüne des FC Bayern. Heute: wieder vor Gericht.

(Foto: dpa)

Auf der Tribüne jubelt Uli Hoeneß wie immer, trotzdem liegt Düsternis über dem Champions-League-Abend des FC Bayern. Auch Spieler, die sonst immer reden, verweigern die Aussage zum Gerichtsverfahren ihres Präsidenten. Die Zuschauer halten sich mit Solidaritätsbekundungen merklich zurück.

Aus dem Stadion von Thomas Hummel

Die Botschaft des Abends lautete: Wenn der FC Bayern München spielt, dann sitzt Uli Hoeneß auf der Haupttribüne der Münchner Fußballarena. Mit einem dicken rot-weißen Schal über den Schultern. Selbst wenn da draußen die Welt untergeht, hier drinnen ist alles wie immer.

Uli Hoeneß steht wegen seiner Steueraffäre seit mehr als einem Jahr im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit. Doch abtauchen war für ihn nie ein Thema. Rücktritt? Auf keinen Fall! Nach zwei Tagen vor Gericht hat sich für ihn alles ziemlich fürchterlich entwickelt, fürchterlicher als sich das Beobachter je vorstellen konnten. Es geht nun um hinterzogene Steuern von mehr als 27 Millionen Euro. Es deutet sich ein Desaster an, eventuell eine mehrjährige Haftstrafe. Doch Uli Hoeneß bleibt.

Der Vereinspräsident und Vorsitzende des Aufsichtsrats saß beim Rückspiel des Champions-League-Viertelfinals gegen Arsenal London auf der Tribüne, neben ihm Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, in der Reihe hinter ihm sein Bruder Dieter sowie Bundestrainer Joachim Löw, dessen Assistent Hansi Flick und DFB-Manager Oliver Bierhoff. Als Verteidiger Javi Martínez nach 27 Minuten ins Tor traf, sprang Hoeneß jubelnd von seinem Sitz hoch und riss wie sonst keiner auf dieser Haupttribüne die Arme in die Höhe. Er ist eben auch Fan seines Klubs.

Hoeneß hatte sich in diesem Moment zu früh gefreut, denn Martínez stand im Abseits. Seine Bayern erreichten dennoch souverän die nächste Runde, das 1:1 reichte am Ende locker. Sportlich läuft weiterhin alles wie geschmiert. Und dennoch lag aus Sicht des FC Bayern eine Düsternis über diesem Abend. Was wird nur aus dem Patron?

Matthias Sammer sagte beim TV-Sender Sky, dass Hoeneß "inhaltlich alleine damit zurechtkommen" müsse. "Aber nichtsdestotrotz sollte ein Verein und eine Mannschaft immer daran denken, was Uli für uns geleistet hat." Da habe man in so einem Spiel dann auch Verantwortung. Also siegen für Uli? Damit er einen schönen Abend erlebt, bevor es vor Gericht wieder unangenehm wird?

Nach der Partie war von den Verantwortlichen des Klubs nichts mehr zu hören. Karl-Heinz Rummenigge mied die Öffentlichkeit. Sammer eilte fast im Laufschritt Richtung Parkplatz und schrie den Reportern zu: "Der Arjen kommt gleich!" Er meinte Arjen Robben, der dann brav erzählte, dass Thomas Müller auch super Elfmeter schießen könne.

Ribéry verteidigt Hoeneß

Als dieser Thomas Müller nach der Debatte um seinen verschossenen Strafstoß auf das Schicksal seines Präsidenten angesprochen wurde, beendete er wortlos das Gespräch. Manuel Neuer behauptete, er habe überhaupt nichts gelesen und hoffe einfach, dass alles gut ausgehe. Trainer Pep Guardiola erklärte: "Das sind Dinge, die seine Sache sind und über die wir jetzt nicht reden." Andere stellten sich der unangenehmen Materie.

Kapitän Philipp Lahm sagte, dass der Prozess um den Präsidenten "in der Mannschaft auch ein Thema sei". Kollege Franck Ribéry gab gar eine kleine Erklärung ab: "Uli Hoeneß ist eine große Person, nicht nur für die Mannschaft, sondern für den ganzen Klub. Ich glaube, der FC Bayern braucht Uli Hoeneß jeden Tag. Wir sind mit ihm!"

Der Franzose ist ein emotionaler Mensch und er hat Uli Hoeneß einiges zu verdanken. Wenn der frühere Trainer Louis van Gaal den eigenwilligen Ribéry zu hart anfasste, konnte dieser dem Präsidenten immer gerne sein Leid klagen. Am Ende der Geschichte musste van Gaal gehen. Und als Ribéry erheblichen Ärger wegen einer Affäre mit einer minderjährigen Prostituierten hatte, schützte ihn Hoeneß so gut es ging. Und jetzt warf sich der Spieler seinerseits mit allem, was er hat, für seinen Mentor in den Kampf.

So in etwa funktionierte das Bayern-System bisher: Uli Hoeneß half und verteidigte zur Not alle Mitglieder der Klub-Familie gegen die Unbill der feindlichen Welt. Jetzt steht dem Präsidenten der Dreck bis zum Hals und es folgen die Solidaritätsbekundungen seiner Clanmitglieder.

Allein die Zuschauer im Stadion hielten sich zurück. Hatten die Fans ihren Uli Hoeneß bei der Jahreshauptversammlung des Klubs im November noch gefeiert und als "besten Mann" besungen, blieb das Publikum am Dienstagabend ruhig. Ein einsames, kleines Uli-Plakat hob jemand auf der Südtribüne hoch, sonst wurde der Anwesende erfolgreich ignoriert. Keine Sprechchöre, nichts. Ausdruck einer ersten Entfremdung zwischen Volk und Präsident?

Mikrofonen und Kameras ging Hoeneß aus dem Weg. Er verließ das Stadion nicht wie gewohnt durch den Medienausgang, sondern nahm den VIP-Ausgang. Dort wartete ein Reporter der Bild-Zeitung, der ihn sogleich nach seinem Befinden fragte. Hoeneß antwortete demnach: "Es geht mir gut." Er soll dabei durchaus beschwingt gewirkt haben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: