Hockey:Hektisch und genervt

Neun Punkte: Die deutsche Männer-Nationalmannschaft ist noch unbesiegt - und doch unzufrieden. Nach dem 2:1 gegen Indien sagte der erschöpfte Moritz Fürste: "Es gibt noch ganz viel zu verbessern." Nun ist Argentinien der Gegner.

Von Volker Kreisl

Moritz Fürste stand in der Mixed Zone, er beantwortete Frage um Frage, während ihm noch der Schweiß herunterlief. Es ging letztlich darum, wie weit dieses jüngste Team im Teilnehmerfeld bei Olympia noch kommen kann, und was das Spiel soeben schon gezeigt hatte. Fürste suchte nach Antworten, und als er sich einmal umdrehte, erblickte er einen Stuhl, und schon antwortete der Kapitän im Sitzen weiter.

Es sind anstrengende Tage gerade. Die Winterhitze in Rio ist beachtlich, vor allem zur Mittagszeit, wenn wegen der Sonne das Wasser im Kunstrasen verdampft und die Luftfeuchtigkeit steigt. Die deutschen Männer haben bislang zwar alle Spiele gewonnen, doch sind sie noch dabei, ihre Turnierform zu finden - jenen selbstverständlichen Spielfluss, in dem die Deutschen noch unter Trainer Markus Weise ihre Olympiasiege geholt hatten, die Frauen 2004 in Athen, die Männer danach in Peking und in London. Die Spielweise ist jetzt aber noch bemüht und verkrampft. Nach dem 2:1 gegen Indien sagte der erschöpfte Fürste: "Es gibt noch ganz viel zu verbessern." Nach dem 3:2 gegen Irland einen Tag später erklärte Trainer Valentin Altenburg sofort: "Ich bin ziemlich unzufrieden."

Sein Team gewinnt, es hat neun Punkte und somit die erste Pflicht erfüllt, und es hat auch manche Grundaufgabe auf dem Feld erledigt. Die deutschen Strafecken, die Altenburg bei seinem Antritt als Bundestrainer im November noch als "Witz" bezeichnet hatte, führen wieder regelmäßig zu Treffern, zwei gelangen gegen Irland, Moritz Fürste war jeweils der Torschütze. Auf dem Spielberichtsbogen sieht der Auftritt der Deutschen also gut aus, dennoch ist niemand so richtig beruhigt.

Denn mit jedem Spiel in so einem Turnier wachsen auch die Gegner, und die Deutschen treffen nun auf die schwersten ihrer Gruppe, es ist ein Vorgeschmack auf die K.-o.-Phase ab nächster Woche. Am Donnerstag (17.30 Uhr MESZ) geht es gegen Argentinien, danach gegen den Klassiker-Gegner Niederlande. In diesen Partien könnte sich schon zeigen, ob die vielen Ansätze, die Dynamik im Sturm, die manchmal kluge Spieleröffnung oder die ausgedehnten Kombinationen zu einem effektiven Ganzen zusammenkommen.

Immer noch unterlaufen dem Team Fehler in allen Mannschaftsteilen. Vorne wurde gegen Irland zu hektisch angerannt, was viele Ballverluste verursachte. "Das war viel zu ungeduldig und viel zu schnell genervt", fand Altenburg. Und die Abwehr hat immer noch Schwierigkeiten bei Tempogegenstößen oder ist nicht konsequent genug gegen Einzelaktionen wie bei den Gegentoren. So freuen sich die Deutschen lieber nicht zu sehr über ihre Punkte, sondern versuchen, sich vor dem Spiel gegen Argentinien, gegen diese aggressive und unberechenbare Mannschaft, zu erholen. Ausruhen, rumfläzen, joggen, Playstation spielen, nannte Fürste als Varianten für den Regenerationstag. Stühle zum Hinsetzen gibt es im olympischen Dorf auch genug.

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