Hockey:Der Stratege geht von Bord

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Stefan Kermas. (Foto: Claus Schunk)

Stefan Kermas vom Münchner SC ist zum Hockey-Bundestrainer ernannt worden. Das ist für seinen Klub einerseits eine große Ehre, aber auch ein sehr schwerwiegender Verlust.

Von Katrin Freiburghaus

Wenn die Hockey-Männer des Münchner Sportclubs (MSC) in gut einer Woche in die Hallen-Saison starten, werden sie das unter der Aufsicht des neuen Bundestrainers tun. Zwar hat sich auf der Bank der in der Halle erstklassigen Mannschaft personell nichts verändert - der Trainer heißt unverändert Stefan Kermas. Allerdings hat der 37-Jährige seit Freitag dieser Woche einen neuen Job: Der Jurist übernahm mit sofortiger Wirkung die Verantwortung für die deutsche Hockey-Nationalmannschaft.

Diese Nachricht ist für den MSC als weit von den Hockey-Hochburgen im Norden und Westen entfernten Klub so schmeichelhaft wie niederschmetternd. André Schriever, ehemaliger Spieler unter Kermas und derzeit Interimscoach der MSC-Frauen, fasst die Stimmungslage so zusammen: "Wenn man aus sportlicher Sicht so einen Mann verliert, ist das extrem uncool, aber er hat es sich mehr als verdient und für ihn persönlich freut es mich ungemein."

Der Berliner Kermas war erstmals von 2007 bis 2011 Männer-Trainer beim MSC und kehrte 2013 zunächst als Sportdirektor zurück, trainiert seine alte Mannschaft aber seit 2015 wieder und trieb zuletzt den dringend notwendigen Verjüngungsprozess des Kaders voran. Das Vermögen, Spieler besser zu machen, nennt Schriever eine von Kermas' "größten Stärken". Die vielen Jungen im aktuellen Kader hätten "unter ihm enorme Leistungssprünge gemacht".

Diese Fähigkeit prädestiniert Kermas geradezu für das aktuelle Anforderungsprofil des Deutschen Hockey-Bundes (DHB), wo er mit dem weiter für die U21 zuständigen Valentin Altenburg für eine bessere Verzahnung von Jugend- und A-Mannschaft verantwortlich zeichnen soll. Die Rahmenbedingungen beim DHB sind Kermas aus seiner Zeit als Co-Trainer von Markus Weise hinlänglich bekannt: In dieser Funktion gewann er in Peking und London bereits zweimal Olympia-Gold.

Die für den DHB folgerichtige Berufung hat für den MSC gleich mehrere Haken. "Die DHB-Tätigkeit ist eine exklusive, weshalb es schon allein aufgrund der gebotenen Neutralität nicht möglich ist, für den MSC operativ tätig zu sein", sagt Kermas. Für die Dauer der Hallen-Saison vereinbarte er mit dem DHB zwar noch eine Doppel-Funktion, "so dass wir einen guten gemeinsamen Abschluss finden", wie er sagt. Nach der Hallen-Runde muss sich der MSC allerdings erstens nach einem neuen Coach für die Männer umsehen und zweitens seinen Chef-Strategen ersetzen. Letzteres dürfte ungleich komplizierter werden, zumal Kermas als Trainer ohnehin nur noch bis zum Saisonende zur Verfügung gestanden hätte.

Neben seinem umfangreichen Netzwerk wird Kermas klubintern für die Hingabe geschätzt, die er dem Hockey und seiner Wahlheimat München entgegenbringt. Seit seiner Rückkehr hatte er sich im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten für eine größtmögliche Professionalisierung eingesetzt, im Grunde aber Berührungspunkte mit fast allen organisatorischen Bereichen im Klub gehabt. "Jemand mit diesem hohen Maß an strategischem Hockey-Verständnis wird schwer zu ersetzen sein", sagt Abteilungsleiter Frank Ommert. Womöglich wird Kermas sein Netzwerk aber für die Suche nach dem eigenen Nachfolger noch einmal aktivieren.

© SZ vom 26.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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