Historisches Triple des FC Bayern:Meisterstück der Allesgewinner

FC-Bayern-Coach Jupp Heynckes lässt sich nach dem Sieg im DFB-Pokal von seinen Spielern feiern.

Umjubelt: Jupp Heynckes.

(Foto: REUTERS)

"Historisch", "außergewöhnlich", "großartig": Der FC Bayern komplettiert seine Wahnsinns-Saison mit dem Pokalsieg gegen Stuttgart. Die Freude über das erste Triple einer deutschen Herren-Fußballmannschaft fällt überschwänglich aus - Trainer Jupp Heynckes feiert einen umjubelten Abschied.

Von Jonas Beckenkamp, Berlin

Das Olympiastadion mutierte gerade zur Partyzone, doch der Protagonist des Abends wusste nicht so recht, wohin. Jupp Heynckes schlenderte geradezu beckenbaueresk über den Rasen, gedankenversunken, aber auch etwas orientierungslos. Für einen, der gerade Historisches erreicht hatte, war das keine Heldenpose, sondern eher ein Akt der Verlegenheit.

Die Bayern hatten soeben den DFB-Pokal eingeheimst, jenen dritten Titel in dieser Saison, der das erste Triple einer deutschen Herren-Mannschaft vollkommen werden ließ. Meisterschaft, Champions League und Cup - die Tragweite dieser erstaunlichen Kombination aus Erfolgen dürfte dem Trainer der Münchner in diesem Moment erst klar geworden sein.

Und so holte sich Heynckes erst ein paar Glückwünsche vom Gegner ab, ehe er von seinen Spielern und den Anhängern ("Jupp, Jupp, Jupp!") zum Feiern in die Kurve zitiert wurde. Dort angekommen, purzelte er plötzlich quer durch die Luft. Die Fußballer des FC Bayern warfen ihn hoch und fingen ihn wieder auf, wie das nach großen Siegen üblich ist. Doch die Beziehung zwischen dem Coach und seiner Elf dürfte mittlerweile alles andere als alltäglich sein. Das 3:2 (1:0) gegen den VfB Stuttgart war sein letztes Spiel, einen emotionaleren Abschied kann es für ihn von diesem Klub nicht geben.

"Das alles bedeutet mir wahnsinnig viel", sagte der 68-Jährige gerührt, "was wir diese Saison erreicht haben, ist historisch. Es ist etwas ganz Außergewöhnliches." Neben ihm befand sich da bereits Torwart Manuel Neuer, der ähnlich euphorisiert wirkte. "Nach den Enttäuschungen der vergangenen Saison hatten wir eine Riesenmotivation - dieser Erfolg jetzt ist schwer zu toppen." Er ist, um genau zu sein, gar nicht zu toppen, denn mehr gibt es im Vereinsfußball in einem Jahr schlichtweg nicht abzuräumen.

Wie der finale Rundumschlag der Münchner gegen den VfB letztlich zustande gekommen war, interessierte kaum mehr jemanden. Wer es aber wissen will, dem sei gesagt: Erst mühte sich der Rekordmeister nach den Feierlichkeiten der Vorwoche wie in einer Art Ausnüchterungsspiel durch die erste Halbzeit, dann trug ihn der reine Wille noch zum knappen Sieg.

Ein Kapitel für die Sportgeschichte

Stuttgart brachte die Bayern zunächst arg in Bedrängnis, ehe Thomas Müller per Elfmeter (37. Minute) den Nussknacker gab. Was dann passierte, kommentierte eben jener Müller auf seine Art: "Ich möchte dieses Spiel gar nicht analysieren, das ist mir heute scheißegal."

Zwei weitere Treffer von Mario Gomez (48., 61.) bescherten der besten Elf des Kontinents eine komfortable 3:0-Führung, ehe zwei Tore von Martin Harnik (71., 80.) noch einmal für schlotternde Knie bei den Münchnern sorgten. Doch dieser Abend konnte kein anderes Ende nehmen als jenen großen Triumph der überlegenen Bayern, das war klar.

Als der Abpfiff erfolgte, kulminierten die Emotionen in vollem Überschwang: Bastian Schweinsteiger rannte mit ausgestreckten Jubelfäusten zu den Fans, Philipp Lahm herzte seinen Kumpel aus Jugendtagen ausgiebig und als Heynckes wieder Boden unter den Füßen hatte, schwappte schon der Gerstensaft über ihn hinweg.

Auch das Lob kam von allen Seiten. "Chapeau für den Trainer. Er ist ein so guter Mensch und macht uns mit 68 Jahren viel Spaß", erklärte Franck Ribéry, in Spaßmacherfragen selbst ein notorischer Auskenner. "Für Jupp könnte es nicht besser sein. Mit drei Titeln zu gehen, ist großartig", sagte Arjen Robben. Dass ausgerechnet die beiden Individualisten des bayerischen Ensembles derart schwärmten, untermauert das enorme Standing des Jupp Heynckes.

Und der Gefeierte selbst? Gab fleißig Komplimente zurück. Erwähnte fast alle seine Akteure einzeln in seinem Schuss-Plädoyer als Bayern-Coach - sogar die zur Nationalelf gereisten Brasilianer Dante und Luiz Gustavo oder die verletzten Holger Badstuber und Toni Kroos. "Das sind alles Weltklasse-Spieler", sagte Heynckes über sein Personal. Er freue sich besonders "für die zwei Kapitäne Lahm und Schweinsteiger, denn zu großen Karrieren gehören eben auch einzigartige Erfolge auf diesem Niveau." Über sich selbst wollte der Trainer an diesem Abend in Berlin nicht reden. Wie seine Zukunft aussieht, gibt er am Dienstag auf einer Pressekonferenz in München bekannt.

Auf dieses Level schafften es beide erst in den vergangenen zwei Jahren, als Heynckes die Bayern zu einer schier unbesiegbaren Einheit formte. Wer nun also mehr Anteil am Münchner Meisterstück hat, lässt sich schwer sagen. Fest steht aber: Die Sportgeschichte ist seit dieser Nacht im Berliner Olympiastadion um ein gehöriges Kapitel reicher.

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