Herzschlag-Finale der Formel 1:Schumacher holt seinen sechsten Titel

Der Deutsche habe "Geschichte geschrieben" und "den Olymp erklommen" - so die Reaktionen auf den Triumph. Schumi wurde in einem spannenden Rennen nach zwei Kollisionen Achter und holte so den entscheidenden Punkt. Dies genügte, denn Ferrari-Kollege Barrichello verhinderte den Sieg des Rivalen Räikkönen.

Michael Schumachers erster Gang nach dem Gewinn des historischen sechsten WM-Titels führte zu Rubens Barrichello. Der Ferrari-Pilot fiel nach dem achten Platz beim Formel-1-Finale in Suzuka seinem Teamkollegen um den Hals, der ihm mit dem Sieg beim Großen Preis von Japan wertvolle Schützenhilfe geleistet hatte.

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Die drei von der Ferrari-Tankstelle: Jean Todt, Rubens Barichello und Michael Schumacher

(Foto: Foto: AP)

Kurz darauf sprang Teamchef Jean Todt dem Kerpener mit Anlauf in die Arme. "Wir haben Geschichte geschrieben", sagte Schumacher, der als erster Fahrer seit Einführung der Königsklasse 1950 sechsmal Weltmeister wurde und sich damit selbst ein Denkmal setzte.

Fangio überholt

Mit dem Triumph von Suzuka hat Schumacher den legendären Argentinier Juan Manuel Fangio überholt. "Ich möchte mich aber nicht mit ihm messen. Der Mann steht viel höher als ich mich selbst sehe. Da gibt es überhaupt keinen Vergleich", sagte der Deutsche.

Der 34-Jährige musste aber viel länger um den Erfolg zittern als ihm lieb war. In einem turbulenten Rennen mit zwei Kollisionen mit dem Japaner Takuma Sato und seinem Bruder Ralf kam Schumacher am Ende auf den achten Platz und holte damit genau den einen Punkt, der rechnerisch noch gefehlt hatte.

Montoya führte - und schied aus

Obwohl die Strecke feucht war, gab es am Start zur 22. Titel-Entscheidung im letzten Rennen keine Probleme. Michael Schumacher machte zwei Plätze gut, verbesserte sich auf Rang zwölf. Auch der von Rang acht gestartete Räikkönen machte gleich zwei Ränge gut. Vorne überholte Montoya im Williams-BMW den auf der Pole-Position gestarteten Barrichello.

Doch kurz vor Ende der sechsten Runde stockte den Schumacher-Fans erstmals der Atem. Der japanische Villeneuve-Ersatz Takuma Sato im BAR-Honda erwischte den ungestüm agierenden Weltmeister mit dem rechten Hinterrad an der Nase des Ferraris. Der Kerpener fuhr mit beschädigtem Auto an die Box, blieb 18,1 Sekunden in der "Werkstatt" und nahm das Rennen als 20. wieder auf.

Doch es kam noch schlimmer für den haushohen Titelfavoriten: Der souverän führende Montoya blieb in der neunten Runde stehen und schied aus. Im Kampf um die Konstrukteurs-WM war das für den britisch-bayerischen Rennstall das Aus und für Michael Schumacher ein weiteres Warnsignal.

Kollision mit Bruder Ralf

Heimlich, still und leise schob sich Räikkönen auf der 5,807 km langen Strecke Position um Position nach vorne. Als das Spitzenduo Barrichello und Alonso in Runde 13 zum Reifenwechsel an die Box kam, übernahm der junge Finne die Spitze und war erstmals auf Weltmeister-Kurs. Räikkönen hatte gar 41,547 Sekunden Vorsprung auf den großen Rivalen Schumacher. Doch als der Finne erstmals an die Box kam, änderte sich das Bild wieder.

Auch nach Barrichellos zweitem Boxenstopp änderte sich an dieser Situation nichts. Er lag vor dem McLaren-Mercedes-Team Coulthard und Räikkönen. Doch auf die Hilfe seines Teamkollegen wollte Schumacher nicht bauen: "Man weiß nie, was da vorne passiert. Ich musste mich auf mich selbst verlassen." Der Weltmeister kämpfte. In der 41. Runde gerieten die beiden Schumacher-Brüder heftig aneinander und hätten sich beinahe von der Strecke "geschossen".

Doch nach 53 Runden gab es ein Happy End für den Rekordchampion, der nach 16 Rennen mit vielen Höhen und Tiefen zwei Punkte mehr auf dem Konto hatte als Räikkönen (93:91) und nun im vierten Jahr in Folge die Nummer eins der Königsklasse ist.

Schumacher, der kurz nach dem Rennen ein rotes Rennrad von dem Tour-Zweiten Jan Ullrich geschenkt bekam, hat in nur 12 Jahren die Formel-1-Geschichte fast komplett umgeschrieben: sechs WM-Titel, 70 GP-Siege, 1038 WM-Punkte - die Liste seiner Bestmarken lässt sich schier endlos fortsetzen.

Dank an Ferrari-Team - den Sieger der Konstrukteurswertung

Nach dem ersten Interview-Marathon flitzte Schumacher mit einem Elektroroller zur Ferrari-Box. Seine Mechaniker nahmen ihn auf die Schultern, duschten ihn mit Bier und Schampus, feierten und sangen, bis die Wände wackelten. "Was unser Team alles erreicht hat, ist fantastisch. Nach Hockenheim und Budapest hatten uns viele schon abgeschrieben, aber wir sind wieder da", sagte Schumacher.

Ferrari gewann zudem als erstes Team überhaupt zum fünften Mal in Folge und zum 13. Mal insgesamt die Konstrukteurswertung: "Wir sind eine große Familie, und ich bin stolz darauf, ein Teil davon zu sein." Nach der obligatorischen Siegerzigarre bei Promi-Wirt Karl-Heinz Zimmermann im Fahrerlager und einem Abendessen mit dem ganzen Team sollte der historische Tag schließlich weit nach Mitternacht traditionell in den Karaoke-Hütten von Suzuka ausklingen.

Frust bei BMW, Zufriedenheit bei Mercedes

Wenig Lust zum Feiern hatte Ralf Schumacher, der seinen Frust kaum verbergen konnte. "Ich bin maßlos enttäuscht", sagte "Schumi II", der in Suzuka nur auf Rang zwölf landete: "Der sechste Titel ist schön für Michael, aber mir hilft das nicht weiter. Wir hatten bis zwei Rennen vor Saisonende die Chance auf beide WM-Titel, am Ende haben wir alles vergeigt und den Erfolg weggeworfen", sagte der 28-Jährige.

Immerhin blieben die Weiß-Blauen trotz der Nullnummer - Juan Montoya fiel aus - knapp vor McLaren-Mercedes Zweiter. "Diese Saison war für uns eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Wir mussten in den letzten Rennen aber erkennen, dass unser Team noch nicht reif für den Titel war", sagte BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen.

Auch wenn Räikkönen den ganz großen Coup nicht mehr geschafft hat, war der Saisonausklang für die Silberpfeile mit den Plätzen zwei und drei (David Coulthard) versöhnlicher. "Wir können ein positives Fazit ziehen, auch wenn wir nicht ganz gut genug waren. Es war eines der besten Formel-1-Jahre, an die ich mich erinnern kann, und wir haben dazu beigetragen", sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug: "Im nächsten Jahr greifen wir mit Räikkönen und Coulthard wieder an."

(sueddeutsche.de/sid/dpa)

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