Hertha siegt beim Gisdol-Einstand:Zwei Geschenke für Zejna

Hertha-Stürmer Vedad Ibisevic feiert beim 2:0 der Berliner die Geburt seiner Tochter und den Sieg gegen den HSV. Und verdirbt damit den Einstand von Hamburgs Trainer Markus Gisdol.

Von Javier Cáceres, Berlin

Es gibt bei Hertha einen Mann, der stets ein Tor in sich trägt. Sein Name: Vedad Ibisevic, Kapitän der Berliner und gebürtiger Bosnier. Am Abend des Spiels gegen den Hamburger SV ward ihm ein Kind geboren; Zejna ist der Name des Mädchens, das "zu einem überragenden Zeitpunkt" mit 52 Zentimetern und 3340 Gramm auf die Welt kam, wie Ibisevic berichtete. Er begrüßte sie auf seine Weise: Mit zwei Toren, die der Hertha zum 2:0-Sieg gegen den Hamburger SV gereichten und dem neuen Trainer der Hanseaten, Markus Gisdol, das Debüt verhagelten.

Es war, von Beginn an, das anregendste Spiel, das in dieser Bundesligasaison auf Berliner Boden zu beobachten war. Hamburg traf auf eine ebenso stabile wie eingespielte Berliner Mannschaft, die zu keinem Zeitpunkt die Ausfälle von Vladimir Darida und Petar Pekarik spürte und von Beginn an den Respekt des Gegners einforderte. Doch an dem ganzen Duktus der Hamburger war zu erkennen, dass trotz des miserablen Saisonstarts - ein Punkt aus fünf Spielen - das Selbstwertgefühl intakt geblieben ist.

Darauf hob auch Gisdol ab, als er nach dem Spiel erklärte, dass seine Mannschaft, die erstmals in dieser Saison im 4-4-2-System spielte, "eine erste, gute Visitenkarte abgegeben" habe. "Mir hat gefallen, wie sie aufgetreten ist, wie sie versucht hat, gemeinschaftlich Bälle zu erobern, nach vorne zu spielen, schnelle Umschaltbewegungen zu machen", lobte Gisdol, der zu Wochenbeginn als Nachfolger von Bruno Labbadia bestellt worden war.

Sie feierten wie einst Romário und Bebeto

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Gruß an die Tocher: Kapitän Vedad Ibisevic (M.) feiert mit den Mitspielern seine beiden Tore und die Geburt seines Kindes.

(Foto: M.I.S./imago)

Nach gut zehn Minuten hatten die Hamburger auch die ersten Chancen des Spiels - erst durch Nicolai Müller, der nach einer Kopfballstafette den Ball übers Gebälk köpfelte, dann durch Filip Kostic, der nach einer Kopfballablage durch den erstmals in dieser Saison in der Startelf agierenden Stoßstürmer Pierre-Michel Lasogga ebenfalls über das Tor schoss.

Hertha konterte dies durch zwei Aluminiumtreffer. Erst traf Außenverteidiger Mitchell Weiser aus vollem Lauf nur die Querstange (15.), später jagte Genki Haraguchi den Ball aus 18 Metern nach einer kurz ausgeführten Ecke an den linken Pfosten. Unmittelbar vor dem Schuss von Esswein hatte der Schweizer Valentin Stocker schon eine gute Einschussmöglichkeit gehabt, die jedoch Hamburgs Torwart René Adler vereitelte.

All das war aber nur das Präludium für das Führungstor der Berliner, bei dem Ibisevic seine Torjägerqualitäten maximal ausschöpfte. Der Bosnier bekam einen von Lasogga abgefälschten Schuss aus der zweiten Reihe vor den Fuß und bugsierte den Ball mit dem Außenrist aus kurzer Distanz an den rechten Innenpfosten. Zur Feier des Treffers formierte sich nahezu die gesamte Berliner Mannschaft wie weiland die Brasilianer Romário, Bebeto und Mazinho bei der WM 1994 - und wiegte in ihren Armen symbolisch das Kind, das Ibisevic am Freitag um 22.19 Uhr geboren worden war, keine 90 Minuten, nachdem bei Ibisevics Frau die Wehen eingesetzt hatten. "Um Zwölf war ich schon im Bett", sagte Ibisevic - und damit vor dem Tor hellwach.

Stocker musste nach einer Attacke verletzt raus

Der Rückstand nagte am Gemüt der Hamburger, doch vor der Halbzeit sorgten sie wieder für Gefahr. Erst lenkte Herthas Torwart Rune Jarstein einen direkten Freistoß von Lasogga mit den Fingerspitzen an die Querlatte (37.), dann hatte Hertha Glück, als Kostic bei einem Konter im Strafraum einen Pass auf den freien Lasogga in die Hacken von Sebastian Langkamp schoss. Nach der Pause versuchte Hamburg wieder mehr Präsenz zu zeigen. Doch Hertha administrierte den Vorsprung kühl und regte in der 58. Minute die Schweißproduktion der Hamburger an.

Hertha BSC - Hamburger SV

Nichts zu lachen: Hamburgs neuer Trainer Markus Gisdol.

(Foto: Maurizio Gambarini/dpa)

Nach einem eklatanten Fehler des Innenverteidigers Cleber stand Stocker allein vor Torwart Adler, aber der defensive Mittelfeldspieler Douglas Santos rettete gleich zwei Mal mit gekonnten Tacklings. Kurz darauf wechselte Gisdol den Spielmacher Alen Halilovic ein, Bobby Wood musste weichen. Doch noch ehe der Kroate das Spiel interpretieren konnte, verlor der defensive Mittelfeldspieler Albin Ekdal ein Laufduell mit Stocker und brachte den Schweizer im Strafraum zu Fall. Den Strafstoß verwandelte Ibisevic sicher zum 2:0. "Das erste war für meine Tochter, das zweite war für meine Frau", sagte Ibisevic.

"Es wird ein steiniger Weg", ahnt HSV-Torwart Adler

Dass Stocker nach der Attacke verletzt ausgewechselt werden musste (es kam Allen), konnten die Berliner verschmerzen. Ebenso, dass Ibisevic in der 74. Minute nach einer Links-Flanke von Marvin Plattenhardt völlig frei den Ball aus sechs Metern neben das Tor setzte, oder dass Esswein in der Schlussminute das leere Tor nicht traf, nach einem atemberaubenden Stockfehler von Lewis Holtby vor der Strafraumgrenze. Denn an dem Sieg, mit dem sich Hertha in der Spitzengruppe der Tabelle festsetzt, war nicht mehr zu rütteln.

"Uns fehlt einfach das Quäntchen Glück vor dem Tor", sagte Hamburgs Lasogga - und spulte damit eine Klage ab, die in Hamburg schon unter Gisdols Vorgänger Labbadia bekannt war. "Es wird ein harter, steiniger Weg", sagte Hamburgs Torwart Adler, dessen Team weiter auf den ersten Sieg warten muss.

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