Hertha BSC Berlin vor dem Abstieg:Wenig Mut, viel Verzweiflung

Wieso gelingt es Hertha BSC Berlin in schöner Regelmäßigkeit, sich zum Gespött zu machen? Es fehlt der Mut für das richtige Personal. Und der Mut zu langfristigerem Arbeiten wie es der Meister in Dortmund vormacht. Herthas Mannschaft wird im Abstiegsfall wohl komplett auseinanderfallen. Eine schlechte Nachricht muss das nicht sein.

Boris Herrmann, Berlin

Was die Eigentümlichkeiten des Fußballwesens in Deutschland betrifft, hat die Meisterstadt Dortmund einiges beizutragen. Man landet bei diesem Thema aber auch sehr schnell in Berlin. Und bei der Frage, wie es der Hauptstadt in schöner Regelmäßigkeit gelingt, sich zum Gespött der gesamten Fußballnation zu machen.

Zugegeben, der Verein Hertha BSC hat es schwer. Seine Heimat ist emotional gespalten, sein Stadion zugig, seine Konten leer. Den gegenwärtigen Herthanern ist all das nur bedingt vorzuwerfen. Ihr Job wäre allerdings, daraus das Beste zu machen. Das gelingt höchst selten.

Es gibt im Fußball nun einmal keinen Länderfinanzausgleich. Und schon gar keinen Länderpunkteausgleich. Mit seiner schwierigen Lage, die auch historisch bedingt ist, muss der Fußballstandort Berlin schon alleine zurechtkommen. Der glückselige Fußballstandort Dortmund zeigt, dass sowas möglich ist.

Wenn man so will, ist hier ja von zwei Hauptstädten zweier strukturschwacher Regionen die Rede. Gerade der Vergleich zwischen Berlin und Dortmund macht aber klar, dass der Erfolg im Fußball nicht nur von Strukturen abhängt. Sondern auch von Personen.

Es liegt erst ein halbes Jahrzehnt zurück, dass der BVB ähnlich schlecht dastand wie die Hertha heute - sportlich etwas besser, finanziell etwas schlimmer. Mit Entscheidungen, die im Wesentlichen Personalentscheidungen waren, haben die Dortmunder dann aus einem Wrack binnen weniger Jahre wieder eine Erfolgsmaschine gebastelt.

Was die Berliner, diesem Beispiel folgend, jetzt brauchen, ist vor allem: Mut. Mut zum wohlkalkulierten Risiko. Dem Trainer Klopp in Dortmund alle Zeit zu geben, die er für die Neuausrichtung benötigte, war mutig. Erst Skibbe und dann Rehhagel nach Berlin zu holen - auf diese Ideen muss man zwar auch erst einmal kommen. Mutig waren sie aber nicht, sondern eher Ausdruck wachsender Verzweiflung.

Die Berliner bräuchten, egal in welcher Liga, dringend einen Trainer, der auch mal eine Ergebniskrise - und zur Not auch einen Manager - überdauern darf. Was die Hertha nicht so dringend benötigt, sind dubiose Geschichten über geheime Mäzene und arabische Investoren. Und was sie gewiss nicht braucht, sind die damit verknüpften Andeutungen aus der Führungsriege, die darauf hindeuten: Wir machen so weiter wie bisher.

Herthas Mannschaft wird im Abstiegsfall wohl komplett auseinanderfallen. Nach den jüngste Ereignissen muss man sagen: Vielleicht ist das die erste gute Nachricht auf dem Weg zu einer besseren Zukunft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: