Hertha BSC Berlin:"Sorry, dass Sie warten mussten!"

Hertha BSC - Borussia Mönchengladbach

Zurück in Berlin, zurück vor der Ostkurve: Nach familiären Schicksalsschlägen im Sommer genießt Salomon Kalou "die Liebe der Fans" besonders.

(Foto: Rainer Jensen/dpa)

Drei Tore des spät in die Saison gestarteten Salomon Kalou dokumentieren Herthas Heimstärke.

Von Nico Fried, Berlin

Salomon Kalou hatte Probleme mit dem Kopf. Ein blauweiß gestreifter Verband schützte eine Platzwunde, die er sich an der Schläfe zugezogen hatte. Herthas Trainer Pal Dardai sprach spöttisch von einer Badekappe, die seinen Stürmer freilich nicht davon abhielt, drei Tore zu erzielen - wenn auch alle mit dem Fuß. So war das am 7. November 2015 in Hannover, als Hertha BSC Berlin bei 96 mit 3:1 gewann.

Fast auf den Tag genau ein Jahr später hat Kalou jetzt wieder drei Tore in einem Spiel geschossen. Ausgerechnet wenn sich feuchtklamme Herbsttemperaturen in die Muskeln beißen, scheint der Bewegungsapparat des Mannes von der Elfenbeinküste besonders gut zu funktionieren. Mit seinem Dreierpack erledigte Kalou unter dem Flutlicht des Berliner Olympiastadions am Freitagabend Borussia Mönchengladbach quasi im Alleingang.

Und doch war dieses Mal einiges anders, zum Beispiel was den Kopf angeht: Nicht mit sichtbaren Verletzungen hatte Kalou in den vergangenen Wochen zu kämpfen gehabt, sondern mit psychischen Wunden. Im August war sein Vater an einem Herzinfarkt gestorben, kurze Zeit darauf seine Tante. Die ersten Spiele der Saison hatte Kalou verstreichen lassen, mit der Einwilligung der Hertha-Bosse war der 31-Jährige für längere Zeit in die Heimat gereist.

Kalous Freudenfeier nach dem Schlusspfiff des Gladbach-Spiels währte fast so lange wie eine dritte Halbzeit. Vor der Fankurve nahm er die Ovationen der Zuschauer entgegen, die nach seinen 14 Toren in der Vorsaison diesmal fürs erste bis zum 10. Spieltag darben mussten. Anschließend zog er vor Kameras und Mikrofone. "Sorry, dass Sie warten mussten", sagte Kalou zur Begrüßung der Journalisten wohl unfreiwillig doppelsinnig. Dann legte er mit demselben Enthusiasmus los, mit dem er sich zuvor auf dem Spielfeld bewegt hatte: Er habe ein "gutes Gefühl", es sei fantastisch gewesen, die ersten Tore in der Saison zu schießen. Und dann auch noch in einem Heimspiel. Er sei froh, solche Unterstützung zu haben, weil es bisher eine schwierige Saison gewesen und er "durch viele Emotionen gegangen" sei, so Kalou. Nun aber spüre er "die Liebe der Fans."

Anders als in Hannover 2015, wo er für das Triple einen Elfmeter brauchte, erzielte Kalou diesmal alle Tore aus dem Spiel heraus, und eines davon mit dem Kopf. Zweimal bediente ihn dabei Mitchell Weiser, einmal mit einer präzisen Flanke, das andere Mal mit einem Flachpass durch eine schmale Gasse der Gladbacher Abwehr, wonach Kalous Schußweg zum Tor so frei war wie ein Boulevard am autofreien Sonntag. "Mitch hat fantastisch gespielt", so Kalou dankbar, das waren "zwei tolle Bälle". Die Vorlage zum zwischenzeitlichen 2:0 kam hingegen von den Gladbachern, als Nico Elvedis Befreiungsschlag zwar hoch angesetzt war, aber nicht hoch genug, um über die pi mal Daumen zwei Meter seines Mitspielers Yannick Vestergaard hinwegzufliegen. Von dessen Brust ploppte der Ball statt dessen direkt vor Kalous Füße.

Nach dem Spiel in Hannover vor einem Jahr berichtete Kalou, dass ihm Dreierpacks auch schon bei anderen Vereinen gelungen seien. Zwei für denselben Klub dürfte aber eine Premiere gewesen sein. Das kann durchaus als ein Indiz dafür gewertet werden, wie sich die Hertha unter Pal Dardai gefestigt hat. Spielte sie schon in der Vorsaison zur allgemeinen Überraschung lange Zeit vorne mit, steht sie nun schon wieder auf Platz vier. Vor allem aber wirkt die Mannschaft trotz einiger Spielerausfälle souverän und selbstbewusst, vor allem im eigenen Stadion, wo sie bislang alle fünf Spiele gewonnen hat.

Für die Gladbacher war es ein trostloser Abend, an dem sie nicht nur das Spiel verloren, sondern auch Patrick Herrmann mit schwerer Bänderverletzung und Christoph Kramer wegen gelb-roter Karte. Ihnen blieb nur die Hoffnung, dass es zwischen den beiden Dreierpacks von Kalou weitere Unterschiede gibt: Hannover 96, der Hertha-Gegner vor einem Jahr, stieg nämlich am Ende der Saison ab.

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