Hertha - Augsburg (15.30 Uhr):Hoffen auf die nächste Island-Saga

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Der FCA, dem Abstieg nahe wie lange nicht, braucht eine Trendwende im Kampf um den Klassenerhalt. Alfred Finnbogason könnte für die dringend benötigte Überraschung sorgen, kommt aber noch nicht in Tritt.

Von Maik Rosner, Augsburg

Zuletzt hatte es sehr viele positive Nachrichten aus Augsburg gegeben, jedenfalls galt das für die Personalie Alfred Finnbogason. Am 30. September 2016 hatte sich der Isländer vom Dienst beim FCA abmelden müssen, wegen einer hartnäckigen Schambeinentzündung ist er danach fast ein halbes Jahr ausgefallen. Die Behandlungen in seiner Heimat Island, in Katar und Augsburg schlugen lange Zeit nicht wie gewünscht an. Erst in der jüngsten Länderspielpause kehrte er im Test gegen den Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth zurück.

Es folgten gleich mehrere Erfolgsmeldungen. Nicht nur, dass der Stürmer bei seinem Comeback nach 19 Minuten mit einem hübschen Volleyschuss das Tor zum 1:1-Endstand erzielte. Auch Vaterfreuden stellten sich bei dem 28-Jährigen erstmals ein, seine Freundin brachte eine Tochter zur Welt. "Die letzte Woche war sehr schön für mich. Ich bin zurück auf dem Platz und bin Vater geworden. Deshalb bin ich sehr glücklich", sagte Finnbogason damals Ende März. Weil er nach seinem ersten Einsatz zudem beschwerdefrei geblieben war, ergänzte er hoffnungsfroh: "Ich fühle mich bereit."

Das Liga-Comeback von Finnbogason fiel ernüchternd aus

Etwas mehr als eine Woche später ist vor der Dienstreise des FC Augsburg zu Hertha BSC an diesem Sonntag (Anstoß: 15.30 Uhr) von Glückseligkeit nicht mehr viel übrig geblieben. Im Verein schon gar nicht, da der Abstieg aus der Bundesliga nach fünf sieglosen Spielen und vor allem ob der 2:3-Niederlage gegen den FC Ingolstadt am Mittwoch so nahe gekommen ist wie nie zuvor in dieser Saison. Nur noch vier Punkte Vorsprung hat die Mannschaft von Trainer Manuel Baum auf den bayerischen Konkurrenten, der dem FCA mindestens den Relegationsplatz 16 abjagen will.

Brauchen dringend wieder ein Erfolgserlebnis: Der FC Augsburg tut sich schwer zu punkten und steht derzeit auf dem ungeliebten Relegationsplatz. (Foto: Adam Pretty/Getty)

Bei Finnbogason ist die Freude mittlerweile ebenfalls getrübt. Sein Ligacomeback gegen den FCI fiel ziemlich ernüchternd aus. In den einschlägigen Publikationen wurde sein Auftritt überwiegend mit der Schulnote fünf bedacht.

Natürlich wissen sie, dass ihr erster Angreifer im Kader nach seiner langen Absenz noch nicht wieder so gewinnbringend agieren kann wie in den Vorjahren. Andererseits haben sie schon den Eindruck, auch aus Mangel an Alternativen auf ihn setzen zu müssen. "Alfred wird wichtig werden für die nächsten neun Spiele", sagte Baum zuletzt. Beim 0:6 in München. als der FCA bei den Bayern die höchste Niederlage in fast sechs Jahren Bundesliga-Zugehörigkeit hinnehmen musste, saß Finnbogason allerdings 90 Minuten auf der Bank.

Der lange verletzte Angreifer braucht dringend Spielpraxis

Seine Rückkehr in den Pflichtdienst gegen Ingolstadt ließ erahnen, warum. Finnbogason fand keine Bindung und hatte kaum nennenswerte Aktionen, was allerdings auch seinen Kollegen anzulasten war. Baum sah sich danach Fragen ausgesetzt, warum er dem Stürmer nicht schon in München die Möglichkeit zur Wiedereingliederung gegeben hatte. Spielpraxis, das war gegen Ingolstadt deutlich erkennbar, braucht sein Angreifer dringend, um jene "Zielstrebigkeit" wieder entwickeln zu können, die Baum neben mehr Stabilität in der Defensive von seiner Mannschaft einfordert.

Ginge es nach den Hoffnungen der Augsburger, würde Finnbogason nun wohl für die nächste Island-Saga sorgen, nach Vorbild seiner Nationalmannschaft bei der EM 2016 in Frankreich. Damals kam der EM-Neuling bis ins Viertelfinale, unter anderem durch einen 2:1 gegen England im Achtelfinale. In diese Kategorie der Überraschungen würde nun wohl auch beinahe fallen, wenn Finnbogason sich im Saisonfinale tatsächlich zum erhofften Retter der Augsburger aufschwingen sollte.

Seine Abgeklärtheit vor dem Tor haben die Augsburger in den letzten Monaten schmerzlichst vermisst: Der isländische Angreifer Alfred Finnbogason. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

So scheinen es jedenfalls die Kollegen zu sehen. Antworten auf die Fragen zu Finnbogason sind von einer auffallenden Zurückhaltung geprägt. "Wir haben einen guten Kader und brauchen da jeden einzelnen, ob es der Alfred ist oder ein anderer", sagte Kapitän Paul Verhaegh. Und auch Raúl Bobadilla, der während der Absenz von Finnbogason zeitweilig im Ersatzdienst als Neuner aufgeboten worden war, blieb vorsichtig bei der Frage, ob er in der angedachten Doppelspitze mit dem isländischen Nationalspieler ein denkbares Modell sieht. Baum sei dafür der richtige Ansprechpartner, sagte Bobadilla. Nur so viel: "Ich freue mich, dass Alfred wieder fit ist und kann mir sehr gut vorstellen, dass wir beide im Sturm harmonieren." Die Frage ist allerdings, ob rasch genug.

© SZ vom 09.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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