Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Rumpelstilzchen und die jungen Wilden

Silvio Heinevetter schockiert seine Mitspieler, Patrick Wiencek fällt einfach um, Michael Haaß hat noch eine Rechnung offen: Mit dieser Mannschaft will Bundestrainer Martin Heuberger bei der WM in Spanien überraschen. Die neue deutsche Handball-Nationalmannschaft in Kurzporträts.

Von Saskia Aleythe und Carsten Eberts

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Silvio Heinevetter

Handball WM-Qualifikation Deutschland - Bosnien-Herzegowina

Quelle: dpa

Silvio Heinevetter schockiert seine Mitspieler, Patrick Wiencek fällt einfach um, Michael Haaß hat noch eine Rechnung offen: Mit dieser Mannschaft will Bundestrainer Martin Heuberger bei der WM in Spanien überraschen. Die neue deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts.

Von Saskia Aleythe und Carsten Eberts

Silvio Heinevetter (28, Füchse Berlin): Der einzige echte Weltklassespieler im deutschen Team. Eine Mischung aus Diva, Rumpelstilzchen und Luftakrobat. Heinevetters unkonventionelles Abwehrverhalten ist schwer auszurechnen, er schockiert mit irren Verrenkungen regelmäßig seine Gegner. Schockiert mit animalischer Mimik, Gestik und Gebrüll auch regelmäßig seine Mitspieler. Hat selten schwache Tage, ist in diesen Momenten dann aber meist gar nicht zu gebrauchen. Will Deutschland die K.-o.-Phase erreichen, ist die Mannschaft auf einen starken Silvio Heinevetter angewiesen. Geht selbstredend als Nummer eins ins Turnier.

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Dominik Klein

***BESTPIX***Germany v Sweden - International Handball Friendly Match

Quelle: Bongarts/Getty Images

Dominik Klein (29, THW Kiel): Nach dem Achillessehnenriss von Uwe Gensheimer die neue Nummer eins auf Linksaußen. Hat davor wenig Angst, sagte im Interview mit Süddeutsche.de: "Unser Ziel ist, dass die Linksaußen-Position, die vorher weltklasse besetzt war, Weltklasse bleibt." Ist ungemein schnell bei Tempogegenstößen, kann in der Abwehr auch auf der Halbposition verteidigen. Braucht jedoch viele gute Tage, um Gensheimer auch in Sachen Konstanz ersetzen zu können. Gensheimer warf bei großen Turnieren häufig an die zehn Tore pro Spiel (inklusive Siebenmeter). Klein muss sich also ranhalten.

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Sven-Sören Christophersen

Christophersen of Germany shoots to score a goal against Serbia in the last seconds of their Men's European Handball Championship main round match in Belgrade

Quelle: Reuters

Sven-Sören Christophersen (27, Füchse Berlin): Das Sorgenkind im deutschen Rückraum. Wird mit seiner Körpergröße und seinem langen Hebel dringend benötigt, fand in den Testspielen gegen Schweden und Rumänien nach seiner sechswöchigen Verletzungspause (gerissenes Außenband im rechten Knie) nur schwer ins Spiel. Sagt selbst: "Ich bin sicherlich noch nicht bei 90 Prozent, aber es sind ja noch ein paar Tage Zeit." Am Samstag beginnt die WM für das deutsche Team gegen Brasilien. Blitz-Formsteigerung erbeten.

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Michael Haaß

Handball EM - Deutschland - Schweden

Quelle: dpa

Michael Haaß (29, Frisch Auf Göppingen): Spitzname "Hassan". Hat sich in den vergangenen beiden Jahren zum absoluten Führungsspieler entwickelt. Konnte im Schatten von Michael Kraus Erfahrung sammeln, spielt nun sein zweites Turnier als A-Lösung in der Rückraummitte. Übernimmt in brenzligen Situationen gerne Verantwortung, sorgt jedoch selten für Überraschungseffekte. Ist dafür ein sehr starker Abwehrspieler. Hat mit Dominik Klein noch eine Rechnung offen, der ihm beim EM-Aus 2012 einen Gegenspieler auf den Fuß schubste - und das Sprunggelenk brach.

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Adrian Pfahl

Deutschland - Schweden

Quelle: dpa

Adrian Pfahl (30, VfL Gummersbach): Spielt auf Halbrechts, auf jener Position, über die vor der WM am heftigsten diskutiert wurde. Weil Holger Glandorf ermüdungsbedingt absagte, entsponn sich über die Medien eine Diskussion, ob die deutschen Handballer noch gierig genug auf eine Weltmeisterschaft sind. Pfahl ist definitiv gierig: Er wird versuchen, zusammen mit Steffen Weinhold die Glandorf-Lücke zu schließen. Gehört zu den fünf besten Torschützen der Bundesliga, überzeugte im letzten Test gegen Rumänien mit flexiblem Rückraumspiel. Und einfachen Toren.

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Patrick Groetzki

Rhein Neckar Loewen v Frisch auf Goeppingen - DKB HBL

Quelle: Bongarts/Getty Images

Patrick Groetzki (23, Rhein-Neckar Löwen): Gilt bei den Rhein-Neckar Löwen als Publikumsliebling, spielt mit seinem Verein die bislang erfolgreichste Saison überhaupt. Soll möglichst viel Elan aus seinem Klub mit in die WM nehmen, damit die Rechtsaußenposition kein Problemfall wird. Von Zeiten, in denen Florian Kehrmann beständig viele Tore von Rechtsaußen beisteuerte, ist die aktuelle Besetzung ein Stückchen entfernt. Dabei sind Groetzki-Tore ein wahrer Freundenquell, schließlich freut sich keiner so schön wie der 23-Jährige. Dumm jedoch: Auch kaum einer ärgert sich so schön wie Groetzki.

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Oliver Roggisch

Deutschland - Schweden

Quelle: dpa

Oliver Roggisch (34, Rhein-Neckar Löwen): Der Abwehrchef (rechts im BIld). Einer von drei Spielern, die 2007 den bislang letzten WM-Titel nach Deutschland holten. Prägt die Verben "rein- und rausroggen", kommt nämlich nur in der Abwehr zum Einsatz und trottet bei fast jedem Angriff vom Feld. Schüchtert manchen Gegner allein mit seiner physischen Präsenz ein, ist schon deshalb unverzichtbar. Schiebt seinen Körper trotz Alter und Masse noch flink übers Parkett, griffelt aber oft allzu ruppig in die Angreifer. Ist damit der Zeitstrafen-Garant im deutschen Team.

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Christoph Theuerkauf

Deutschland - Schweden

Quelle: dpa

Christoph Theuerkauf (28, HBW Balingen-Weilstetten ): Die zweite Hälfte von Oliver Roggisch. Ist eher abwehrschwach und hat sich damit abgefunden. Wird in der Defensive deshalb von Roggisch ersetzt. Zeigte beim Testspiel gegen Schweden, dass er die Nerven in entscheidenden Situationen behalten kann - und dann auch das Tor trifft. Teilt mit allen deutschen Kreisläufern das gleiche Problem: Steht im Schatten des ehemaligen Weltklasse-Spielers Christian Schwarzer.

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Patrick Wiencek

Deutschland - Schweden

Quelle: dpa

Patrick Wiencek (23, THW Kiel): Der kompletteste Spieler am Kreis. Kann nämlich als Einziger sowohl im Angriff als auch in der Abwehr spielen. Macht beides vor allem mit dem Körper, ist mit 113 Kilo und einer Größe von zwei Metern angemessen durchsetzungsstark. Wo andere Handballer springen, fällt Wiencek einfach um - und reißt die Abwehrspieler einfach mit. Spitzname: "Bam-Bam". Aus seiner Masse ergibt sich auch sein Manko: Ist bei Laufduellen nicht gerade der Schnellste im Team. Hat trotzdem langfristig die besten Chancen, die Christian-Schwarzer-Lücke zu schließen.

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Carsten Lichtlein

Handball Supercup Deutschland - Schweden 22:25

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Carsten Lichtlein (32, TBV Lemgo): Der ewige zweite Mann im deutschen Tor. Spielt seit elf Jahren in der Nationalmannschaft, davon nie als Stammtorhüter. Hat Henning Fritz und Johannes Bitter überlebt, muss sich nun hinter Silvio Heinevetter mit Kurzeinsätzen begnügen. Macht das meist vorzüglich, schwächelte jedoch in den letzten Testspielen. Bekam von Trainer Heuberger den bezeichnenden Satz seiner Karriere zu hören: "Carsten wird ein guter zweiter Torhüter sein."

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Kevin Schmidt

Deutschland - Schweden

Quelle: dpa

Kevin Schmidt (24, HSG Wetzlar): So frisch im Team, dass es auf der Verbands-Homepage erst seit wenigen Tagen ein Foto von ihm gibt. Absolvierte Anfang Januar gegen Schweden sein erstes Spiel für Deutschlands A-Kader, überzeugte mit kühlem Kopf und als sicherer Siebenmeterschütze. Ist den Umgang mit Trainer Heuberger gewohnt, gewann mit ihm 2009 dem WM-Titel bei den Junioren. Profitiert vom Achillessehnenriss von Uwe Gensheimer, dürfte mit Dominik Klein als Konkurrenten auf Linksaußen aber nur geringe Einsatzchancen haben. Ist mit seinem Frischling-Status für die Gegner schwer auszurechnen. Eindeutiger Jokerbonus.

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Stefan Kneer

Deutschland - Schweden

Quelle: dpa

Stefan Kneer (27, SC Magdeburg): Eine der positiven Überraschungen der Vorbereitung. Dass der gebürtige Sinsheimer in der Abwehr auch auf hohem Niveau zu gebrauchen ist, war längst bekannt. Doch Kneer präsentierte sich, in Abwesenheit des angeschlagenen Christophersen, auch im Angriff als wurfgewaltige Alternative. Der Wechsel vom abstiegsbedrohten TV Großwallstadt zum SC Magdeburg hat Kneer sichtlich gutgetan. Er agiert gereift, kann die so wichtigen "einfachen Tore" erzielen. Lücke sehen, Lücke nutzen - Ball drin. 

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Steffen Fäth

Deutschland - Schweden

Quelle: dpa

Steffen Fäth (22, HSG Wetzlar): Dritter Mann auf der "Königsposition" im linken Rückraum. Hat in der Hinrunde beim Bundesliga-Überraschungsteam aus Wetzlar auf sich aufmerksam gemacht, wurde vom Bundestrainer als blutiger Debütant für die WM berufen. Heuberger vertraut Fäth: Der war die prägende Figur, als Deutschland 2009 Junioren-Weltmeister wurde, die EHF kürte ihn gar zum "Rookie des Jahres". Fäth hat noch keine internationale Rafinesse, kann jedoch für Entlastung sorgen, wenn seine Positionskollegen Christophersen und Kneer eine Pause brauchen.

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Martin Strobel

Deutschland - Schweden

Quelle: dpa

Martin Strobel (26, TBV Lemgo): Auf der deutschen Mittelposition herrscht eine ähnliche Rollenverteilung wie im Tor: Es gibt eine eindeutige Nummer eins - und eine Nummer zwei. Strobel bleibt hinter Mittelmann Michael Haaß häufig nur die Aushilfsrolle. Der Lemgoer gehört zwar zu den kreativsten Spielgestaltern der Liga, konnte im DHB-Dress jedoch selten wichtige Akzente setzen. Muss sich steigern: Erzielte in den drei Testspielen gegen Schweden und Rumänien trotz passabler Spielanteile nur fünf Tore. Zu wenig für einen Mittelmann im Nationalteam.

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Steffen Weinhold

Germany v Sweden - International Handball Friendly Match

Quelle: Bongarts/Getty Images

Steffen Weinhold (26, SG Flensburg-Handewitt): Erlebt gerade einen großen Traum - der noch nicht zu Ende sein muss. Wechselte im Sommer vom Abstiegsanwärter Großwallstadt zum Champions-League-Klub Flensburg, wo er von Beginn an eine gute Rolle spielte. Darf nun als Rückraumspieler mit zur WM - nicht nur als Ersatzmann, sondern als wichtiges Puzzleteil der deutschen Mannschaft. Spielt als Linkshänder eigentlich auf Halbrechts, wurde in der Vorbereitung auch auf der Mitte eingesetzt. Dies ist vor allem dann eine wichtige Variante, sollte Strobel schwer ins Turnier finden.

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Deutschland - Montenegro

Quelle: dpa

Tobias Reichmann (24, HSG Wetzlar): Da staunte das Hamburger Testspielpublikum nicht schlecht. Bundestrainer Heuberger schickte in der zweiten Halbzeit gegen Schweden den jungen Tobias Reichmann aufs Feld: gerade 24 Jahre alt, mit neun Länderspielen ziemlich unerfahren. Doch der Rechtsaußen brauchte nicht lange, hüpfte wie ein Reh und zauberte vier blitzsaubere Tore ins schwedische Netz. Überzeugte gegen die Rumänen gleich noch mal. Damit steht Reichmann stellvertretend für die große Chance bei der WM: Einige der jungen Spieler könnten zu echten Überraschungen werden. Und das deutsche Team mit nach oben reißen.

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Deutsche Nationalmannschaft in Kurzporträts:Martin Heuberger

Handball Nationalmannschaft

Quelle: dpa

Martin Heuberger (48, Bundestrainer): Geht in seine erste WM als alleinverantwortlicher Bundestrainer. Und hat zumindest eines geschafft: Die Erwartungen sind nicht allzu hoch. Schaffte die Qualifikation erst in letzter Sekunde gegen das zweitklassige Team aus Bosnien-Herzegowina, rief im Anschluss lieber das Überstehen der Vorrunde als Ziel aus, anstatt bereits über die K.-o.-Runde zu plaudern. Hat damit den Druck von seiner Mannschaft genommen - wie es ein umsichtiger Bundestrainer in einer solchen Situation nun einmal tut. Findet: "Die Mannschaft hat einen starken Charakter." Plant insgeheim natürlich trotzdem mit dem Achtelfinale.

© Süddeutsche.de/ebc/ska/jbe
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