Handball-WM in Schweden:Unter Streichkandidaten

Noch ein Spiel, dann muss Bundestrainer Brand seinen WM-Kader benennen. Sorgen macht sich diesmal ausgerechnet sein alter Vertrauensmann Torsten Jansen - und versendet eine Drohung.

Carsten Eberts

Torsten Jansen stand am Freitagabend bei der 23:27-Niederlage auf Island nicht im Kader. So war es abgesprochen - eine Woche vor Beginn der Handball-WM in Schweden wollte Bundestrainer Heiner Brand mit Uwe Gensheimer und Dominik Klein lieber zwei anderen Kandidaten testen. Nun ließe sich natürlich schlussfolgern, dass Jansen seinen Platz im Nationalteam sicher hat, Brand lediglich noch entscheiden muss, ob Gensheimer oder Klein als zweiter Linksaußen zur WM mitfahren.

Germany v Sweden - International Friendly Handball Match

"Ich gehe davon aus, dass ich bei der WM nicht dabei sein werde": Torsten Jansen sorgt sich.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Doch Jansen selbst ist es, der sich Sorgen macht. "Ich war mit dem Bundestrainer in den vergangenen Monaten im ständigen Dialog, und ich hatte ihn immer so verstanden, dass er auf mich zählt und ich bei ihm weiter eine feste Größe bin", sagte Jansen dem Hamburger Abendblatt. Er fügte jedoch an: "Heiner Brand hat sich mir gegenüber nicht völlig eindeutig geäußert, aber ich gehe davon aus, dass ich bei der WM nicht dabei sein werde."

Die Testspiele vor dem großen Turnier sind für Heiner Brand seit jeher ein Ausscheidungsrennen, er muss sein Aufgebot von 19 auf 16 Spieler reduzieren. "In die endgültige Entscheidung, wer bei der WM in Schweden im Kader steht, werde ich die Erfahrungen aus diesen beiden Länderspielen mit einfließen lassen", sagte Brand in dieser Woche. Zwei Länderspiele, bei denen Jansen nicht mehr zum Einsatz kommt.

Wird er nicht nominiert, hat der Hamburger sogar seinen Rücktritt nicht ausgeschlossen. Das ist zumindest eine sanfte Drohung. Sein Präsident beim HSV Hamburg, Andreas Rudolph, eiferte gar: "Das ist ein unmöglicher Umgang. So geht man nicht mit verdienten Spielern um."

Die Nicht-Nominierung Jansens wäre eine Überraschung. Die Nationalmannschaft ist dieser Tage kein Wunder an Selbstbewusstsein und Konstanz, eher ein Team, das nach Orientierung sucht. Jansen hat 178 Länderspiele absolviert und ist eloquentes Sprachrohr der Mannschaft nach außen. Zwischen Brand und ihm hatte sich über die Jahre ein Vertrauensverhältnis aufgebaut.

Gut möglich deshalb, dass Brand eine andere Lösungsmöglichkeit präferiert: Er setzt auf den erfahrenen wie abwehrstarken Jansen, der dazu ein nervenstarker Siebenmeterschütze ist, sollte Michael Kraus an seinen Nerven scheitern. Dazu auf Gensheimer von den Rhein-Neckar Löwen, der offensiv auch mal ein Spiel alleine gewinnen kann. Das spräche wie schon vor der EM 2010 in Österreich gegen den Kieler Dominik Klein. Der spielte vor allem gegen Schweden passabel, eine überragende Partie ist ihm jedoch lange nicht mehr geglückt.

Pro Glandorf

Das Testspiel gegen Island am Freitagabend war in dieser Frage wenig aufschlussreich. Weder Klein noch Gensheimer konnten den Bundestrainer von ihrer Unverzichtbarkeit überzeugen - Gensheimer warf zwei Tore, Klein keins. Brand zeigte sich mit dem Spiel gegen den Olympia-Zweiten von 2008 nicht unzufrieden: "Das Ergebnis ist zu hoch ausgefallen. Wir waren keine vier Tore schlechter." Mit vier Toren war wieder einmal Michael Kraus bester Werfer im Team.

Pressetermin der Deutschen Handball-Nationalmannschaft

Schwierige Tage: Bundestrainer Heiner Brand.

(Foto: dapd)

Eine Niederlage im vorletzten Härtetest vor der WM ist demnach verschmerzlich, zumal sich schon am Samstagabend (18 Uhr) gegen den gleichen Gegner die Chance zur Revanche bietet. Im Gegenzug darf jedoch auch der überraschend lockere 28:23-Sieg vor einer Woche gegen WM-Gastgeber Schweden nicht überbewertet werden. Die Schweden sind nicht mehr so stark wie vor zehn Jahren. Die Skandinavier werden bei ihrer Heim-WM chancenlos sein, auch wenn es die Gruppenauslosung gut mit ihnen meinte: Einzig Polen ist in der Gruppe D ein namhafter Gegner.

Ungleich schwerer ist die deutsche Gruppe: Mit Frankreich und Spanien trifft die deutsche Mannschaft auf zwei Turnierfavoriten; will Deutschland auch als Gruppendritter in der Zwischenrunde eine Chance haben, muss zumindest gegen einen der beiden Schwergewichte gewonnen werden. Die Siege gegen Ägypten, Tunesien und Bahrein sind ohnehin eingeplant.

In einer weiteren Personalie hat sich Brand klarer ausgedrückt. Es geht um den rechten Rückraum, die zweite Problemposition im deutschen Spiel. So sprach er Holger Glandorf, der nach einer Knie-OP gerade erst wieder fit wird, vorab das Vertrauen aus. Ausschlaggebend werden die Partien gegen Island. "Wenn Holger Glandorf fit wird, werden wir neben einem Linksaußen auch einen rechten Rückraumspieler streichen", sagt Brand.

Am Freitagabend gegen Island zeigte sich Glandorf durchaus fit: Er agierte ohne Probleme, warf drei Tore, dürfte damit für den WM-Rückraum gesetzt sein. Das wäre das Aus für Steffen Weinhold, den jungen Rückraumspieler vom TV Großwallstadt, Bayerns einzigem Bundesligisten. Die Reise nach Island trat Weinhold schon gar nicht mehr an. Auch auf halblinks steht noch eine Entscheidung an: Pascal Hens ist als Kapitän gesetzt, das Rennen um die Nummer zwei liefern sich der Göppinger Lars Kaufmann und der Berliner Sven-Sören Christophersen.

Letzte Entscheidungshilfen für Brand bringt das zweite Spiel am Samstagabend. Wenn er sich in dieser und anderen Fragen nicht längst festgelegt hat.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: