Handball:Vranjes will noch lange bleiben

Nach Flensburgs rauschendem 30:25-Sieg über Serienmeister Kiel bekennt sich der Trainer zum Klub.

Von Jörg Marwedel, Flensburg

Thorsten Storm, der alte Flensburger, war ein wenig bissig. Nicht, dass er den verdienten 30:25-Sieg der SG Flensburg-Handewitt über den THW Kiel, wo er jetzt Geschäftsführer ist, nicht anerkennen konnte. Die Sache war zu eindeutig. Aber als er die Quintessenz zog nach dem 84. Handball-Nordderby, sagte Storm: "Der große Favorit auf die Meisterschaft hat zu Hause gewonnen." Um dann allerdings stichelnd hinzuzufügen, das sei ja die Meinung "wichtiger Experten", den Rekordmeister nicht mehr als ersten Titel-Anwärter zu führen. Nimmt man allein diese Partie, könnten diese Fachleute recht haben. Ja, es war ein "deutliches Statement", wie der frühere Kieler und jetzige Flensburger Spielmacher Rasmus Lauge feststellte. Die Mannschaft habe "gezeigt, was sie will", sagte SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke. Sie will endlich den zweiten Meistertitel nach 2004 einfahren.

Flensburg als Titelkandidat? "Ruhig bleiben", mahnt Glandorf

Doch ob Flensburgs Nationalspieler Holger Glandorf bei den frenetischen Fans seines Klubs Gehör finden wird, ist fraglich. "Ganz ruhig bleiben", mahnte Glandorf. Es habe zwar "Riesenspaß" gemacht, das Duell zusammen mit den furiosen Anhängern zu gewinnen, aber es sei doch erst der dritte Spieltag gewesen. Ein Spieltag immerhin, an dem das Team von der dänischen Grenze mit einem Tor Vorsprung vor den Rhein-Neckar Löwen (24:23 in Magdeburg) die Tabellenführung übernahm.

Zumindest wurde deutlich, dass SG-Coach Ljubomir Vranjes mit Kiels siebenmaligem Meistertrainer Alfred Gislason locker mithalten kann. "Ljubomir hat sich in seinem Kämmerlein mal wieder viele Gedanken gemacht", sagte Glandorf. Vranjes wusste, dass das "richtige Timing" entscheidend sein würde - weshalb er auf die noch nicht komplett eingespielten Zugänge Kentin Mahé und Petar Djordjic verzichtete. Er hat das Spiel gegen eine 6:0- Deckung trainieren lassen und nach frühem 1:3-Rückstand aggressiver decken lassen. Und er hat gewusst, dass neben seinem überragenden Torwart Mattias Andersson die Außen Anders Eggert und Lasse Svan der Schlüssel zum Sieg waren. Sie wurden vom Rückraum immer wieder perfekt eingesetzt und trafen jeweils neun Mal (Eggert mit zwei Siebenmetern).

Andersson wehrte gleich 17 Bälle ab, während die THW-Keeper Niklas Landin und Nikolas Katsigiannis nur acht Bälle parierten. "Wir haben das Torhüter-Duell klar verloren", sagte Storm. Zudem leisteten sich Flensburgs Flügelspieler zusammen nur einen einzigen Fehlwurf, da traf Eggert nur den Pfosten. Beide profitierten davon, dass die THW-Verteidiger oft zu weit in die Mitte rückten, weshalb sie außen Platz hatten. Auch auf die siebenmalige Unterzahl - Henrik Toft Hansen sah nach der dritten Zwei-Minuten-Strafe Rot - wusste Vranjes eine Antwort. Er verzichtete dann auf den Torwart und glich den Nachteil ein Stück weit aus. Selbst in diesen Situationen strahlten die SG-Profis viel Sicherheit aus.

Palmarsson und Jicha sind weg, das merkt man dem THW an

Der THW hat schon öfter beim Nachbarn verloren, zum letzten Mal im Dezember 2014 mit 22:26, was bis Sonntag die letzte Bundesliga-Niederlage war. Aber es war deutlich, dass der Fortgang der Weltklassespieler Aron Palmarsson und Filip Jicha das Team geschwächt hat. Auch, wenn der neue Kapitän René Toft Hansen anmerkte, dass beide vergangene Saison lange verletzt waren und man dennoch fast alles gewann. Vranjes wunderte sich schon darüber, dass die Kieler nach dem Aderlass so zurückhaltend auf dem Transfermarkt waren: "Ich kenne den THW anders, er hat normalerweise immer ganz andere Kaliber verpflichtet", sagte er den Kieler Nachrichten.

Über seine Zukunft hat der 2014 vom reichen Klub Paris Saint-Germain umworbene Schwede, der auch ein Kandidat für den Bundestrainer-Job war, am Sonntag etwas für die Flensburger Schönes gesagt: Im SG-Team sei das Verhältnis von Jung und Alt ideal. Zudem sei er mit 41 Jahren noch ein junger Trainer. Deshalb wolle er "noch lange hier bleiben".

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