Handball-Pokalsieger THW Kiel:Gierige Maschine mit jungem Anführer

DHB-Pokal - SG Flensburg-Handewitt - THW Kiel

Junger Anführer im Endspiel: Kiels Aron Palmarsson (rechts) wird von Flensburgs Jacob Heinl bearbeitet.

(Foto: dpa)

Der Seriensieger macht schon wieder ernst: Zum dritten Mal nacheinander gewinnt der THW Kiel den deutschen Handball-Pokal und wähnt sich gut gerüstet für den großen Umbruch im Sommer. Das Sonderlob gilt einem jungen Isländer.

Von Carsten Eberts, Hamburg

Wer so viele Titel gewonnen hat wie der THW Kiel, muss des ständigen Jubilierens doch überdrüssig werden. Immer diese Siegerehrungen, nerviges Konfetti, hier eine goldene Medaille, dort ein Pokal, der selbstverständlich jubilierend in die Luft gereckt werden möchte. Nicht weniger als 23 nationale und internationale Schalen und andere Trophäen hat Kiel seit 2005 gewonnen, bis zu fünf in einer Saison. Da kann das verantwortliche Personal eine gewisse Gleichgültigkeit entwickeln.

Von Gleichgültigkeit war am Sonntagnachmittag beim Final-Four-Turnier in der Hamburger Arena nichts zu spüren. Da jagte Torwart Thierry Omeyer nach getaner Arbeit Aron Palmarsson über das Feld. In der Kabine tanzte Daniel Narcisse mit dem Pokal in beiden Händen, Filip Jicha duschte den Franzosen fürsorglich mit einem kalten, hellgelben alkoholischen Kaltgetränk. Zuvor hatten die Kieler minutenlang mit ihren Fans gefeiert. Die Seriensieger freuten sich ehrlich über das 33:30 (12:16) im Finale gegen die SG Flensburg-Handewitt. Auch wenn es der dritte Pokalsieg in Serie war.

Es dauerte lange, bis die Maschine des THW in diesem Finale zum Laufen kam. In der ersten Halbzeit überrannte Flensburg den Rekordmeister, agierte mit verblüffender Effizienz, angeführt vom emsigen Mittelmann Thomas Mogensen. Zur Halbzeit führte die SG mit vier Toren. Wie so oft zeigte Kiel jedoch, dass der Klub auch deutliche Rückstände zu drehen vermag. Und dass zehn schwache Minuten des Gegners genügen, um ein ganzes Spiel aus den Angeln zu heben.

"Wir haben sehr viele Endspiele hinter uns, bei uns wird keiner nervös", erklärte Kiels Trainer Alfred Gislason kühl die Situation. Auch Nationalspieler Dominik Klein sagte: "Wir haben das ein oder andere Sieger-Gen. Finals werden nicht gespielt. Sie werden gewonnen."

Diesen Glauben in die eigene Stärke demonstrierte der THW Kiel gegen Flensburg mit Macht. Binnen vier Minuten hatte Kiel den Rückstand aus der ersten Halbzeit aufgeholt, dem THW glückte gar ein Lauf mit 9:1 Toren. Flensburgs Trainer Lubomir Vranjes stand fassungslos an der Seitenlinie, schon das Halbfinale gegen Hamburg inklusive Verlängerung war kräftezehrend gewesen.

"Wir tun wirklich alles, um sie zu ärgern", erklärte Vranjes entschuldigend: "Vielleicht schaffen wir es nächstes Jahr, zwei gleichwertige Halbzeiten zu spielen." Seine Mannschaft war einfach platt.

Glückliche Altgediente

Einige Kieler feierten den Sieg besonders ausgiebig. Kapitän Marcus Ahlm etwa, auch Daniel Narcisse oder Torwart Thierry Omeyer. Sie alle werden den Klub nach Saisonende verlassen, es ist ihre letzte Spielzeit, die sie möglichst mit drei Trophäen beenden wollen. Den ersten der drei möglichen großen Titel haben sie jetzt, Meisterschaft und Champions League sollen folgen. Der Pokalsieg in Hamburg sei "ein großes Gefühl", sagte Omeyer gerührt, "eine Mischung aus großer Freude und tiefer Traurigkeit, weil es mein letzter Pokaltitel in Hamburg war". Omeyer ist mittlerweile 36 Jahre alt. Er wechselt im Sommer zurück nach Montpellier.

In Kiel bedeutet der Weggang dieser drei stilbildenden Profis eine Zeitenwende. Ihre Nachfolger stehen weitgehend fest, da hat sich der Klub frühzeitig Gedanken gemacht. Es sind auffallend junge Kerle: Aus Aalborg kommt der schwedische Keeper Johan Sjöstrand (26 Jahre), dazu der tunesische Rückraumspieler Wael Jallouz und das dänische Spielmachertalent Rasmus Lauge Schmidt (beide 21). Der THW wird jünger werden. Der Klub geht damit ein Risiko ein.

Ermutigend war für Gislason, dass bereits im Pokalfinale gegen Flensburg einer seiner jungen Akteure besonders überzeugte: Palmarsson, der junge Spielmacher. Der 22-Jährige riss das Spiel in der zweiten Halbzeit plötzlich an sich, dirigierte seine erfahrenen Nebenmänner, stellte die Flensburger immer wieder vor unlösbare Aufgaben. Fünf Tore warf der Isländer selbst. "Palmarsson hat ein überragendes Spiel gemacht", urteilte Gislason.

Auch den jungen Kreisläufer Patrick Wiencek, der im Finale nicht zum Einsatz kam, wollte er bei seinem Lob nicht ausnehmen. "Die Jungen kommen gut rein", sagte Gislason, dem eher nachgesagt wird, er arbeite lieber mit erfahrenen Kräften zusammen: "Das macht mir sehr viel Mut für die kommende Saison."

Gislason sagte allerdings auch: "Es wird in Zukunft schwieriger werden, solche Finals zu erreichen. Der erste Titel ist deshalb eine große Erleichterung für uns."

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