Handball:Obenrum zu schnell

Handball: SZ-Grafik; Quelle: VBG Sportreport 2016

SZ-Grafik; Quelle: VBG Sportreport 2016

Die häufigsten Verletzungen erleiden Handballer an den Füßen und Beinen. Das resultiert aus plötzlichen Richtungswechseln.

Von Joachim Mölter

Die deutschen Handballer haben Anfang des Jahres Bemerkenswertes geleistet. Nicht nur, dass sie bei der EM in Polen den Titel gewonnen haben: Sie haben auch ein ungewöhnliches Phänomen bewältigt. Vor dem Turnier wären dem Bundestrainer Dagur Sigurdsson wegen allerlei Blessuren beinahe die Flügelspieler ausgegangen, die Links- und Rechtsaußen - dabei sind ausgerechnet das die Akteure, die laut der VBG-Studie wegen ihrer exponierten Stellung am Spielfeldrand am wenigsten verletzungsanfällig sind. Abgesehen von den Torhütern natürlich, die in ihrem abgegrenzten Sechs-Meter-Raum vor Zweikämpfen und Körperkontakt mit Gegenspielern komplett geschützt sind. "Fast zwei Drittel aller Verletzungen ereignen sich in unmittelbarer Torraumnähe", heißt es in dem Bericht. Das heißt: Die ständig in Positionskämpfe verwickelten Kreisläufer und die andauernd in die Abwehrreihe vorstoßenden Rückraumspieler leben am gefährlichsten.

Noch etwas Bemerkenswertes hat die Untersuchung hervorgebracht: Die häufigsten Verletzungen erleiden die Handballer an den Füßen und Beinen. Genauer: an den Sprunggelenken und Knien. Das resultiert einerseits, wie bei den Kollegen vom Basketball, aus Landungen nach Sprüngen. Andererseits aber auch aus plötzlichen Stopps und Richtungswechseln - wenn die Gedanken im Kopf und der Oberkörper mitunter schneller sind als die unteren Extremitäten und diese nicht mehr mitkommen. Auffällig ist dabei der Umstand, dass Verletzungen des Sprunggelenks überproportional oft im Training vorkommen. Eine Erklärung dafür: Die Gelenke werden nicht so präventiv getapt und bandagiert wie im Wettkampf, gleichzeitig werden aber die Spielsituationen häufiger simuliert.

Verletzungen des Oberkörpers, vornehmlich der Hand und der Schulter, folgen in der Häufigkeits-Statistik der Handballer erstaunlicherweise sogar erst nach dem Oberschenkel. Aber gerade die Schulterblessuren weisen Besonderheiten auf: Sie sind in der Regel sehr langwierig und sorgen für viele Ausfalltage. Und sie sind für gewöhnlich auch Folge eines Fouls, wenn ein Verteidiger den Angreifer am Arm festhält oder zieht.

Generell erleiden die Handballer ihre Verletzungen eher im Angriff als in der Abwehr. Auffallend ist auch noch die Häufung der Blessuren in den jeweils letzten zehn Minuten einer Halbzeit. Auch dafür haben die Forscher von der Unfallversicherung eine einfache Erklärung: intensiveres Zweikampfverhalten gepaart mit Ermüdung.

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